36 Mädchen und vier Jungen proben auf der Festwiese für den großen Auftritt am Samstag. Die Kinder genießen die Zirkusatmosphäre und die gute Stimmung. Foto: Georg Linsenmann

Auf der Festwiese findet das Ferien-Zirkusprojekt mit 40 Kindern statt. Die Jungen und Mädchen sind mit Feuereifer dabei. Sie lieben den Auftritt in der Manege.

Kommende Woche wird die obere Wiese beim Kultur- und Sportzentrum für vier Jahre mit den Interims-Containern für die Kitas belegt. Diese Woche sieht noch einmal alles bunt aus: drei Zirkuszelte und viel Drumherum, mittendrin das große rote Zelt mit der Manege, in der am Samstag die Aufführung steigt, für die jetzt 36 Mädchen und vier Jungs an allen Ecken und Enden proben.

Giulia (zehn) und Angelina (zwölf) zum Beispiel. Sie fahren Einräder. Alysha, ebenfalls zwölf Jahre alt, die seit ihrem sechsten Lebensjahr zum Sommerzirkus kommt, kann das sogar einbeinig. Mit ihrer Freundin Lisa macht sie mal kurz „die Blume“. Angelina erfasst Panik beim Versuch abzusteigen; also lässt sie den Trainer Mitho Roztek an der Hallentür abparken: „In der Manege hast du keine Türgriffe!“ – „Bis Samstag schaffe ich das“, sagt Angelina.

Die Anweisungen kommen auf Englisch und Deutsch

Im mittelgroßen Zelt wird der Froschkönig geprobt, eine pantomimisch angespielte Rahmenhandlung für die Artistik am Trapez. Erstaunlich, was die sechs Mädchen nach drei Tagen schon können. Pia und Hanna, Mandy und Clara, Beata und Kathrin machen das Ypsilon, umschlingen mit den Beinen die Seile und hängen kopfüber an der Stange, proben die Spinne und den Mann im Mond. Konzentriert gehen im kleinen Zelt nebenan Kira (zwölf) und Nora (neun) zur Sache, balancieren auf einem Stahlseil, machen Figuren und spielen mit bunten Regenschirmen. Die Anweisungen ihrer Trainerin Iveta kommen mal auf Englisch, mal auf Deutsch. Und bei den Leiter-Artisten sieht man, wie alles Hand in Hand geht, wie sich in der Gruppe jeder auf den andern verlassen muss.

Dann ist Pause vor dem dritten und letzten Übungsblock des Tages. Drinnen gibt es Stracciatella-Yoghurt, und Stefanie Feil nimmt sich Zeit, über das Zirkus-Projekt zu sprechen. Die Leiterin des Kinder- und Jugendtreffs, der das Ferienprogramm in Kooperation mit dem Circus Circuli der Jugendhaus-Gesellschaft organisiert, ist seit 2002 dabei – also fast von Anfang an. Sie weiß, wie viel Spaß es den Kindern macht, die Woche über zirzensische Kunststücke einzuüben.

Der Applaus ist die große Bestätigung

Nicht minder wichtig findet sie das soziale und individuelle Lernfeld, das sich den Kindern eröffnet: „Kinder brauchen Erfolgserlebnisse, das stärkt ihr Selbstbewusstsein. Daneben lernen sie, in der Gruppe zu agieren, sich auf etwas zu einigen, sich gegenseitig Mut zu machen, an einer Sache dranzubleiben oder auch mal Konflikte zu lösen. Sie üben auch, etwas vor anderen zu präsentieren, was ja in der Schule verstärkt verlangt wird“, listet sie auf. „Der Applaus ist dann die große Bestätigung, dass sie etwas geschafft haben.“ Wichtig findet Feil auch, „dass die Kinder aus verschiedenen Schulen und Schichten kommen“. Man merkt, wie die Gruppe zusammenwächst. Das ist für Kinder, die daheim wenig Förderung und Wertschätzung bekommen, eine wertvolle Erfahrung.“

Jetzt aber steigt schon ein bisschen das Lampenfieber – auch bei Mitho Rozek. Der Theaterpädagoge und Zirkusmann hat in seiner Heimatstadt, dem tschechischen Brno, selbst einen kleinen Zirkus. Er kommt seit 2003 nach Münster, ist nicht nur Trainer, sondern auch der gute Geist und Inspirator der Gruppe. Er lebt „die Liebe zum Zirkus“ – und kennt den Mehrwert für die Kinder: „Hier kann sich aus über einem Dutzend Disziplinen jeder etwas Passendes aussuchen. Hier findet jeder seinen Platz – für sich und in der Gruppe.“ Mit Begeisterung stimmt er auf den Samstag ein: „Zirkus ist Lebensfreude und Freiheit. Die Kinder genießen das. Und mit Kindern kann man das besonders schön erleben.“