Friedhelm Illg ist der Vorsitzende des Weinbauvereins. Foto: Gottfried Stoppel

Seit 44 Jahren kann der Wein beim Zehnteles-Schlotzer-Spaziergang in Remshalden dort probiert werden, wo er wächst. Bei Friedhelm Illg, dem Vorsitzenden des Weinbauvereins, drehen sich Beruf und Freizeit um die Arbeit im Weinberg.

Sommerserie - Friedhelm Illg wohnt inmitten der Landschaft, ohne die er nicht leben möchte. Von der Haustür sind es nur ein paar Schritte über die Straße und schon steht der Grunbacher zwischen den Weinreben. „Wahrscheinlich war ich schon im Wengert dabei, bevor ich laufen konnte“, erzählt der 53-Jährige. Die Großeltern haben bereits Weinbau im Remstal betrieben, die Eltern ebenfalls und nun bewirtschaften Friedhelm Illg und seine Geschwister die Reben auf einer 1,5 Hektar großen Fläche. „Alleine würde ich das garnicht schaffen“, erzählt der Vorsitzende des Weinbauvereins Remshalden.

Denn Illg ist Winzer im Nebenerwerb und liefert seine Weine bei der Genossenschaft Remshalden-Schorndorf ab – so wie die allermeisten Mitglieder des Vereins, der Mitte August seine traditionelle Weinprobe in den Weinbergen, den „Zehnteles-Schlotzer-Spaziergang“ ausrichtet.

Pioniere aus dem Remstal

Solche lauschigen Weinproben, Weinrundgänge oder -wanderungen zwischen den Reben gibt es mittlerweile zuhauf in der Region Stuttgart. Doch die Remshaldener Weinbauern dürften mit die ersten gewesen sein, die sich diese Art der Veranstaltung ausgedacht haben. „Aus Erzählungen weiß ich, dass sich die alten Wengerter zusammengesetzt und überlegt haben, wie sie Werbung für ihren Wein machen könnten“, erzählt Illg. Sein Opa sei mit dem Fuhrwerk über den Schurwald gefahren, um den Wein in den Gasthäusern zu verkaufen. Doch diese Zeiten seien vorbei gewesen – man wollte die Kunden direkt ansprechen.

Angefangen habe dann vor 44 Jahren alles ganz einfach: mit ein paar Bierbänken, einem Dach am Traktoranhänger und einem kleinen Vesper. Die vier verschiedenen Standorte habe es allerdings von Anfang an gegeben. „Inzwischen gibt es dazu aber Crèpes und Flammkuchen, im Backhaus wird Salzkuchen für das Fest gebacken“, berichtet Illg. Und die Veranstaltung zieht nicht nur Publikum aus dem Ort, sondern aus der ganzen Region an, von Böblingen bis Göppingen. „Es ist halt schon etwas Besonderes, den Wein dort zu probieren, wo er wächst. Und die Aussicht wird auch von vielen geschätzt“, erzählt Illg. Bei klarem Himmel könne man in der Ferne sogar die Vogesen ausmachen.

Freude am Wachsen der Reben

Das heimische Landschaftsbild und die Kulturlandschaft zu erhalten, das ist eine der Motivationen, warum Friedhelm Illg sich dem Weinbau verschrieben hat. „Außerdem fühle ich mich der Natur sehr verbunden. Mir macht es große Freude zu sehen, wie die Reben wachsen“, erzählt er. Spannend sei es, wie sich der Stock jedes Jahr – je nach Witterung – anders entwickeln würde. „Dieses Jahr sind wir sehr früh dran, deswegen wird man bei der Weinprobe schon viele blaue Beeren sehen“, sagt er.

Die Begeisterung für den Weinbau hat schließlich dazu geführt, dass Friedhelm Illg nach der Schule eine Ausbildung zum Weinbautechniker absolviert hat. Seit vielen Jahren arbeitet er bei der Remstalkellerei. Zunächst war er im Versuchsweinberg in Schorndorf tätig, wo neue Sorten angebaut und getestet wurden. Nachdem dieser nicht mehr bewirtschaftet wurde, wechselte er in den Keller und betreut seitdem den Ausbau der Weine. Damit schließt sich ein Kreis: Auch die Trauben, die er in seiner Freizeit erntet, landen über die Genossenschaft in den Fässern der Remstalkellerei.

Tagsüber im Keller, abends im Weinberg

„Nach einem ganzen Tag im Keller gehe ich sehr gerne noch nach draußen in den Weinberg. Und ich bin einfach nicht der Typ, der sich in den Garten legt – auch wenn ich sogar einen dafür hätte“, sagt er und lacht. Und wenn dann auch die Arbeit im Weinberg erledigt ist, dann wird im Hause Illg abends gerne ein Fläschchen Wein geöffnet – auch das gehört zum Gesamtpaket dazu. Was er am liebsten in seinem Glas hat? „Ich mag die trockenen Weißweine. Einen Riesling oder einen grauen Burgunder“, erzählt Illg.

Sich mit einem eigenen Weingut selbstständig zu machen, das habe allerdings nie zur Debatte gestanden. Denn für Friedhlem Illg gibt es doch auch ein Leben außerhalb der Weinberge: „Ich spiele im Posaunenchor, ich schaue meinem Sohn gerne beim Handball zu“, sagt er. Die Familie dürfe nicht zu kurz kommen.

Und letztendlich ist er mit der bestehenden Situation zufrieden: „Ich bin von dem Konzept der Genossenschaft überzeugt“, sagt Illg. Deswegen hofft er auch, dass die Genossenschaft und der Weinbauverein in Remshalden weiterbestehen: „Wir haben zwar ein paar jüngere Mitglieder im Verein, aber es ist mit dem Nachwuch schon schwieriger geworden“, sagt. Etwa 48 Hektar werden von der Genossenschaft Remshalden-Schorndorf gepflegt: „Immer weniger Mitglieder bewirtschaften die gleiche Fläche“, sagt er. Ob die Weinbautradition in seiner Familie weiterbesteht, das kann Friedhelm Illg noch nicht sagen. „Es würde mich natürlich freuen. Aber wir werden unsere Kinder sicher nicht zwingen. Zumindest die Arbeiten mit dem Schlepper machen aber meinem Sohn und meinem Neffen großen Spaß“, sagt er.

Weinprobe in den Weinbergen

Organisatorisches
Die Weinprobe beginnt am Samstag, 19. August, um 16 Uhr und am Sonntag, 20. August, um 11 Uhr. Ausgeschenkt wird an vier Ständen. Am Stand 4 gibt es am Sonntag einen Gottesdienst im Grünen. Wer das ein oder andere Zehntele schlotzen möchte, der kann mit der S-Bahn anreisen, der nächste Bahnhof befindet sich in Grunbach. Geparkt werden kann an der Bergstraße, aber auch auf den Wanderparkplätzen in Richtung Buoch.

Weine
Ausgeschenkt werden Weine der Remstalkellerei, allerdings vor allem Tropfen, die in Remshalden und Schorndorf angebaut worden sind. Eine Spezialität ist unter anderem der Grunbacher Klingle Grauer Burgunder, der Grunbacher Klingle Riesling oder der Grunbacher Berghalde Trollinger.