Stadtteilmanagerin Mareike Merx (links) und Ines Aufrecht, Wirtschaftsförderin der Landeshauptstadt Stuttgart, in der Untertürkheimer Widdersteinstraße. Foto: Sigfried Baumann

Seit zehn Jahre unterstützt das Stadtteilmanagement die Gewerbe- und Handelsvereine in den Stadtbezirken beim Kampf gegen Trading-Down-Effekte in den Ladenzentren.

Neckarvororte - Handel ist Wandel, das Sprichwort gibt es schon seit Jahrzehnten. Allerdings geht der Wandel im Computerzeitalter immer schneller. Themen wie Onlinegeschäfte und Shoppen auf der grünen Wiesen nahmen dabei nach der Jahrtausendwende so richtig Fahrt auf und führten in vielen Einkaufsstraßen zu den sogenannten Trading-Down-Effekten. „In Stuttgart mit seinen prägenden Stadtbezirken und kleinen Einkaufszentren war diese negative Entwicklung offensichtlicher, als in anderen deutschen Großstädten“, erinnert sich Ines Aufrecht, Wirtschaftsförderin der Landeshauptstadt Stuttgart. Damals vernahmen Rathausspitze und Gemeinderat laute Hilferufe von den Einzelhändlern – vor allem aus dem Neckartal. Hier blickte man neidisch auf die Stuttgarter Innenstadt, die mit Hans H. Pfeifer einen agilen Citymanager mit relativ großzügigem Budget besaß.

Hilfe für die Gewerbe- und Handelsvereine

Die Rufe blieben nicht ungehört und der Gemeinderat wurde aktiv. 2008 war es soweit – die Geburtsstunde des Stadtteilmanagements, das damals noch Stadtteilmarketing genannt wurde und in seiner Arbeitsweise bundesweit einmalig war. „Blickt man auf die vergangenen zehn Jahre zurück, so sind wir auch heute noch führend“, sagt Ines Aufrecht. Wobei das Geleistete nicht immer für Außenstehende sichtbar sei. „Wir informieren, geben den Gewerbe- und Handelsvereinen Hilfe und kümmern uns um wichtige Themen wie Leerstand“, erklärt die Wirtschaftsförderin. Dabei sah man sich von Anfang an als Brückenbauer zum Gemeinderat und als Lotse durch den Verwaltungs-Dschungel. Ein Netzwerker, der Einfluss hat und über Kontakte verfügt.

Wie wichtig die sind, wurde beim Streit mit Verdi um die verkaufsoffenen Sonntage deutlich. Wie dieser Kampf ohne den Einsatz der Verantwortlichen des Stadtteilmanagements wohl ausgegangen wäre? Auch dass in Uhlbach durch das Installieren eines Wochenmarkts die Nahversorgung nicht ganz den Bach hinunter ging, darf sich das Stadtteilmanagement auf die Fahne schreiben. Und eine Aktivität in Untertürkheim sorgt sogar bundesweit für Aufsehen. Hier war es gelungen, die Hauseigentümer für das neue Gesetz zur Stärkung der Quartiers-Entwicklung durch Privatinitiative zu gewinnen. Ein Erfolg, den es in keiner anderen Stadt Deutschlands bisher gibt und der auch auf das Mitwirken von Mareike Merx zurückzuführen ist.

Enger Kontakt zu den Bezirksvorstehern

Die 37-Jährige hat vor dreieinhalb Jahren ihre Arbeit als Stadtteilmanagerin aufgenommen und unterstützt seitdem Torsten von Appen, der damals allein für 23 Stadtbezirke zuständig war. Mareike Merx kümmert sich jedoch ausschließlich um die Oberen und Unteren Neckarvororte sowie Münster und Bad Cannstatt.

Zu ihren Aufgaben zählen unter anderem Jour Fixes mit den Bezirksvorstehern und den Vorsitzenden der Handels- und Gewerbevereine. Inzwischen gibt es sogar auch ein Branchenbuch für die ansässigen Unternehmen sowie ein Angebot für eine zweistündige kostenlose Onlineberatung. „In Zusammenarbeit mit dem Cannstatter Bezirksamt und dem lokalen Einzelhandel ist es uns gelungen, den Abendmarkt als feste Veranstaltungsgröße zu etablieren“, sagt Mareike Merx. Und seit diesem Jahr dürfen sich auch die Untertürkheimer mit dem Feierabendmarkt immer donnerstags über eine wohltuende Ortskernbelebung erfreuen.

„Unsere Maßnahmen zielen darauf, die Stadtbezirke für den Kunden attraktiv zu machen“, so Merx. In Münster sei dies durch die seit Jahren geforderten Hinweistafeln auf die lokale Geschäftswelt gelungen und in Mühlhausen lockt die Abendschau. Eine Veranstaltung des Bundes der Selbstständigen, der drei- bis viermal pro Jahr zu einem Spaziergang durch die fünf Stadtteile mit Betriebsbesuchen einlädt. Doch auch Hedelfingen und Wangen hat sie auf ihrer Agenda, ist regelmäßig vor Ort und berät die Einzelhändler und Gewerbetreibenden.

Einstimmige Vertragsverlängerung

Wie groß die Wertschätzung ihrer Arbeit in sieben grundverschiedenen Stadtbezirke ist, erfuhr Mareike Merx im vergangenen Jahr. Im Zuge der Haushaltsberatung und ihrer Vertragsverlängerung gaben sämtliche Bezirksbeiräte sowie Gewerbe- und Handelsvereine grünes Licht. „Die Chemie stimmt“, ist sich die 37-Jährige sicher, die jedoch weiß, dass ihre Arbeit auch in Zukunft nicht leichter wird. Denn allzu schnell ändern sich die städtebaulichen Rahmenbedingungen in der Landeshauptstadt, die stimmen müssen und wichtig für einen funktionierenden Einzelhandel sind. Einen speziellen Wunsch hat sie nicht: „Ich hoffe jedoch, weitere Mitstreiter zu finden, die sich für ein attraktives Stadtteilzentrum einsetzen.“