Thelma Buabeng ist Schauspielerin und deckt in ihrem neuen Film eine Mordserie auf. Foto: ZDF/Christine Schroeder

Thelma Buabeng spielt die Hauptrolle im ZDF-Fernsehfilm „Die Polizistin und die Sprache des Todes“. Sie berichtet über Rassismus im Job und erzählt von ihren Traumrollen.

Sie ist schlagfertig und handelt klug, als Fallanalystin des Bundeskriminalamts (BKA) schreckt sie auch vor gefährlichen Aktionen nicht zurück. Aber auch Vorurteile muss sie als schwarze Polizistin über sich ergehen lassen – Gloria Acheampong bewahrt jedoch stets die Ruhe und lässt sich nicht kleinreden. Die Schauspielerin Thelma Buabeng verkörpert die Kommissarin im ZDF-Fernsehfilm „Die Polizistin und die Sprache des Todes“, der am Montag, 30. September um 20.15 Uhr im Fernsehen läuft. Im Interview verrät sie, was sie an der Rolle begeistert und weshalb ihr Empowerment so wichtig ist.

 

Frau Buabeng, Sie haben ein eigenes Comedy-Projekt mit dem Titel „Tell Me Nothing From The Horse“ und nun spielen Sie eine BKA-Fallanalystin. Das sind zwei sehr gegensätzliche Formate. Was fällt Ihnen denn leichter: komische oder ernste Rollen?

Definitiv die komischen Rollen. Für mich war das schon eine Herausforderung, die Rolle der Gloria Acheampong so ernst durchzuziehen, weil ich selbst ganz anders drauf bin. Ich habe mit Regisseur Lars Becker darüber gesprochen, ob wir nicht auch das lustige „Thelma-Profil“ mit reinbringen wollen, uns aber am Ende dagegen entschieden. Es war etwas ganz anderes, eine eher trockene Person zu verkörpern.

Ihre Laufbahn als Schauspielerin begann vor 21 Jahren mit der „Lindenstraße“. Wie wichtig war die Serie für Ihre Karriere?

Sehr wichtig. Liz Baffoe hat dort die Mary und damit das einzige schwarze Vorbild in der „Lindenstraße“ verkörpert. Dass sie als schwarze Frau in einer deutschen Serie mitspielt, fand ich damals krass. Unabhängig davon war die Rolle in der „Lindenstraße“ meine erste Textrolle, da war ich noch grün hinter den Ohren (lacht). Das ist eine wichtige Erfahrung, die ich niemals vergessen werde.

Thelma Buabeng als BKA-Fallanalystin Gloria Acheampong in „Die Polizistin und die Sprache des Todes“. Foto: ZDF/Christine Schroeder

Was würden Sie heute machen, wenn es das „Lindenstraße“-Engagement nie gegeben hätte – hatten Sie neben der Schauspielerei einen weiteren Traumberuf?

Ich denke, dass ich auch ohne meine Rolle in der „Lindenstraße“ zur Schauspielerei gekommen wäre. Tatsächlich denke ich aber manchmal darüber nach, wohin es mich sonst verschlagen hätte. Ich habe unter anderem eine Zeit lang beim Fernsehsender „Viva Plus“ gearbeitet, deswegen denke ich, dass ich im Bereich Medien gelandet wäre. Und dort wahrscheinlich in der Moderation.

Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Hautfarbe bei Castings eine große Rolle spielt?

Klar wird Wert darauf gelegt. Erst seit ein paar Jahren ist es in der Filmbranche besser geworden, davor haben PoC (People of Colour) ausschließlich stereotype Rollen besetzt. Im Vergleich zu früher hat sich in Deutschland einiges verändert, TV-Sender denken nämlich mittlerweile viel mehr darüber nach, wie man schwarze Personen in anderen Rollen einsetzen kann. Das finde ich sehr wichtig.

Was halten Sie von dem Konzept des „Colourblind Castings“, also der Besetzung von Schauspielern, die in der literarischen Vorlage eine andere Hautfarbe haben, oder gar historische Persönlichkeiten verkörpern zu lassen, denen sie aufgrund ihrer Herkunft nicht ähneln? Das ist unter anderem bei der Netflix-Serie „Bridgerton“ der Fall.

Die Amerikaner sind in diesen Sachen einfach viel weiter als wir. Solange nicht alle geschichtlichen Fakten vertauscht werden, funktioniert das meiner Meinung nach auf jeden Fall – „Bridgerton“ ist ein gutes Beispiel dafür. Schauspieler können für alle möglichen Rollen eingesetzt werden – unabhängig davon, welche Hautfarbe eigentlich vorgesehen wäre.

Welche Gemeinsamkeiten haben Sie selbst mit der Fallanalystin Gloria Acheampong, die Sie in dem Film spielen?

Ich würde sagen, dass wir beide Frauen sind, die sich durchbeißen. Für die Rolle habe ich mit einem männlichen schwarzen Polizisten gesprochen. Über Rassismus im Arbeitsalltag und über den Aufstieg im Job. Für eine schwarze Polizistin ist es bestimmt zusätzlich schwierig, sich in einer Männerdomäne durchzuboxen. So wie Gloria musste ich mich eben auch schon im Job rechtfertigen, dass ich alles schaffen kann. Natürlich gleicht sich auch, dass wir beide beruflich viel unterwegs sind.

Und wodurch unterscheiden Sie beide sich am meisten?

Gloria ist viel strukturierter als ich, viel aufgeräumter. Thelma privat ist freier und eher der klassisch künstlerische Typ. Ich muss auch länger über Entscheidungen nachdenken als Gloria.

