Zeppelin über dem Bodensee Foto: StN

Friedrichshafen: Mit den Luftschiffen des Grafen Zeppelin über den Bodensee fliegen.

Friedrichshafen - Am 6. Mai 1937 explodierte die Hindenburg bei der Landung in den USA.Über diese Katastrophe zeigt RTL am Sonntag und Montag, 6. und 7. Febuar, einen Zweiteiler. Wie es ist, in einem Zeppelin zu fliegen, können Besucher heute in Friedrichshafen erleben - bei Rundflügen über den See.

Empfangen wird man wie in einem normalen Flughafen: Hinter einem weißen Tresen prüfen Angestellte in blauen Uniformen den Ausweis und stellen das Ticket aus. Ein schneller Kaffee, in der grauen, spacigen Bar, dann werden die Passagiere zur Sicherheitskontrolle gebeten. Nagelschere und Feuerzeuge bleiben am Boden.

Eben schwebt der Zeppelin ein, vorn einem Kugelfisch mit drei Flossen nicht unähnlich. Von der Seite erinnert er mit seinen 75 Metern Länge, 19 Metern Breite und 17 Metern Höhe eher an eine stumpige, weiß-blau-rote Zigarre. Während zwei Angestellte das Luftschiff an einem Seil halten, erfolgt der Passagierwechsel: Zwei Gäste steigen über die Treppe hinein, zwei sprinten gleich danach heraus - so bleibt das Gewicht stabil. Tür zu und anschnallen. Das Brummen wird lauter, schon zieht das Schiff schräg nach oben weg, zügig, aber nicht rasend schnell. Sechs Passagiere sitzen in je einer Reihe links und rechts. Das Flugfeld und der große Hangar bleiben zurück. Dort werden die Technikfreunde später alles über das Gerüst aus Aluminium und Karbon, das Hüllenmaterial und die schwenkbaren Triebwerke erfahren.

Passagierflüge werden seit 2001 wieder angeboten

Seit 2001 werden in Friedrichshafen mit dem neu entwickelten Zeppelin NT wieder Passagierflüge angeboten. Sie dauern zwischen 30 Minuten und zwei Stunden und sind so gefragt, dass im Juni 2010 immerhin der 100 000. Gast begrüßt werden konnte.

Jetzt ist das Gefährt auf 300 Meter Flughöhe angekommen, der Zeppelin geht in die Waagrechte, das luftige Leben beginnt. Die Flugbegleiterin erklärt die Route: Von Friedrichshafen geht es über den See nach Konstanz, weiter zur Mainau und über Uhldingen und Meersburg zurück - alles in einer Stunde. Wer will, kann jetzt in der Kabine herumgehen, die an das Innere eines mittelgroßen Busses erinnert. Alle wollen. Zwei Fenster haben Öffnungen zum Aufklappen, ausgesprochen höflich lässt man sich den Vortritt beim Fotografieren.

Unten erstrecken sich ein Teppich aus Hausdächern und große Flächen grüner Kunststoffnetze, die die Obstbäume vor Hagel schützen. Und da ist er, der weite, stille, blausilberne See mit den gewundenen Ufern. Schnurgerade ziehen die Fähren von Meersburg nach Konstanz.

Der erste Zeppelin erhob sich am 2.Juli 1900 in die Luft

In der Kabine kommt man ins Plaudern. Zehn Jahre lang sah der Rentner aus Friedrichshafen "die Dinger über sich hinwegziehen", heute sitzt er zum erstenmal selbst darin. Und der Silberlockige weist darauf hin, dass er aus Echterdingen stamme, "wo, Sie wissen das sicher, 1908 der vierte Zeppelin in Flammen aufging". Worauf ein Sturm im Land losbrach und die Deutschen sechs Millionen Mark sammelten, damit der gebeutelte Graf Zeppelin seine Luftschiff-Versuche fortsetzen konnte.

Schon kommt das andere Ufer mit dem Hafen von Konstanz in Sicht. Im Steigenberger Hotel direkt am See kam 1838 Ferdinand Graf von Zeppelin zur Welt. Nur weil der pensionierte Reitergeneral sich schon mit 52 ganz seinem Hobby, der Luftschifffahrt widmen konnte, erhob sich am 2. Juli 1900 der erste Zepplin in die Luft. Ihre große Zeit hatten die Luftschiffe im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts.

Man sieht und erkennt viel mehr als in einem Flugzeug

Das Surren der Motoren nimmt man fast nicht mehr wahr, und niemand stört, dass die Kabine gelegentlich leicht wackelt. Hier oben mit 60, 70 Stundenkilometern über den Himmel zu schweben - das ist die Entdeckung der Langsamkeit beim Fliegen: Man sieht und erkennt viel mehr als in einem Flugzeug. Und ist doch nicht dem Spiel der Winde ausgeliefert, wie beim Ballonfahren. Das Cockpit ist nicht abgetrennt, der Pilot nimmt seinen Kopfhörer ab, um Fragen zu beantworten. Fritz Günther ist der Leiter des Flugbetriebs, zugleich Fluglehrer und schon einige Jahre bei der Firma. "Man startet und landet einen Zeppelin immer gegen den Wind, im Sommer hat man eine andere Thermik als im Winter - man steuert ein so komplexes Fluggerät vor allem mit Erfahrung." Deshalb müssen Berufspiloten mindestens 1000 Flugstunden aufweisen und ein acht- bis zehnmonatiges Training absolvieren, ehe sie selbständig ein Luftschiff vom Typ Zeppelin NT steuern dürfen.

Vier neue Zeppeline wurden seit 1997 in Friedrichshafen gebaut. Nummer eins wurde 2007 im südlichen Afrika zerstört. Nummer zwei ging 2004 nach Japan. Nummer vier transportiert Touristen in San Franzisko. Und Nummer drei ist jetzt bereits auf dem Rückweg ans östliche Ufer, seinen kleinen Schatten stets im Schlepptau. Die zwölf Passagiere stehen und staunen. Jeder scheint jedes einzelne Bild tief in sich aufsaugen zu wollen. Friedrichshafen kommt in Sicht. Dann geht alles schnell: Abkippen, niedergehen, Passagierwechsel. Ein Glas Sekt gibt es noch, eine Urkunde - und schon steigt der gemütliche Wal wieder auf.