Die Fraktionen des neu gewählten Neuhausener Gemeinderats loten in ihren Zielreden für den Haushalt 2025 aus, wo und für welche Zwecke noch finanzielle Mittel locker gemacht werden können – trotz teurer Großprojekte und wirtschaftlicher Ungewissheit.
Eherne Wahrheiten vertragen jede Wiederholung: „Ohne Moos nix los“, konstatierte SPD-Fraktionschef Dietmar Rothmund auf dem Zielredenparcours, mit dem der frisch gewählte Neuhausener Gemeinderat in die nächste Fünfjahresdistanz startete. Vorerst geht es ums Haushaltsjahr 2025. Wunschzettel werden nicht mehr geschrieben, vielmehr ist fraglicher denn je, welches der beredeten Ziele in die Zielgerade einbiegt. Mariela Herzog, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, nannte die schwieriger werdenden Rahmenbedingungen: Auftragsrückgang in der Industrie, unsichere konjunkturelle Lage, schwankende Gewerbesteuereinnahmen. Auf der anderen Seite: die beschlossenen Großprojekte, die Neuhausen mit Kreditaufnahmen stemmen muss. Als da wären: S-Bahnhof, Kinderhaus Waagenbachaue, Erweiterung der Kläranlage.
Trotzdem war die Sitzung kein Schwarzmalerkongress, eher eine teils kreative, teils bange Suche, wo und wie ohne Moos vielleicht doch was los sein könnte. Wenn ja, steht die Sanierung der Friedrich-Schiller-Schule für die Fraktionen weit oben. Tanja Verch von der Initiative Grüne Liste (IGL) monierte, dass dieses Projekt – ebenso wie etwa die Fortschreibung des Lärmaktionsplans – zu jenen Zielen zähle, die bereits für 2024 gesetzt und nicht erreicht wurden.
Beim künftigen Bahnhof geht es nicht mehr um das Ob und kaum noch um das Wann, sondern um Nutzen und Nachteil von Kollateraleffekten. Die IGL sieht eine energetische Chance, wenn die Überdachung mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet wird – als Teil einer von Verch angemahnten PV-Offensive in der ganzen Gemeinde, privat wie öffentlich. Die Freien Wähler wiederum wollen einer Konkurrenzsituation zwischen Ortsmitte und dem neuen Bahnhofsbereich mit seinen Läden und Wohnungen zuvorkommen. Deshalb, so Herzog, soll das Gebiet zwischen Schloss- und Bahnhofsplatz in planerische Überlegungen einbezogen werden, inklusive der Querspange zum Ochsengarten. Erste Vorstellungen zu einem Bebauungsplan erwarten die Freien Wähler von der Verwaltung im ersten Quartal 2025.
Mit der Expansion der Gemeinde steht die Frage nach dem innerörtlichen Verkehr im Raum. Noch mehr Autos will niemand – vor allem nicht am Straßenrand. Das Thema Dauerparken beschäftigt das Gremium dauerhaft. Da sind zum einen die Fluggäste von auswärts, die ihre Karossen für umme im Ort statt für teure Gebühren am Flughafen abstellen. Zum anderen jene Gefährte, die manche Straße „eher wie einen Campingplatz als wie eine fahrradfreundliche Straße im Wohngebiet“ aussehen lassen, mokierte sich CDU-Fraktionsvorsitzender Dominik Morár. Überhaupt werde „Falschparken im Ort zu selten sanktioniert“. Versteht sich, dass die IGL beim Thema Fahrradfreundlichkeit nicht hintanstehen will. Für sie ist es das innerörtliche Verkehrsmittel der Zukunft, daher müsse namentlich in der Garten- und der Kirchstraße mehr Raum für den Rad- und weniger für den ruhenden Autoverkehr geschaffen werden. Einig sind sich die Fraktionen, dass beim Ausbau der E-Ladeinfrastruktur dringender Nachholbedarf besteht.
SPD will in öffentlichen Wohnraum investieren
Wenn beim Drehen und Wenden der kommunalen Moneten doch noch was rausspringt, würde es die SPD zuvorderst in öffentlichen Wohnraum investieren. Ein entsprechender Antrag im vergangenen Jahr wurde abgelehnt, aber „das Problem an sich ist nicht gelöst“, sagte Dietmar Rothmund. Als einen ersten Lösungsansatz beantragen die Sozialdemokraten, die „trotz bestehendem Baurecht immer noch nicht bebauten“ Grundstücke aufzulisten. Weitere Wünsche: Sonnenschutzfolien für die Ostfassade des Jugendzentrums Penthaus, Zuschüsse zur Umwandlung von Schotter- in echte Gärten. Die SPD dringt auch darauf, die behördliche Freigabe der neuen Flugroute nicht einfach auf sich beruhen zu lassen.
CDU fordert Rücksicht auf lokale Betriebe
Nadine Korany, neue und einzige FDP-Gemeinderätin, setzt auf bezahlbare Kinderbetreuung und Wirtschaftsförderung. Irgendwo muss das Geld für den Gemeindehaushalt ja herkommen. Rothmund plädiert für einen breiteren Mix an Gewerbesteuerzahlern, über Großbetriebe und produzierende Firmen hinaus. Den Flächennutzungsplan sieht er als Steuerungsinstrument. Morár kritisiert in dem Zusammenhang das „Hintanstellen von Interessen lokaler Unternehmen“ und fordert, bei der Flächennutzungsplanung „die Bedarfe aller unserer Betriebe, ob groß oder klein, Handwerk, Industrie oder Landwirtschaft, strukturiert zu erheben.“
Wachstum im Speckgürtel
Tradition
Neuhausen ist eine der dynamischsten Wachstumsgemeinden im Speckgürtel um Stuttgart. Zugleich ist die Tradition in der einzigen katholisch geprägten Gemeinde auf den Fildern sehr präsent.
Veränderung
Am deutlichsten spiegelt sich die Veränderung in der Einwohnerzahl, die seit 1965 (knapp 7600) der Verdoppelung entgegenschreitet (derzeit 12 500). Bereits in der Nachkriegszeit war das einstige Bauerndorf beträchtlich gewachsen.