Der zehnte Geburtstag des Mercedes-Benz-Museums wurde am Wochenende gebührend gefeiert. Foto: 7aktuell.de/Friedrichs

Eintritt frei! Klassiker raus! 23.000 Besucher haben dem Mercedes-Benz-Museum zum zehnten Geburtstag gratuliert. Mit PS, Paraden und Programm zeigte das Museum, dass es eigentlich zeitlos ist. Unsere Eindrücke.

Stuttgart - Zwei Tage Vollgas für einen zehn Jahre alten Tempel für rollende Wahrzeichen der Automobilgeschichte. Der Andrang ist nicht so groß wie bei der Motorsportshow Stars & Cars – doch leidenschaftliche Fans kommen von weither.

Ein echter Liebhaber: Zehn Jahre lang ist Adolf Sitar von Slowenien nach Schweden gefahren. Zehn Jahre hatte Sitar den Besitzer eines Mercedes 170 S aus dem Jahr 1950 bedrängt, ihm diesen Wagen in Beige zu verkaufen. Weltweit wurden nur 830 Stück produziert, sagt Sitar, ein Traum. Und dann, auch das ist jetzt zehn Jahre her, „habe ich ihn endlich bekommen“. Über den Kaufpreis schweigt das Vorstandsmitglied des Mercedes-Benz-Clubs Slowenien. Er streichelt über die Ledersitze, übers Lenkrad. 52 PS, 122 km/h Spitze, Verbrauch zwölf Liter auf 100 Kilometer, Kilometerstand 143 047. „Und alles funktioniert wie am ersten Tag“, sagt er stolz. Der Motor. Der Klappblinker. Auch die Heizung und Kühlung – aber anders: Links nur heiß, rechts nur kalt. Der Kofferraum hinten fasst drei Koffer für die Frau, eine Schuhschachtel für den Herrn.

Der Herr des Zeitlosen: HG Merz ist zufrieden. Zehn Jahre sind für ein Museum normalerweise eine lange Zeit. „Eigentlich müsste man dann was Neues machen“, sagt der Architekt und Museumsgestalter. Doch nicht bei Mercedes-Benz: „Das Konzept mit den Kabinetten ist genial, das ist zeitlos.“ Weil die Exponate in ihrer jeweiligen Zeit verbleiben und nicht vom Zeitgeist überrollt werden. Eine Daimler-Tugend, sagt Merz: „Nachhaltigkeit und Langlebigkeit.“ Freilich: Auch Museen werden sich ändern. Das geplante Museum in Peking etwa – da gibt es ein anderes Konzept. „Viel schneller“, sagt Merz. Mit vielen Fotopunkten, für Selfies. Freilich: Wann der Baustart in Peking sein wird, wissen die Götter. Die Mühlen chinesischer Behörden mahlen bei den Grundstücksverhandlungen langsam. Ganz langsam. Oder sollen wir etwa sagen: zeitlos?

Die Kraft des Wetters: Regengüsse am Mittag haben das Jubiläumswochenende ein bisschen verhagelt. Die Parade der Mercedes-Fahrzeuge gerät etwas unter die Waschanlage. „Der Samstag brachte knapp 13 000 Besucher“, sagt Museums-Sprecherin Friederike Valet. Zum Vergleich: An normalen Samstagen sind es etwa 1500 bis 2500. Am Sonntag strömten nach ihren Zählungen etwa 10 000 Besucher zum Museum.

Markenbotschafterin Grace Capristo ist auch dabei

Der Charme des Unvollendeten: Der Mercedes C 111 ist ein Sportwagen von 1969, aber so zeitlos, dass er auch heute noch als moderner Renner durchgehen würde. „Leider ist er nie in Serie gegangen“, sagt der einstige Rennfahrer Roland Asch, der den gelben Wagen in der V8-Motor-Version fahren darf. „Die Leute hätten damals sicher das Doppelte gezahlt.“ Das Experimentalfahrzeug mit Keilform und Flügeltüren fährt sich noch immer „total harmonisch“. Ein Problem gibt es allerdings: Die Fahrerscheibe lässt sich nicht runterkurbeln. Es gibt nur eine kleine Fensterklappe hinten. Asch, der Mann aus Ammerbuch, lacht: „So könnte man an keiner Parkhausschranke ein Ticket ziehen.“ Doch wer würden den C 111 schon im Parkhaus verstecken wollen?

Die Parade der Ikonen: 39 Fahrzeuge bilden die Parade der Mercedes-Legenden vor dem Museum. Ex-Rennfahrer Jochen Mass steuert den Simplex aus dem Jahr 1904. Alles ist anders: Fünf Fußpedale, davon zwei fürs Bremsen, links und rechts. Statt Armaturenbrett gibt es reagenzgläsergroße Pfeifen für die Zufuhr der Schmierstoffe. Und die Bremsen? „Beim Bremsen“, sagt der 69-Jährige, „muss man etwas vorplanen.“ Mit auf der Strecke sind auch die Altmeister Hans Herrmann, Dieter Glemser, Karl Wendlinger, Klaus Ludwig – und Ellen Lohr. Ja, eine Frau.

Das Los der Frauen: Was würde denn Jutta Benz, die Urenkelin des Autobauers Carl Benz, an dem Museum ändern, wenn sie könnte? „Meine Urgroßmutter Bertha Benz, die erste Frau am Steuer, mehr in den Vordergrund rücken“, sagt sie. Frauen kämen in der Automobilbranche seit jeher zu kurz. „Die müssten mehr in führende Positionen“, fordert Jutta Benz. Immerhin: Die Geschäftsführung des Museums besteht seit wenigen Monaten aus einer weiblichen Doppelspitze: Monja Büdke und Alexandra Süß.

Das Sternchen unterm Stern: Diese junge Dame mit dem kleinen Schwarzen und den High Heels passt zu dem AMG-Mercedes GTS wie maßgeschneidert. Manche kennen Grace Capristo als einstige Sängerin Mandy des Frauentrios Monrose, manche als zeitweise Freundin des Fußballnationalspielers Mezut Özil. Jetzt ist sie Mercedes-Botschafterin – und der Schwarm der Autogrammsammler. Vor ihrem Bühnenauftritt verrät sie: „Ich bin ein heimlicher Rennfahrer.“ Sie fährt mit ihrem Coupé gerne so dynamisch wie Louis Hamilton. Aber sie ist auch Frau. Und Frauen wollen von Autos etwas anderes: „Ein besseres Innendesign“, sagt sie. „Frauen haben viel zu viel Zeug dabei, für das es keine Ablagefächer gibt.“ Sie muss es wissen. Ihre Mama, sagt sie, schafft seit 40 Jahren beim Daimler.