Jedes der sieben Kamele im Zirkus hat der Dompteur und Tierpfleger Albani Albert Frank aufwachsen sehen. Foto: Keck

Schlechter könnte es für den Zirkus Rudolf Busch kaum laufen. Erst ist eine Kamelstute in der Vorstellung zusammengebrochen und später gestorben. Mit einer Online-Petition sollte das Gastspiel in Schramberg verhindert werden.

Schramberg - Der Stress ist Albani Albert Frank anzuhören. „Du bist mit den Nerven nicht mehr bei den Nummern, einer der Luftakrobaten hat sich schon eine Rippe geprellt“, sagt der Dompteur und atmet tief. Der 38-Jährige lehnt sich mit dem Rücken an das Kamelgehege im gerade aufgebauten Stallzelt. Die Stute Tamara knabbert ihm fast den Pony an. „Wir wollen ja alles gut machen, aber ein Unglück kann im besten Zirkus vorkommen“, sagt Frank und tätschelt Tamara den Hals. Dabei könnte er selbst Aufmunterung brauchen.

Die bunte Welt des Zirkus’ Rudolf Busch ist alles andere als in Ordnung. Seit vor einigen Tagen bei der Premiere in Balingen ein Kamel wegen einer Kolik zusammenbrach und später starb, ist in dem Familienbetrieb nichts mehr wie zuvor. „Elende Tierquäler, hoffentlich fackelt jemand eure Zelte ab“, wird auf der Rudolf-Busch-Facebookseite gehetzt. Demonstranten mit Trillerpfeifen marschierten in Balingen vor den Zelten auf und forderten einen „Zirkus ohne Tiere“. Abgeschreckt von den negativen Schlagzeilen blieben die Besucher und damit die Einnahmen weg. Schlechter könnte es für die knapp fünfzigköpfige Truppe, die durch Deutschland tingelt und bis Sonntag in Schramberg im Schwarzwald gastiert, kaum laufen.

Einiges haben sich die Zirkusleute selbst zuzuschreiben, denn in Balingen eckten sie ordentlich an. Es laufen mehrere Bußgeldverfahren gegen sie. „Sie haben sich nicht wie vorgeschrieben beim Veterinäramt im Landkreis angemeldet“, erklärt die Pressesprecherin des Landratsamts Zollernalbkreis. Es seien Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt worden. Auch mit der Stadt legte sich der Zirkus an. Er stellte ohne ausreichende Genehmigung seine Zelte und Wagen auf einem ungeeigneten Gelände in der Nähe einer viel befahrenen Bundesstraße auf. „Wir haben sie geduldet“, sagt der Balinger Rathaussprecher Jürgen Luppold, „aber die waren ganz schön schwierig.“ Die Truppe habe die Wiese unter anderem in einem katastrophalen Zustand hinterlassen. „Da kommt kein Zirkus mehr hin.“

Wiese in katastrophalem Zustand hinterlassen

Die gelb-roten Plakate „von Europas bekanntestem Zirkus“ sind jetzt in Schramberg-Sülgen überall zu sehen. Ein Löwe und ein Tiger werben darauf für den Manegenspaß, aber Raubtiere gibt es beim Zirkus Rudolf Busch schon lange nicht mehr. „Die Tierschützerlobby ist zu stark geworden, wir wollen keine Schwierigkeiten“, sagt Albani Albert Frank, der im Zirkus groß geworden ist und die Kameldressur bei seinem Vater gelernt hat. Von seinen 13 Geschwistern sind fast alle Schausteller, „nur zwei Schwestern haben privat geheiratet“, erzählt der Dompteur.

Während draußen vor dem Stallzelt Schneeflocken tanzen und Laster Bauteile herankarren, lässt Frank Heu in die Boxen streuen und von Stallhelfern Wasserbottiche verteilt. Bei den Zwergponys sind zwei Rivalen aneinandergeraten, daneben steht etwas verloren ein junger Bisonbulle in seinem Geviert. „Die Gesundheit der Tiere ist unser Kapital“, sagt der Dompteur, „bei uns ist keines angebunden, die dürfen in Außengehege und auf Koppeln.“

Suleika stirbt an einer Kolik

Was die Zuschauer bei der Premiere in Balingen erlebten, geht Frank noch immer nach. „Eine Kolik mit tödlichem Ausgang hatten wir noch nie“, sagt er und beteuert, dass keine Fehler gemacht worden seien an jenem Nachmittag, als die weiße Kamelstute auf Kommandos nicht mehr reagierte und in der Manege liegen blieb. „Wir dachten, Suleika habe einen Schwächeanfall, und riefen den Tierarzt, er war keine zehn Minuten später da.“

Was dann folgte, ist wenig manegetauglich. Dem Publikum wurde eine Pause verkündet und dem gut 500 Kilo schweren Kamel eine Plane untergeschoben. Ein Bagger zog das Tier durch den Artisteneingang ins Freie, wo es an den Tropf gehängt wurde und Schmerzmittel bekam. „Eine schwere Kolik ist heimtückisch“, sagt Frank, der hoffte, dass die Stute überleben würde. „Sie fraß schon wieder und konnte herumlaufen“. Doch leider habe sie es nicht geschafft.

Richtig willkommen ist der Zirkus Rudolf Busch in Schramberg nicht. Eine Online-Petition gegen das Gastspiel verzeichnet gut 1000 Unterschriften. Sie richtet sich an den Schramberger Oberbürgermeister Thomas Herzog. „Bisher haben wir keine rechtliche Handhabe, um uns von dem Nutzungsvertrag zu lösen“, stellt dieser klar und betont, dass sich das Rottweiler Veterinäramt ein Bild machen werde.

Tierschüter fordern ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen

Skeptisch ist auch Claudio Di Simio, der Vorsitzende des Tierschutzvereins Schramberg und Umgebung. Er hat zwar nichts gegen Albani Albert Frank und seine Truppe, aber Kunststücke mit Wildtieren hält er für eine Zumutung. „Ein Bär gehört nicht in einen Käfig oder eine Manege“, schimpft er und hält es für nicht artgerecht, dass Kamele oder Affen von einem Ort zum anderen gefahren werden. „Selbst wenn sich der Zirkus anstrengt, er kann es nicht gut genug machen“, sagt Di Simio.

Im vergangenen Jahr sei einem Zirkus in Schramberg ein Känguru davongelaufen, immer wieder höre man von einer unzureichenden Sicherung der Tiere. Dramatisch seien aber auch die Verhaltensstörungen, die durch die gleichförmigen Bewegungen bei vielen Zirkustieren zu sehen seien. „Die Tiere sind oft unterfordert, sie haben zu wenig Bewegung, und sie werden unter Zwang dressiert“, nennt Di Simio seien Kritikpunkte. Er hofft dass ein von den Bundesländer im März verabschiedeter Antrag erfolgreichist, in dem die Bundesregierung aufgefordert, ein Verbot bestimmter Wildtiere im Zirkus zu erlassen. Ob er Gehör findet, ist fraglich.