US-Präsident Donald Trump schlägt Jerome Powell als neuen Notenbankchef vor. Foto: AP

Der neue Zentralbankchef Jerome Powell dürfte den Zinskurs seiner Vorgängerin fortsetzen. Doch sein Profil ist noch unscharf.

Washington - Die Börsen steuern neue Rekordstände an, die meisten Medien sind zufrieden: Selten ist eine Entscheidung von US-Präsident Donald Trump auf so breite Zustimmung gestoßen wie die Nominierung des früheren Investmentbankers Jerome Powell zum neuen Vorsitzenden der US-Notenbank Fed. „Schockierend: Trump fällt die richtige Entscheidung“, überschrieb die vom Präsidenten gerne als „Lügenpresse“ diffamierte New York Times ironisch ihren Kommentar. Und die ebenfalls nicht unkritische Washington Post sprach von einer „soliden Wahl“.   Der ehemalige Reality-TV-Star Trump hatte die Auswahl des einflussreichsten Zentralbankers der Welt wie eine Staffel der Kuppelshow „Der Bachelor“ inszeniert. Zeitweise waren fünf Kandidaten im Rennen.

Der Präsident machte mal diesem, mal jenem ein Kompliment und wechselte dabei zumindest äußerlich mehrfach seine Präferenzen. Am Ende erhielt der 64-jährige Powell im Rosengarten des Weißen Hauses den Zuschlag: „Er ist stark. Er ist entschlossen. Er ist schlau“, lobte Trump. Der neue Fed-Chef braucht noch die Zustimmung des Senats, die jedoch als sicher gilt. Die Entscheidung für Powell wird in den USA vor allem als Bekenntnis zur finanzpolitischen Kontinuität gesehen. Powell gehört bereits seit 2012 dem Gouverneursrat der Notenbank an, und er dürfte die behutsame Zinspolitik von Amtsinhaberin Janet Yellen fortsetzen, deren Amtszeit im Februar ausläuft.

Öffentlichkeit ist über Entscheidung erleichtert

Auch Trump, der Yellen im Wahlkampf 2016 noch als angebliche Strippenzieherin von Barack Obama beschimpft hatte, entdeckte zuletzt seine Sympathien für die Fed-Chefin. Er wünscht sich eine lockere Geldpolitik zur Stimulierung der US-Konjunktur. Die 71-Jährige sei „eine wunderbare Frau, die einen blendenden Job gemacht hat“, sagt er nun kurz vor ihrem Abschied. Doch wollte der Präsident unbedingt eine eigene Duftnote setzen und den Posten neu besetzen.   Angesichts anderer Kandidaten mit extremen Positionen überwiegt in der amerikanischen Öffentlichkeit die Erleichterung darüber, dass die Entscheidung für einen erfahrenen und konsensorientierten Bewerber fiel.

Der Multimillionär, der politisch den Republikanern nahesteht, unterstützte sowohl Yellens moderaten Zinskurs als auch die vorsichtige Reduzierung des gigantischen Anleihekaufprogramms, mit dem die Notenbank nach der Finanzkrise die US-Wirtschaft stützte. Bei der Regulierung der Finanzmärkte soll Powell weniger strikt sein als seine Vorgängerin, doch gilt er nicht als Ideologe einer ungezügelten Deregulierung. Allerdings ist das öffentliche Profil des neuen Fed-Chefs noch unscharf. In den Archiven finden sich wenig pointierte oder gar persönliche Äußerungen. Er wolle alles tun, um „stabile Preise und ein Maximum an Beschäftigung zu erreichen“, sagte er bei seiner Nominierung. Seine Entscheidungen wolle er auf Grundlage „der langen Tradition geldpolitischer Unabhängigkeit“ der Fed treffen. Der Jurist, der keinen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften besitzt, wägt seine Worte sorgsam. Das beruhigt die Märkte und kontrastiert scharf mit dem Präsidenten.

Fragen zu Unabhängigkeit und Fähigkeiten des Kandidaten

Gleichwohl gibt es auch kritische Stimmen. So monieren Skeptiker an der Wall Street, man wisse nicht, wie beherzt Powell reagiere, wenn die Wirtschaft einmal nicht mehr so gut laufen sollte. „Wir kennen keine geldpolitische Grundlinie von ihm“, sagte Lewis Alexander der US-Chefökonom von Nomura Securities, der Washington Post. „Der neue Vorsitzende ist eher ein Anwalt als ein Ökonom“, warf auch die Wirtschaftszeitung Financial Times ein. Derweil bemängelte das Wall Street Journal, dass Powells Kandidatur von Finanzminister Steven Mnuchin unterstützt wurde: „Das wirft Fragen nach seiner Unabhängigkeit und seiner Befähigung für den Job auf.“   

Solche Einwände scheren Donald Trump wenig: Er braucht vor allem eine wachstumsorientierte Geldpolitik, um sein politisches Kernanliegen, die Steuerreform, finanzieren zu können. Sie soll Firmen und Bürger um jährlich 150 Milliarden Dollar entlasten. Zwar haben sich die Republikaner auf die Grundzüge des Gesetzes geeinigt, das den Körperschaftsteuersatz von 35 auf 20 Prozent senken und bei verdoppeltem Grundfreibetrag zahlreiche Abschreibungsmöglichkeiten in der Einkommensteuer abschaffen soll. Doch angesichts der knappen Mehrheiten ist eine Zustimmung des Kongresses noch unsicher. Das hindert den Präsidenten nicht daran, die Reform schon einmal als „großes, schönes Weihnachtsgeschenk“ anzupreisen.