Die Händler drohen BMW mit einem Verkaufsstopp. Foto: dpa

Von Montag an droht bei den meisten deutschen BMW-Autohäusern ein Verkaufsstopp für Neuwagen und Ersatzteile. Hintergrund ist ein Streit zwischen dem Hersteller und seinen Vertragspartnern über die Bedingungen der Vertragsverlängerung.

München - BMW ist ein Konzern, bei dem Probleme gewöhnlich im Einvernehmen gelöst werden. Nun aber brennt bei den Münchnern ausgerechnet am Heimatmarkt die Hütte. Ein Großteil der BMW-Vertragshändler probt den Aufstand, kündigt ihr Verbandspräsident Peter Reisacher, selbst BMW-Händler in Memmingen, an. Vom kommenden Montag an droht bei den meisten deutschen BMW-Autohäusern deshalb ein Verkaufsstopp für Neuwagen und Ersatzteile.

Hintergrund des Konflikts ist ein Vertrag, den BMW-Vertriebschef Pieter Nota den Händlern auf den Tisch gelegt hat und den diese als so nachteilig empfinden, dass es nun zur Machtprobe kommt. „Die uns vorgelegten Verträge über ein Geschäftsmodell 2018+ werden wir so nicht unterschreiben“, stellt Reisacher klar.

Am Mittwoch haben die Händler BMW ein entsprechendes Ablehnungsschreiben geschickt. Sie bieten darin an, die bestehenden Verträge bis Ende 2019 weiterlaufen zu lassen und in dem guten Jahr bis dahin neue Verträge auszuhandeln. Bisher sei nicht verhandelt, sondern nur ultimativ verlangt worden, beklagt der Händlerverbund. BMW habe die eigenen Händler mit einem fertigen Konzept nach dem Motto „friss oder stirb“ konfrontiert und das mit einem jüngsten Ultimatum nochmals unterstrichen. Am vorgelegten Konzept werde keine Zeile geändert, habe es darin geheißen.

BMW will sich veränderten Kundenerwartungen anpassen

BMW kommentiert keine Details. Man habe den Vertragshändlern in der Tat neue Verträge mit fünfjähriger Laufzeit vorgelegt, die beiderseitige Interessen berücksichtigen würden. „Wir müssen uns den veränderten Erwartungen unserer Kunden anpassen“, erklärt der Hersteller. Außerhalb Deutschlands hätten Vertriebspartner die neuen Verträge bereits weitestgehend unterzeichnet. Auch in Deutschland sei eine Bereitschaft der Händler zur Erneuerung von Rollen und Prozessen unabdingbar.

BMW riskiert einiges. Deutschland ist der drittwichtigste Absatzmarkt weltweit. Von den rund 600 heimischen BMW-Autohäusern sind aber nur 44 unter direkter Kontrolle des Konzerns. Der große Rest wird von rund 140 Handelspartnern betrieben, die jeweils mehrere Häuser führen. Auf die Handelshäuser entfällt nach deren Angaben ein Volumen im Neuwagenverkauf von sechs Milliarden Euro. Dazu komme noch der Ersatzteilverkauf.

Etwa 90 Prozent aller nicht BMW-eigenen Händler hätten sich nun geschlossen den vom Konzern vorgelegten Verträgen verweigert, erklärt der Verband Deutscher BMW-Vertragshändler und dessen Sprecher Karl-Heinz Steinkühler in Düsseldorf. Er geht ins Detail. BMW beanspruche alle Formen des modernen Direktverkaufs per Internet oder neue Vertriebsformen wie Verkauf über Amazon künftig für sich. Mit Großkunden wolle BMW nur noch selbst über die Köpfe der Händler hinweg verhandeln. Der Konzern beanspruche zudem alle bei Händlern und ihren Werkstätten auflaufenden Kundendaten für sich, um sie in seine Mobilitätsdienste einspeisen zu können. Dazu würden von den Handelspartnern binnen kurzer Frist insgesamt 300 bis 500 Millionen Euro an Investitionen in die Autohäuser verlangt, um diese nach BMW-Vorstellungen aufzurüsten.

Händler fürchten um ihre ohnehin geringe Marge

Würden sich die Händler auf all das einlassen, hätte das ein Absinken der ohnehin im Branchenvergleich mageren Umsatzrendite von etwa einem Prozent unter diese Marke zur Folge, sagt Steinkühler. Das sei deutlich weniger als etwa bei VW- und Audi-Händlern. Mit denen habe Wolfsburg zuletzt neun Monate hinweg partnerschaftlich debattiert, um zukunftsgerechte Verträge auszuhandeln. BMW dagegen diktiere nur und verhandle bislang nicht.

Gemessen an der traditionell heilen BMW-Welt ist das starker Tobak, wie schon der Schritt an die Öffentlichkeit als solcher. Bisher sind solche Dispute intern geblieben. BMW steht allerdings unter Ertragsdruck. Erst am Dienstag musste der Konzern eine Gewinnwarnung veröffentlichen, der die Aktie stark unter Druck gesetzt hat. Der Streit mit den Händler beschleunigt die Talfahrt an der Börse. Sollte BMW sich nicht bewegen, könnte es wirklich zum Äußersten kommen. „Dann wird am Montag der Stecker gezogen“, stellt der Händlerverbandssprecher Steinkühler klar.