Das ZDF zeigt in „37 Grad“ Erwin, der gern auf seinem Mofa unterwegs ist. Foto: dpa/Thomas Henk Henkel

Die ZDF-Reportage-Reihe „37 Grad“ feiert Geburtstag: Seit 25 Jahren bietet das Zweite jeden Dienstagabend einen Einblick in die soziale Wirklichkeit des Landes, beschreibt Menschen und ihren Alltag. Das kommt bei den Zuschauern sehr gut an. Was ist das Geheimnis?

Mainz - Am liebsten fährt Erwin mit seinem kleinen Mofa durch das Sauerland oder sitzt bei den Eseln im Stall. Zu seiner Wohngemeinschaft im nordrhein-westfälischen Brilon (Hochsauerlandkreis) gehören sieben weitere Senioren, die Familie Müller – und 17 Tiere. Der 82-Jährige lebt auf einem ehemaligen Bauernhof.

Wie sieht dieses Leben aus? Dieser Frage geht die Autorin Sibylle Smolka in ihrem Film „Bauernhof statt Altersheim – Alt werden zwischen Hahn und Esel“ nach. Das ZDF zeigt die Reportage in der „37 Grad“-Reihe am Dienstag (8. Oktober 2019, 22.15 Uhr). Der Film ist der Auftakt für eine dreiteilige Reihe unter dem Titel „#wasunsbewegt“ zum 25. Jubiläum der Sendereihe. Anschließend zeigt der Mainzer Sender „Die lange 37°-Nacht“ mit ausgewählten Filmen der vergangenen Jahre.

Auf dem Bauernhof gibt es Hilfe nach Maß

Angesichts der Pflegesituation in Deutschland habe sich die Redaktion nach Alternativen umgesehen, berichtet „37 Grad“-Redakteurin Marina Fuhr. In den Niederlanden oder Skandinavien sei das Konzept, auf nicht mehr bewirtschafteten Bauernhöfen ältere Menschen zu betreuen, schon länger etabliert. In Deutschland existieren Fuhr zufolge mittlerweile 25 derartige Einrichtungen. „Die Gemeinschaft steht hier ganz klar im Vordergrund“, erklärt die Redakteurin.

Manche Bewohner kochen selbst, andere essen im Gemeinschaftsraum oder bekommen ihre Mahlzeiten aufs Zimmer. Wieder andere entscheiden sich für das Rundumpaket. Dann wird auch die Wäsche gewaschen, der Papierkram erledigt oder geputzt. Die Senioren gehören quasi zur Familie, wird jemand zum Pflegefall, kommt ein ambulanter Pflegedienst hinzu.

Eine der ältesten Reihen im deutschen Fernsehen

Ein solcher Blick in eine ganz eigene Lebenswelt ist typisch für die „37 Grad“-Reihe, deren Titel für die Fieberschwelle des Menschen und damit für existenzielle Situationen steht. Alles begann im November 1994 mit einer dreiteiligen Reihe zum Thema Grenzen. In den folgenden 25 Jahren wurden mehr als 950 Filme im ZDF ausgestrahlt.

Ursprünglich war das Format eine Art Kulturreportage, wie Peter Arens, Leiter der Hauptredaktion „Geschichte und Wissenschaft“, berichtet. „Alles drehte sich um die Kultur des Lebens und wie wir miteinander umgehen sollten.“ Zu Beginn waren es häufiger Autorenfilme als heute, die Filmemacher und ihre Sicht auf die Welt hatten ein starkes Gewicht. Heute sei „37°“ ein „radikaler Blick auf die soziale Realität des Menschen.“

Schwere Themen, gute Quoten

Bestückt wird der Sendeplatz von den ZDF-Redaktionen „Kirche und Leben“ sowie „Terra X“. Neun Redakteure betreuen das halbstündige Format.

Trotz der vermeintlich schweren Themen wie Krankheit, Alter oder Tod erreicht „37°“ ein vergleichsweise großes Publikum. 2018 verfolgten nach ZDF-Angaben durchschnittlich 2,22 Millionen Zuschauer die Filme, was einem Marktanteil von zehn Prozent entspricht. „Das ist die erfolgreichste wöchentliche Reportage im deutschen Fernsehen“, sagt Arens. Verschiedenste Fernsehpreise bis hin zum Grimme-Preis kamen in der Zeit zusammen.

Die sozialen Medien Facebook und Instagram gehören mittlerweile dazu. „Facebook ist ein gutes Barometer für uns geworden, wie unsere Filme ankommen und ob Themen kontrovers diskutiert werden“, erklärt Arens. In Zukunft will er noch stärker Menschen sehr verschiedener Milieus zu Wort kommen lassen. Denn das Team sieht sich als Chronist und nicht als Kritiker: „Wir beobachten die Menschen und lassen sie zu Wort kommen“.