Alles Fälschungen: Manfred Lissok Foto:  

Beamte im Hafenzollamt kontrollieren Millionen von Ex- und Import-Sendungen. Am aufwendigsten sind Pakete für Bürger. Dabei entdecken die Zöllner Markenplagiate, Artikel aus geschützten Arten und Waffen.

Hedelfingen - Ein Zollamt im Hafen? Viele Besucher des Hafenfests waren erstaunt, dass Zollbeamte auch mitten in Stuttgart ihren Aufgaben nachgehen. 13 Mitarbeiter haben im modernisierten Otto-Konz-Haus an der B-10-Zufahrt Am Westkai alle Hände voll zu tun. Eingeführte Waren im Wert von rund 150 Millionen Euro müssen kontrolliert und nochmals die drei bis vierfache Menge – 1,2 Millionen Positionen – werden über das Hafenzollamt in alle Welt exportiert: Firmen der Automobilbranche, des Maschinenbaus und der Elektrotechnik machen den Löwenanteil aus. „Zu unseren Kunden gehört aber auch der Wangener Großmarkt und der SWR hat seine Ausrüstung, die er für die Übertragung der Fußball-WM benötigte, von hier nach Russland transportiert“, sagt Zollamtsleiter Manfred Lissok. Viele Verfahren seien zwar automatisiert und elektronisiert, es bleibe aber gerade in Zeiten sich schnell ändernder Strafzöllen spannend. So erhebe die EU seit Kurzem höhere Zolltarife auf Jeans oder Motorräder aus USA.

„Die Einfuhr von Gütern für Industriebetriebe in der Region beziehungsweise der Export industrieller Waren machen rund 97 Prozent des Umschlagswerts aus, Postpakete für Privatpersonen beschäftigen uns aber unverhältnismäßig stark“, sagt Jürgen Jaiser, der stellvertretende Leiter des Zollamts. Rund 10 000 Päckchen aus dem Ausland müssen jährlich unter die Lupe genommen werden. Immer mehr Verbraucher bestellen ihre Waren per Internet. Die Ware kommt aus Übersee. Einfuhrsteuer wird fällig und je nach Wert der Ware müssen Zollgebühren bezahlt werden. „Viele Konsumenten fallen aus allen Wolken“, so Manfred Lissok. Das vermeintliche Schnäppchen erweist sich plötzlich als teurer Einkauf.

Plagiate werden vernichtet

Es kann noch schlimmer kommen. Wenn der Inhalt des Päckchens unklar ist, müssen die Empfänger es im Hafenzollamt im Beisein eines Beamten öffnen. Es könnte sein, dass sie danach ohne Ware von dannen ziehen. Statt des vermeintlichen supergünstigen Markenartikels haben sie Geld für ein Plagiat überwiesen. Lissok öffnet einen rund 25 Quadratmeter großen Raum voll konfizierter Ware. „Alles echt unecht“, sagt er lachend. Turnschuhe, T-Shirts, Uhren, Taschen, Schmuck, Gitarren namhafter Instrumentenbauer, Handys, Markenfahrräder, Erstatzteile deutscher Automarken – es gibt scheinbar nichts, das nicht gefälscht wird. Und Lissoks Kollegen haben einen Blick und eine Nase für Plagiate. „Sie werden alle vernichtet“, sagt Jaiser.

Gebührenbescheid droht

Doch auch unerlaubte Arzneimittel, Vitaminpräparate, Esssteine, vermeintliche Wundermittel gegen Krebs oder Elektroartikel aus Übersee, denen die deutsche Betriebsanleitung oder das CE-Kennzeichen fehlen, wandern in den Container für die Müllverbrennungsanlage. Auch Waffen, Drogen, Gürtel oder Geldbeutel aus Materialien geschützter Arten beispielsweise aus Krokodil- oder Schlangenleder werden aus dem Verkehr gezogen. Die Käufer von Plagiaten können übrigens eine weitere böse Überraschung erleben. „Manche Markenartikel-Hersteller schicken dem Besteller einen Gebührenbescheid eines Rechtsanwalts ins Haus“, sagt Lissok.

Informationen zum Thema Zoll und Post hat das Bundesfinanzministerium unter „www.zoll.de“ ins Internet gestellt. „Unter den Links Privatpersonen, Post/ Internet und dann Sendungen aus Nicht-EU-Staaten gibt es die Bestimmungen und Tipps“, weist Thomas Seemann, der Pressesprecher des Zollamts Stuttgart, auf eine informative Zoll-App hin. Auch beim Zollamt am Stuttgarter Hafen liegen Informationsblätter aus.