Was fasziniert Sie am meisten an der Rolle der Gloria?

Sie ist eine studierte Person, die sich hochgearbeitet hat. Ich finde es total interessant, dass sie als Fallanalystin nicht immer in der gleichen Stadt ist, sondern immer dort, wo sie gerade gebraucht wird. Trotz eines durchaus gefährlichen Jobs kümmert sie sich liebevoll um ihren Sohn. Und Gloria ist viel ruhiger im Wesen als ich – das unterscheidet uns beide übrigens auch voneinander.

Sie haben ja schon in vielen Filmen mitgespielt, das ist aber Ihre erste große TV-Hauptrolle. Was war für Sie die größte Herausforderung, in die Rolle einer Polizistin zu schlüpfen, die eine Mordserie aufdeckt?

Ich tendiere häufig dazu, selbst in ernsten Szenen meinen eigenen Charakter einzubringen. Dann möchte ich auch ernsten Dingen mit Humor begegnen oder schlagfertiger reagieren, als es vorgesehen ist. Meine Attitüde nicht einzubringen – das waren die größten Herausforderungen. Natürlich auch, zu lernen, wie man eine Waffe richtig hält und sich damit positioniert.

Thelma Buabeng hat unter anderem bei mehreren Tatort-Folgen mitgespielt. Foto: Imago//Guido Schiefer

Das Thema Rassismus spielt im Film eine zentrale Rolle. Wie stehen Sie zu den Vorurteilen, die Gloria entgegengebracht werden?

Ich denke, dass damit im Film ziemlich realistisch umgegangen wird. Natürlich finde ich es frustrierend, dass man sich als hochprofessionelle Ermittlerin für seine Position und sein Können rechtfertigen muss.

Ist das etwas, das Sie selbst so oder so ähnlich erlebt haben?

Mir ist das als Schauspielerin auch schon passiert, indem ich für stereotype Rollen besetzt wurde, beispielsweise als die Putzfrau oder die Migrantin. Ganz nach dem Motto „Schwarze sollen und dürfen nur diese Rollen spielen“. Da habe ich jedes Mal den Mund aufgemacht und mich gegen diese Klischees gewehrt, habe ganz klar formuliert, dass ich mehr kann. Ich weiß natürlich, dass Gloria in diesem Film eben auch mit Rassismus konfrontiert wird, das verstehe ich. Trotzdem finde ich es generell schade, darauf reduziert zu werden. Ich muss den Menschen nicht erklären, dass es Rassismus gibt. Stattdessen möchte ich Lösungen finden und empowern. Und mit der neuen Vielfalt meiner Rollen möchte ich zeigen, dass es diverse Filmsets gibt.

Mir sind besonders die Szenen im Gedächtnis geblieben, in denen der Bürgermeister Gloria gegenüber kein Geheimnis aus seinen rassistischen Vorurteilen macht. Mich hat dabei die Ruhe der Protagonistin beeindruckt. Sind Ihnen die Szenen schwer gefallen, weil Sie im echten Leben gerne ganz anders reagiert hätten? Oder könnten Sie da, wie Gloria auch, Ruhe bewahren?

Ich glaube, ich hätte in diesen Situationen gerne anders reagiert, insofern ist es mir schon schwergefallen, beim Schauspielern ruhig zu bleiben. Andererseits ist es wichtig, dass Gloria ihren Job konzentriert macht. Es bringt ja auch nichts, sich über jede Kleinigkeit aufzuregen. Schließlich ist sie ruhig und klar geblieben und hat im übertragenen Sinne gesagt: „Bis hierhin und nicht weiter“.

Ihr Weg ist ein beachtlicher: Von der „Lindenstraße“ zum eigenen Comedy-Format und nun als Ermittlerin im ZDF-Fernsehfilm. Gibt es eine „Traumrolle“, die Sie gerne einmal verkörpern würden?

Ich bin ein großer Fan von Science-Fiction und Fantasy. In einem komplett durchgeknallten Comedy-Sci-Fi-Film zu spielen, das fände ich toll. Oder eine Superheldin verkörpern, daran hätte ich auch großen Spaß (lacht).

Gloria ist eine starke und selbstbewusste Frau. Für ihren Job muss jedoch ihr Privatleben immer wieder zurückstecken, besonders für ihren Sohn findet sie nicht immer Zeit. Was denken Sie, wie es mit dem Charakter weitergehen könnte?

Weitergehen wird es auf jeden Fall, so viel kann ich verraten. Ich bin eng im Austausch mit Lars Becker und gespannt auf die neuen Herausforderungen, die auf Gloria zukommen. Beispielsweise sind da die vielen Reisen, die sie durch ihren Job auf sich nehmen muss und durch die sie ihren Sohn oft nicht erreicht. Eine ausgeglichene Work-Life-Balance zu haben ist da schwierig, das werden bestimmt auch viele Eltern aus ihrem Alltag kennen.

Info

Schauspielerin
Thelma Buabeng, geboren 1981 in Ghana, ist Schauspielerin, Moderatorin und Comedian. Ihr Fernsehdebüt feierte sie 2003 in der ARD-Serie „Lindenstraße“, anschließend war sie beispielsweise in mehreren Tatort-Folgen oder im ZDF-Mehrteiler „Das Adlon – Eine Familiensaga“ zu sehen. Die Fallanalystin Gloria Acheampong ist ihre erste große TV-Hauptrolle.

Film
„Die Polizistin und die Sprache des Todes“ ist bereits in der ZDF-Mediathek abrufbar. Am Montag, 30. September, zeigt der Sender den Film um 20.15 Uhr.