ZF Friedrichshafen hat seine Hälfte am Gemeinschaftsunternehmen ZF Lenksysteme an Bosch abgegeben. Der Stuttgarter Autozulieferer übernimmt damit die vollständige Kontrolle bei dem Spezialisten für elektronische Lenkungen. ZF Friedrichshafen wirft seinerseits Ballast auf dem Weg zur Übernahme des US-Wettbewerbers TRW ab. ZF steigt durch diese Übernahme mit 30 Milliarden Euro Umsatz unter die größten drei Unternehmen im weltweiten Autozuliefer-Geschäft auf. Foto: dpa

Das Stiftungs-Unternehmen vom Bodensee kauft eine börsennotierte US-Firma. TRW Automotive ergänzt ZF Friedrichshafen zwar technologisch perfekt. Doch die eigentliche Herkulesaufgabe liegt erst noch vor dem neuen Konzern.

Das Stiftungs-Unternehmen vom Bodensee kauft eine börsennotierte US-Firma. TRW Automotive ergänzt ZF Friedrichshafen zwar technologisch perfekt. Doch die eigentliche Herkulesaufgabe liegt erst noch vor dem neuen Konzern.

Friedrichshafen/Livonia - Der Schritt katapultiert ZF Friedrichshafen an die Weltspitze. Für rund 9,5 Milliarden Euro kauft die Firma vom Bodensee den US-Wettbewerber TRW Automotive - und rückt neben Bosch und Continental an die Weltspitze der Zuliefererbranche auf. Doch selbst wenn TRW-Aktionäre und Kartellbehörden zustimmen: Einfach wird die Übernahme nicht, sind sich Experten einig.

Ein größerer Zukauf hatte sich bei ZF Friedrichshafen längst abgezeichnet. Bis 2025 will der Autozulieferer seinen Umsatz auf 40 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Dass das nicht ohne eine Übernahme möglich sein wird, erscheint logisch. Doch wie kompliziert Verbindungen über den Atlantik sein können, weiß man in der Autobranche spätestens seit der gescheiterten Ehe zwischen Daimler und Chrysler.

„TRW ist ein internationaler Konzern, der schon in der Rechnungslegung anders tickt und kurzfristig getrieben ist“, sagt der Duisburger Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer: TRW ist an der Börse notiert, ZF Friedrichshafen in der Hand von zwei Stiftungen. „Da prallen Welten aufeinander“, warnt Dudenhöffer. Hauptanteilseigner von ZF ist die Zeppelin-Stiftung, die von der Stadt Friedrichshafen verwaltet wird.

Auch Stefan Bratzel von der Hochschule Bergisch Gladbach sieht eine „doppelte Herausforderung“. Auf der einen Seite müsse ZF bei TRW die „Herzen der Mitarbeiter gewinnen“. Das bindet das Management. Schon daran hätten sich vor allem Mittelständler auf dem Weg zur Globalisierung schon verhoben, so Bratzel. Doch auf der anderen Seite müssten die Deutschen die technologische Entwicklung weitertreiben, die sich in der Autobranche derzeit überschlägt, um sich die neue Position an der Weltspitze zu erhalten.

Von technologischer Seite stellen Experten die Übernahme nicht infrage. ZF würde eigenen Angaben zufolge seine Umsätze in den wichtigen Wachstumsmärkten China und USA mehr als verdoppeln. Außerdem passen die Sicherheitsprodukte wie Airbags, Gurte, Brems- oder Fahrerassistenzsysteme der US-Firma gut zu den Produkten der Friedrichshafenern, die sich vor allem auf Antriebe und Fahrwerke verstehen.

Automatisiertes Fahren steht im Mittelpunkt

Mit Hilfe der Elektronik und Sicherheitsprodukte von TRW kann sich ZF Friedrichshafen neue Kompetenz auf dem Feld des automatisierten Fahrens aufbauen. Die Branche sieht in den immer intelligenteren Fahrzeugen ihre Zukunft. ZF-Konkurrent Bosch etwa will mit Fahrerassistenzsystemen bis 2016 mehr als eine Milliarde Euro Umsatz machen.

Auch was die Mitarbeiterzahl angeht, sind die beiden Firmen etwa gleich groß. ZF hatte Ende 2013 rund 73 000 Mitarbeiter. TRW kam zuletzt auf 67 000 Beschäftigte weltweit. Der Chef von ZF Friedrichshafen, Stefan Sommer, betonte, er sehe „viele Symmetrien“ in den Kulturen der beiden Firmen. So seien beide vom technologischen Denken her getrieben. Außerdem soll TRW vorerst als eigene Geschäftseinheit weiter betrieben werden.

Damit könnte man bei TRW mehr Freiheiten haben als bislang. Der US-Zulieferer sei durch verschiedene Zukäufe zustande gekommen, die Belegschaft damit schon an die Integration in neue Firmen gewöhnt, sagt Jan Dannenberg von der Management-Beratung Berylls Strategy Advisors. Von der zuletzt von Finanzinvestoren bestimmten Organisation könne ZF Friedrichshafen sich sogar etwas abschauen.

Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler sieht zwar Risiken für die Integration. Die Schuldenlast sei aber stemmbar und sei „lange nicht mit Schaeffler und Continental vergleichbar“. Technologisch, ist sich Pieper sicher, gebe es überhaupt keine Alternative. Und: „Bislang haben sie das Ganze stark durchgezogen“, so Pieper. Er schließe deshalb nicht aus, dass auch der Zusammenschluss ein Erfolg werde.