Schockbilder auf Zigarettenschachteln sollen vor den Folgen des Tabakkonsums warnen. Foto: dpa

Seit diesem Jahr zieren die Zigarettenschachteln abstoßende Schockbilder. Ob das wirkt, ist umstritten. Eines steht jedoch fest: die Zahl der Raucher sinkt. Vor allem bei den Jüngeren.

Stuttgart - Eines ist sicher: Der Anteil der Raucher in Deutschland geht zurück. Vor allem bei jungen Menschen konnten laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg starke Verhaltensänderungen nachgewiesen werden. Bis 2003 stieg der Anteil der Raucher tendenziell an, seit 2005 sind sie sowohl bei jungen Männern als auch bei jungen Frauen rückläufig. Gaben im Jahr 2003 noch 18 Prozent der unter 20-Jährigen an, regelmäßig zu rauchen, waren es zehn Jahre später nur noch neun Prozent. Einen Zusammenhang zwischen politischen Maßnahmen gegen den Tabakkonsum und dem tatsächlichen Rauchverhalten herzustellen ist schwierig. Der Rückgang deutet jedoch auf eine Wirksamkeit des Rauchverbots in öffentlichen Gebäuden und Gaststätten hin, sowie das seit 2007 in Baden-Württemberg geltende Rauchverbot an Schulen. „Das Rauchen gehört in Deutschland längst nicht mehr zum Lebensgefühl junger Menschen“, so die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler.

Bei den Erwachsenen zeichnet sich eine ähnliche Tendenz ab: Seit 2005 hören immer mehr Erwachsene mit dem Rauchen auf. Bis 2005 waren die Raucheranteile zumindest bei den Frauen noch steigend, was nicht auf eine unmittelbare Wirksamkeit der Tabaksteuererhöhungen schließen lässt, die zwischen 2002 und 2005 durchgesetzt wurden.

Einbruch der Einnahmen aus der Tabaksteuer

Seit 2003 prangen Warnhinweise auf den Packungen: „Rauchen kann tödlich sein“ oder „Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.“ Seit diesem Jahr muss die Tabakindustrie ihre Zigarettenschachteln mit Schockbildern versehen, die laut EU-Richtlinie vorne und hinten zwei Drittel der Verpackungsfläche einnehmen müssen. Insgesamt gibt es 42 verschiedene Ekel-Motive, von denen zunächst 14 im Handel erscheinen. Nach einem Jahr wird dann gewechselt – damit die Käufer nicht abstumpfen. „Die Bilder werden weniger wirksam, je häufiger man sie sieht“, so eine Sprecherin der EU-Kommission. Bisher sind die bebilderten Schachteln noch eher selten zu sehen, da die Tabakindustrie noch ihre Restbestände verkaufen darf. Deshalb haben die Hersteller natürlich fleißig vorproduziert, um die Schockbilder noch so lang wie möglich heraus zu zögern. Aufgrund dieser Produktionsverschiebung brachen die Einnahmen aus der Tabaksteuer im Juni und Juli dieses Jahres um knapp 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein, so der aktuelle Monatsbericht des Finanzministeriums. In den nächsten Monaten sei aber wieder mit einer Normalisierung zu rechnen.

Einer Umfrage der „Deutschen Angestellten-Krankenkasse“ (DAK) zufolge halten 81 Prozent der Deutschen die Ekelfotos auf Verpackungen für keine wirksame Maßnahme gegen das Rauchen. „Ob jemand zur Zigarette greift oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab“, so DAK-Suchtexperte Ralf Kremer. „Schockbilder auf Zigarettenpackungen sind nur ein Präventionsfaktor“. Einen starken Einfluss habe zum Beispiel auch, wie stark Zigaretten im persönlichen Umfeld akzeptiert sind. Dennoch finden zwei Drittel der Befragten es grundsätzlich in Ordnung, dass solche Bilder in dieser Deutlichkeit gezeigt werden.

Mehr Aussteiger dank Ekelbildern

Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg ist überzeugt, dass die Schockbilder wirken. „Große bildliche Warnhinweise sind ein wirksames Mittel der Tabakprävention, weil sie junge Menschen davon abhalten, mit dem Rauchen anzufangen“, so die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention des DKFZ. Eine experimentelle Studie der Ohio State University in Columbus/USA bestätigt, dass die kombinierten Warnhinweise aus Bild und Text den reinen Texthinweisen auf Zigarettenschachteln überlegen sind und die Risiken des Tabakkonsums glaubhafter machen.

In Australien gibt es die bebilderten Zigarettenschachteln schon seit 2012, die Erfahrungen sind positiv: Laut der Fachzeitschrift „Medical Journal of Australia“ steigt die Zahl der Raucheraussteiger seither stark an. Australien hat mit nur 16 Prozent eine der niedrigsten Raucherquoten weltweit.

Überzeugte Raucher in Deutschland, die sich die Lust am Rauchen nicht verderben lassen wollen, haben in der Zwischenzeit schon einen Weg gefunden, den Schockbildern aus dem Weg zu gehen: Hersteller von Zigarettenetuis erwarten in naher Zukunft einen Verkaufsboom ihrer Metallschachteln.