Christoph Sonntag. Foto: Promo

Die SWR 3 Live Comedy Tour ist Christoph Sonntags zehntes Soloprogramm – zu erleben noch an diesem Samstag, Sonntag und Montag im Theaterhaus Stuttgart.

Die SWR 3 Live Comedy Tour ist Christoph Sonntags zehntes Soloprogramm – zu erleben noch an diesem Samstag, Sonntag und Montag im Theaterhaus Stuttgart.

Stuttgart - In einer Zukunft, die Christoph Sonntag gesehen hat, heißt der Stuttgarter Schlossplatz nicht mehr Schlossplatz, sondern Kretschmannplatz. Und Sonntag nicht mehr Sonntag, sondern Kretsch. Er steht da, er ist ein Denkmal, seine Haare sträuben sich himmelwärts, er zieht den Kiefer kräftig nach unten, spricht sehr breit und zitiert natürlich Hanna Arendt. Nicht weit von ihm steht die Statue des kleinen Nils, den Kretsch noch nicht ganz zu den Erwachsenen zählen will, und jene des Stefan Mappus, dessen politischem Ungeschick er eingestandenermaßen den eigenen Ruhm verdankt. Allesamt empören sie sich über die Tauben, die über den Stuttgarter Schlossplatz flattern und die, auch dies räumt Kretsch nachdenklich ein, Politikern insofern gleichen, als sie den Bürgern nur aus der Hand fressen, solange sie am Boden umherhüpfen.

Christoph Sonntag präsentiert am Freitagabend im Theaterhaus sein neues Programm, und der größte Saal dort ist ausverkauft. Den Schlossplatz ließ Sonntag sich für diese Premiere in aller Pracht auf die Bühne stellen: Nach beiden Seiten fächern sich die königlichen Hausfassaden auf, golden schimmernd. Oft, sagt Sonntag, begebe er sich nach Einbruch der Dunkelheit auf diesen Platz, um dort nach Inspiration zu suchen. Zu seiner Rechten auf der Bühne befindet sich ein Modell des Schlossplatzbrunnens – lässig lehnt er sich daran und fischt ein Bier heraus. Nun weiß man also auch, wie er das macht.

An diesem Abend im Theaterhaus erlebt man, wie Christoph Sonntag sich allmählich in große Form spielt. Nicht, dass er nicht auch den einen oder anderen echten Kalauer auf Lager hätte – Witze über Deutsche, Italiener, Franzosen, Polen und Rettungsboote kennt man ja auch von den Stammtischen. Sonntags Stärke aber liegt im Auftritt, im Schwung, mit dem er auf die Bühne springt: in weißem Hemd und schwarzem Anzug, stets ein gewinnendes Grinsen im Gesicht. All das, was man dem Schwaben gemeinhin abspricht, besitzt Sonntag im Übermaß: Charme, Energie, Beredsamkeit, gesundes Selbstbewusstsein und Lebensfreude. Dennoch bleibt er dabei immer auch der grantige Stänkerer, der daherschwätzt – eben so, wie dem Volk der Schnabel gewachsen ist.

Er kann aber auch anders. Der Mittelteil der Schlosskulisse entpuppt sich als Leinwand, auf der man den Kabarettisten einmal als grellen Transvestiten sieht, der kräftig für eigene CDs und Bücher wirbt. Auf der Leinwand erscheinen auch bizarre Haustierfotos. Zwischendurch verschenkt Sonntag sein Bier, lässt einen 100-Euro-Schein von Zuschauer zu Zuschauer reichen, versucht ein Paar in der ersten Reihe zu unterwandern und entdeckt seine weiße, reine Seite. Vor der allerdings muss man auf der Hut sein, denn sie ist rabenschwarz. In weißem Anzug und mit Geige singt Christoph Sonntag einen frohen Schlager, in dem er einen Betrüger verdrischt und ausweidet. Dass er dabei strahlt wie ein Weihnachtsbaum, versteht sich von selbst. Schließlich tobt er davon, fröhlich winkend, verschwindet durch den Notausgang.