Das ZDF-“Traumschiff“ mit Kapitän Florian Silbereisen steuert Marokko an. Foto: dpa/Dirk Bartling

Das „Traumschiff“ stand schon immer für eine Welt, die es so eigentlich nicht gibt: Nur freundliche Menschen, wunderschöne Landschaften – und immer ein Happy End. In Corona-Zeiten aber ist es fast ein Paralleluniversum.

Mainz/München - Die neue Episode des ZDF-„Traumschiffs“ beginnt wohl mit einer Lüge – oder gleich zwei, genau genommen. „Marokko – eine meiner absoluten Traum-Destinationen“, sagt Hotelchefin Hanna Liebhold (Barbara Wussow) in dem ersten Satz, der in der neuen Folge fällt. Wortgleich wiederholt ihn kurz darauf der Schiffsarzt Wolf Sander („Herr Kaiser“ Nick Wilder).

Marokko, eine Traumdestination? Klar, das nordafrikanische Land hat wunderschöne Strände, eine sagenhafte Wüstenlandschaft und mit Marrakesch den Traum von 1001 Nacht schlechthin. Aber mal ehrlich: Das „Traumschiff“ war - inklusive Liebhold und Doc Sander - gerade erst auf Antigua und in Kolumbien.

Florian Silbereisen zum dritten Mal als Kapitän

Marokko, das ging bislang doch auch ganz ohne Luxus-Dampfer von Deutschland aus in ein paar Stunden mit dem Billigflieger – oder pauschal. All inclusive nach Agadir war fast gleichbedeutend mit Mallorca. So nah an Deutschland wie Marokko war kein „Traumschiff“-Ziel mehr seit Ägypten im Jahr 1993 oder Norwegen noch ein Jahr davor.

Doch es hat sich viel getan in den vergangenen Wochen: In atemberaubender Geschwindigkeit sind Kreuzfahrtschiffe in der öffentlichen Wahrnehmung heute eher Brutstätten für das Coronavirus als ein „Traumschiff“ geworden.

„Marokko ist ein sehr faszinierendes und vielseitiges Land“, sagt Florian Silbereisen, der in der neuen Episode zum dritten Mal als Kapitän in See sticht. „Man hat dort den Atlantik, genauso aber mit dem Hohen Atlas ein unglaubliches Bergpanorama. Hinzukommen die pulsierenden Städte, allen voran Marrakesch mit seinen Souks und dann noch die Wüste und die spektakulären Sanddünen, in denen wir mit Snowboards gedreht haben. Also für mich war Marokko ein wirklich spektakuläres Traumschiff-Land.“

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Eigentlich hätte Silbereisen inzwischen auch in Panama drehen sollen. „Aber dazu kam es auf Grund von Corona nicht mehr“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Viele Kolleginnen und Kollegen waren bereits an Board, aber ich durfte nicht mehr einreisen. Wann und wie wir die Dreharbeiten nachholen können und dürfen, weiß ich noch nicht.“

Der Kapitän, der den Tag rettet

Und so scheint inzwischen auch Marokko, das viele Jahre von Deutschland aus so problemlos erreichbar war wie Paris oder London, mindestens so weit entfernt wie Australien. Sich mit Tausenden von Menschen durch die engen Souks von Marrakech zwängen, Minz-Tee trinken in überfüllten Cafés und Restaurants - in Corona-Zeiten ist das derzeit undenkbar.

Doch das „Traumschiff“ wäre ohnehin nicht das „Traumschiff“, würden die Macher sich um die Orte, an denen es gedreht wird, allzu viele Gedanken machen. Junge Liebe, alternde Menschen, die wieder zusammenfinden, dazu wahlweise ein kleiner Kriminalfall oder eine gescheiterte Intrige (oder beides) und der Kapitän, der den Tag rettet – all das klappt doch seit Jahrzehnten überall auf der Welt von Bali über Südafrika bis nach Hawaii.

In der neuen Episode ist das junge Liebespaar die afrikanische Prinzessin Lilani (Michaela Saba), deren genaue Herkunft nie genannt wird, wohl um etwaige geopolitsche Unstimmigkeiten im Keim zu ersticken – und der Fitnesstrainer Lennart („Sex ist überbewertet – ich steh eh mehr auf Kuscheln“, Tommy Schlesser). Frei nach dem Motto: „Das, was das schwedische Königshaus kann, können wir schon lange.“

Ein Hauch von Politik auf dem „Traumschiff“

Die Rettungsaktion ist diesmal so undramatisch, wie sie nur sein könnte. Kapitän Max Parger (Florian Silbereisen, der auch in seiner dritten Folge nicht leugnen kann, dass er eigentlich Showmaster ist und kein Schauspieler) hilft Hotelchefin Hanna auf, nachdem sie mit einem Snowboard-ähnlichen Gefährt marokkanische Sanddünen hinuntergefahren und dabei gestürzt ist. Achtung, Spoiler: Sie hat danach schlimm Muskelkater.

Außerdem gibt es noch eine Kunstexpertin (Anja Antonowicz), die wertvolle Originale mit an Bord nimmt und dann von einem hinterhältigen Kunstfälscher getäuscht wird (der Kriminalfall) und einen fiesen Bord-Fotografen (Jaime Ferkic, der Intrigant), der der Prinzessin auflauert und seinen latenten Rassismus auslebt.

Da versteht selbst der Showmaster-Kapitän keinen Spaß mehr: „Mit rassistischen Randbemerkungen spaßen wir hier an Bord nicht, ist das klar?“ Ein Hauch von Politik im „Traumschiff“-Romantik-Gemenge.

Der Lichtblick in dieser noch zäher als sonst daherkommenden Masse aus Kitsch und Fernweh ist tatsächlich – wie so oft – das alternde Paar. Jutta Speidel und „Bayer auf Rügen“ Wolfgang Fierek spielen das ehemalige Schlager-Duo „Rosi und Roy“ und tatsächlich ein bisschen mit der Erwartungshaltung des alteingesessenen ZDF-Publikums. Erfrischend!

Von Rosi kommt dann auch der mit Abstand beste Satz dieser „Traumschiff“-Folge. Wie denn die Wüste gewesen sei, will der Schiffsarzt von ihr wissen. Und sie antwortet trocken: „Wüst! Und es gibt definitiv zu wenig Kamele!“