Werbung für Asbach Uralt auf dem Dach des Hotels Rieker im Jahr 1967 Foto: Thomas Mack / Stuttgart-Album

Was einst ein Bahnhofsvorplatz war, ist heute eine hektische Verkehrsschneise. Für den Bau von Stuttgart 21 sind die Fahrspuren versetzt worden. Das Stuttgart-Album blickt auf den Zeppelinbau und auf Hotels, die sich im Laufe der Jahre näher gekommen sind.

Stuttgart - Was einst ein Bahnhofsvorplatz war, ist heute eine hektische Verkehrsschneise. Für den Bau von Stuttgart 21 sind die Fahrspuren versetzt worden. Das Stuttgart-Album blickt auf den Zeppelinbau und auf Hotels, die sich im Laufe der Jahre näher gekommen sind.

„Asbach Uralt“ stand in großen, altertümlich wirkenden Lettern der Frakturschrift auf dem Hoteldach unweit des Hauptbahnhofs. Wie passend für den heutigen Rückblick in unserem Stuttgart-Album. In den asbach-uralten Zeiten, um die es hier geht, waren das Steigenberger-Hotel Graf Zeppelin und das Hotel Rieker noch nicht aneinandergebaut – beide Herbergen lockten solitär ihre Gäste an.

Im Laufe der Zeit hat in der City nicht nur die Häufigkeit von Staus zugenommen – da kamen sich auch die Häuser immer näher. Denn freie Flächen wurden unermüdlich überbaut, um möglichst viel an Mensch und Material in der Mitte der Großstadt unterzubringen. Heute ist der Arnulf-Klett-Platz, der seit 1976 nach dem früheren Stuttgarter OB so heißt, eine von Hektik und Lärm dominierte Verkehrsschneise mit sieben Fahrspuren. Die wurden für den Bau von Stuttgart 21 versetzt und überfordern nun als Wirrwarr so manchen Autofahrer Über 100 000 Autos befahren an jedem Werktag die zentrale Kreuzung, auf der sich mehrere Hauptverkehrsachsen treffen. Fußgänger würden sich hier in große Gefahr begeben und sind schon lang unter die Erde verbannt.

Was viele nicht wissen: Paul Bonatz, der Architekt des 1922 eröffneten Hauptbahnhofs, hat auch den gegenüberliegenden Zepplinbau entworfen. Von 1929 bis 1931 ist das Gebäude entstanden, in das die damalige Landesbank als Hausherr und das Hotel Graf Zeppelin, kurz „das Zeppelin“ genannt, eingezogen sind. Mit dem Hotelnamen wollte man den 1838 in Konstanz geborenen und 1917 in Berlin verstorbenen Ferdinand Graf von Zeppelin ehren, den Namensgeber einer Generation von Luftschiffen. Zur Eröffnung am 14. März 1931 kreiste ein Zeppelin über dem Areal, vom Himmel regnete es Blumen auf das damals „modernste Hotel Süddeutschlands“.

Die Bauherren dachten zu dieser Zeit freilich nicht an die Dominanz der Autos – sie hatten anderes im Sinne, wie die versetzten Baukörper beweisen. Die Position des Zeppelinbau zielt auf einen wahren Platz ab, der nicht nur auf der Stadtkarte so heißt, sondern wirklich einer ist. Gegenüber dem Hindenburgbau ist er um fast 20 Meter näher zum Hauptbahnhof gerückt. Hätte man nur an eine breite Straße gedacht, alle Häuser wären auf einer Linie erbaut worden.

In den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs ist der Zeppelinbau stark beschädigt worden – nach dem Krieg hat er den amerikanischen Soldatensender AFN Stuttgart beherbergt. Im April 1957, nach vollständiger Instandsetzung, hat das Steigenberger Hotelimperium aus Frankfurt das traditionsreiche Stuttgarter Haus übernommen.

Eigentümer Albert Steigenberger eröffnete die Nobelherberge mit 140 Betten in 120 Zimmern – die Nacht kostete damals zwölf bis 48 D-Mark. Drei Jahre danach ist in der Nachbarschaft das Hotel Rieker hinzugekommen. Die meisten Stadtbesucher reisten damals mit dem Zug an, nicht mit dem Flugzeug, weshalb der Bedarf an Hotelbetten an dieser zentralen Stelle immer größer wurde,

Von 1969 bis 1971 dehnte sich das Steigenberger aus – der Erweiterungsbau grenzte nun an das Hotel Rieker, das heute mit moderner Fassadengestaltung – ohne die Werbung „Asbach Uralt“ auf dem Dach – unter dem Namen Novum Hotel Rieker an der Friedrichstraße 3 formiert.

Im Jahr 1967, als unser Leser Thomas Mack, ein eifriger Mitarbeiter unseres Geschichtsprojekts, das Foto vom allein stehenden Hotel Rieker gemacht hat, hatte man auf der andere Seite der Friedrichstraße gerade ein Hochhaus nach den Plänen des Rathaus-Architekten Paul Stohrer gebaut. Viele Besucher unserer Facebook erinnern sich, dass sich in dem 2013 abgerissenen Versatel-Hochhaus das Programmkino Lupe befand. An dieser Stelle will nun das City-Gate mit elf Stockwerken und einer hellen Natursteinfassade für die Zukunft stehen.

Mit dem Film „Belle de Jour“, mit der Schöne des Tages, hatte das Kino Lupe am 12. Januar 1974 in dem alles andere als schönen Haus an der Kriegsbergstraße eröffnet. Unvergessen ist die Treppe zur Lupe, auf der es oft Staus zur Filmkunst gab. 1978 stieg Peter Erasmus ein, der das Kino zwischendurch verkaufte, dann wieder kaufte und es bis ins Jahr 2003 führte. Nach 29 Jahren war dann für immer Schluss. Vor seinem Abriss stand das Versatel-Hochhaus drei Jahre lang leer. Architektonisch lässt sich der Verlust verschmerzen – die Erinnerungen an die Lupe-Filme aber bleiben in unserem Kopfkino.

Diskutieren Sie im Internet mit unter: www.facebook.com/Album.Stuttgart. Schicken Sie historische Fotos an: info@stuttgart-album.de. Im Silberburg-Verlag sind zu unserer Geschichtsserie die beiden Bücher „Stuttgart-Album“ und „Stuttgart-Album Vol. 2“ erschienen.