Foto: Stadtarchiv Leinfelden-Echterdingen

Nach 105 Jahren erwacht in Bernhausen Interesse an dem Echterdingen zugeordneten Luftschiff-Unglück – weil der Zeppelin im Augenloch in Flammen aufgegangen ist.

Echterdingen/Bernhausen - Gelandet in Echterdingen, ausgebrannt in Bernhausen. So lautet das Schicksal von LZ 4, dem Luftschiff des Grafen Zeppelin, das am Montag vor 105 Jahren auf den Fildern sein Ende gefunden hat. Nachdem dieses Ereignis als „Katastrophe von Echterdingen“ in die Geschichtsbücher eingegangen ist und daraus später das „Wunder von Echterdingen“ wurde, will man jetzt auch in Bernhausen ein Kapitel in diesem Werk schreiben.

LZ 4 war auf dem Rückweg von Mainz zur Basis nach Friedrichshafen, als am 5. August 1908 der vordere Motor des Luftschiffs ins Stottern geriet und ausfiel. Über den Stuttgarter Talkessel konnte man noch schweben. Dann wurde der Gegenwind zu stark für das nur noch von einem Propeller angetriebene Luftfahrzeug. Man entschloss sich, auf der freien Feldflur der Filder zu landen. Gegen 8 Uhr setze das 136 Meter lange Luftschiff am östlichen Ortsrand von Echterdingen auf. Die Bevölkerung half dabei, den Zeppelin an der Spitze zu verankern, während das Heck frei über dem Boden schwebte.

Das Wetter schlägt plötzlich um

Kurz darauf trafen Daimler-Mechaniker ein, um den defekten Motor zu reparieren. Das Militär eilte herbei, um das Gefährt vor den herbeiströmenden Schaulustigen zu schützen. Schätzungen zufolge waren es zwischen 40 000 und 100 000 Menschen, die die fliegende Zigarre bestaunen wollten. Dem Grafen Zeppelin wurde der Rummel zu viel. Er quartiere sich im Gasthaus Hirsch in Echterdingen ein.

Am Nachmittag schlug plötzlich das Wetter um. Dunkle Gewitterwolken zogen im Nordwesten auf, der Wind nahm binnen kurzer Zeit zu. Die starken Böen rissen den Zeppelin aus der Verankerung. Die Helfer am Boden mussten tatenlos zusehen, wie das Luftschiff über die Felder in Richtung Bernhausen abgetrieben wurde. Erst die Obstbäume im Westen von Bernhausen im Gewann Augenloch konnten das fragile Gefährt aufhalten.

Doch das war zugleich der Untergang des stolzen Luftschiffes. „Durch die Reibung der Äste an der Luftschiffhülle kam es zur elektrostatischen Aufladung und anschließendem Funkenflug“, sagt der Leinfelden-Echterdinger Stadtarchivar Bernd Klagholz, der sich intensiv mit diesem Unglück beschäftigt hat. Sofort entzündete sich der leicht brennbare Wasserstoff, mit dem der Zeppelin gefüllt war, um Auftrieb zu bekommen. Das Luftschiff brannte lichterloh. Graf Zeppelin, der zur Unglücksstelle gerufen worden war, konnte kurz darauf nur noch auf ein qualmendes Metallgerippe blicken. „Ich bin ein verlorener Mann“, soll er gesagt haben.

Ein „nationales Unglück“

Doch das Unglück war nicht das Ende des Zeppelins, sondern stellte die Luftschiffindustrie auf eine solide Basis, wie Klagholz sagt. Denn die Deutschen empfanden die Tragödie von den Fildern als „nationales Unglück“ und sammelten Geld für einen neuen Zeppelin. 6,25 Millionen Goldmark wurden eingesammelt. Und den Echterdingern kam sehr schnell die Idee, mit einem Gedenkstein an die Landung des Zeppelins auf ihrer Gemarkung zu erinnern. Schon im Oktober 1908 – nur wenige Wochen nach dem Vorfall – wurde das Denkmal enthüllt.

In Bernhausen hat sich nun, mehr als ein Jahrhundert nach diesem Unglück, eine Initiative gebildet, die den eigenen Ort nun in den Geschichtsbüchern stärker betont sehen will. Filderstadts Oberbürgermeisterin hat den Initiatoren bereits ihre Unterstützung signalisiert. „Dieses für die Luftfahrthistorie wichtige Ereignis in Bernhausen hat mehr Beachtung verdient“, so Gabriele Dönig-Poppensieker. Die Stadt will deshalb am Unglücksort im heutigen Gewerbegebiet Augenloch eine Infotafel aufstellen, die in Wort und Bild die damaligen Ereignisse ausführlich dar-stellt. Das Stadtarchiv soll dafür einen Entwurf ausarbeiten.