Mit Liveacts, Workshops, nostalgischer Mode und einer Oldtimerparade feiern „Zeitreisende“ in Asperg die Rockabilly Days – und die Kultur der 1950er Jahre.
Ein bisschen fühlt es sich an, wie in den Film „Zurück in die Zukunft“ gefallen zu sein. Eine Reise in die Vergangenheit der 1950er Jahre – mit allen Klischees: Frauen in Petticoats und geblümten Kleidern, Männer mit Pomade im Haar, Oldtimer wie aus dem James-Dean-Klassiker „…denn sie wissen nicht, was sie tun“. Das Jahrzehnt erlebte am Wochenende bei den Rockabilly Days in Asperg ein Revival: Mit zahlreichen Bands und DJs, die auf dem Bolzplatz im Oberholz dem Rock ’n‘ Roll und Spielarten wie Swing, Country oder Jive frönten, mit aufwendig gestylten Besuchern, Händlern – und allerbestem Wetter.
Das Festival-Motto wird frei interpretiert
Am Samstagmittag üben zu „Lovin‘ Life“ gut 20 Paare die typischen Tanzschritte der Dekade: „Grundschritt, Rock Step, Eins, Zwei, Side, Side …“, zählt Günter Deisenhofer gerade eine kleine Drehung an. Zusammen mit Tanzpartnerin Laura gibt er auf dem Festival mehrere Tanzworkshops, bei denen die Petticoats und farbenfrohen, schwingenden Tellerröcke der Teilnehmerinnen perfekt zur Geltung kommen. Die Gäste auf dem Gelände interpretieren das Festival-Motto frei: Viele Tattoos sind zu sehen, auch Punk- und Steampunk-Elemente.
Ein Piercer und Tätowierer hat ebenfalls seinen Platz unter den fliegenden Händlern. Die meisten davon bieten auf das Jahrzehnt abgestimmte Nischenprodukte an: Vintage-Klamotten mit Polka-Dot-Design, Sonnenbrillen, College-Jacken, Elvis-Figuren, Schallplatten oder das Kult-Autowaschmittel Sonax. Die gelernte Hutmacherin Nadine stellt ihre selbst entworfenen Haarbänder, Turbane und Kegelhüte mit Obst-Schmuck aus. Und Pomaden-Experte Mario erklärt, warum er zehn unterschiedliche Varianten des Haarstylingprodukts anbietet: „Es gibt verschiedene Härtegrade. Je weicher, umso mehr Glanz“, erklärt er. Die Pomaden unterscheiden sich aber auch noch in ihren Inhaltsstoffen und Düften. Schon allein wegen der coolen Retro-Dosen ist man versucht, hier einzukaufen.
Bade-Moden-Stylistin Katrin Werger bietet ihre „Prachtstücke“ an: Badeanzüge und Zweiteiler im Sailor-Design. Außerdem schminkt und frisiert sie Frauen authentisch im Stil der Zeit. Wie das geht? „Typisch ist Eyeliner, hellerer Lidschatten, kräftige Augenbrauen mit einem hohen Bogen und knallroter Lippenstift“, erläutert sie. Die Festival-Besucherinnen Ramona und Corinna sind auf genau diese Weise geschminkt und auch ansonsten stilecht gekleidet – inklusive Petticoat. Was begeistert die beiden an der Dekade? „Die Musik!“, sagt Ramona sofort: „Und ich liebe den Schnitt der Kleider. Es ist egal, was für eine Figur du hast, die Kleider sehen immer gut aus und man fühlt sich in ihnen einfach wohl.“ Corinna ergänzt: „Wir sind mit dieser Musik aufgewachsen, als Mädchen habe ich Rock‘n‘ Roll getanzt. Mein Mann sagt immer, ich bin in der falschen Zeit geboren worden.“
Die Oldtimer werden bewundert und beklatscht
Gegen Nachmittag hüllt sich das Gelände im Osterholz in eine Benzinwolke, Motoren blubbern, die Oldtimer fahren zum großen Schaulaufen auf: Chevrolets, Cadillacs, Lincolns, Ford Pickups oder eine rot leuchtende Corvette: Die liebevoll gepflegten, ausladenden US-Straßenschlitten der 1950er und 1960er Jahre und ihre Besitzer lassen sich ausgiebig bewundern und beklatschen.
Modisch perfekt in Szene gesetzt haben sich auch Lutz und Gabriele, die mit einem goldbrauen Karmann-Ghia zum Festival gekommen sind, der allerdings nicht bei der Oldtimerparade mitfährt. Bei Gabrieles Outfit stimmt alles, bis ins kleinste Detail: Handschuhe, Hut, Gürtel, Handtasche, Riemchenschuhe. Gabriele ist Mitglied eines historischen Vereins, zeigt sich gern in unterschiedlichen historischen Outfits und bekennt: „Ich bin eine Zeitreisende.“
Was ist eigentlich Rockabilly?
Musikstil
Rockabilly kombiniert Elemente des Rock’n’ Roll mit Einflüssen aus Country- und Bluesmusik. Charakteristisch sind der energiegeladene Rhythmus, Gitarre und Kontrabass und der rebellische Stil. Der Begriff „Rockabilly“ setzt sich aus dem Wort „Rock“ (von Rock’n’ Roll) und „Hillbilly“ zusammen, eine damalige Bezeichnung für die Country-Musik.