Die einen finden’s hübsch, den anderen ist es ein Dorn im Auge: das renaturierte Gelände ist mit Ackerunkraut übersät. Foto: Chris Lederer

Bürger sind verärgert über den Zustand des renaturierten Bereiches am ehemaligen Sportplatz.

Zazenhausen - Die Wüste lebt. Und sie weitet sich aus. Direkt in Zazenhausen am ehemaligen Sportplatz. Dort droht die „Versteppung Zazenhausens“, so befürchtet ein besorgter ortsansässiger Bürger. Seinen Namen will er lieber nicht in der Zeitung lesen, schon gar nicht als Bruddler gelten. Aber trotzdem: „So kann das nicht weitergehen – da verkommt alles!“

„Alles“, das ist die renaturierte Fläche im Süd-Osten des Stadtteils, gleich hinter dem Zazenhäuser Flecken. Viele Jahrzehnte befand sich dort Stuttgarts wohl kleinster Fußballplatz, auf dem Verbandspiele ausgetragen werden durften. Gekickt wird dort schon lange nicht mehr. Im vergangenen Jahr rückten die Bagger an und schaufelten lastwagenweise Erde durch die Gegend. Rund eine Million Euro kostete die Renaturierung des Feuerbachs, Bauabschnitt 6. Und nun? „Schaue ich auf Disteln, wenn ich auf der Bank sitze“, äußert sich der Beschwerdeführer und fügt an: „Das Ufer des Feuerbachs und der Böschungsbereich sind völlig verkommen.“ Selbst wenn es vor allem EU-Mittel gewesen seien, sei es nicht rechtens, das Geld aus dem Fenster zu werfen. „Ich meine, dass in der Summe auch die Pflege der Landschaft inbegriffen war, es ist höchste Zeit, dass gemäht wird.“ Schließlich drohe der Samenflug der Disteln. Und dann – sei die Landschaft vollends „versaut“.

Andreas Bosch vom Garten-, Friedhof und Forstamt sieht die Sache gelassen: „Ich kann die Sorgen der Bürger verstehen, aber das Gelände entwickelt sich ganz normal, so wie wir das erwarten.“ Manche Leute erfreuten sich an den Disteln, manchem seien sie ein Dorn im Auge. Es gebe aber keinen ersten Grund zur Besorgnis, die Sache sei nämlich so: Letztes Jahr ist die Renaturierung fertig geworden. Damals haben die Mitarbeiter des Garten-, Friedhofs und Forstamtes Saatgut auf dem Gelände ausgebracht, das zuvor von den Blumen im Feuerbachtal gewonnen worden war. „Wir haben rund 200 verschiedene Sorten ausgesät“, erklärt Bosch. Im ersten Jahr kämen vor allem die Ackerunkräuter zum Vorschein: Brombeeren, der stumpfblättrige Ampfer oder eben verschiedene Disteln. „Ob das nun schön ist oder nicht, da gehen die Meinungen auseinander – auf jeden Fall werden die Disteln im kommenden Jahr verschwinden, wenn die Samen der zweijährigen Blumen aufgehen“, verspricht Bosch. Es sei völlig normal, dass anfangs erst die Unkräuter zu sehen seien und erst ein, zwei Jahre später die anderen Blumenarten die Oberhand gewännen. „Eine Blumenwiese braucht zwei bis drei Jahre, bis sie in voller Blüte steht.“

Blumenwiese wird drei Mal pro Jahr gepflegt

Die Sache mit den Disteln sei eine Frage der Pflege, stimmt Bosch zu. In der Regel würden bei Wiesen je nach Standort und Art unterschiedliche Pflegemaßnahmen durchgeführt. Rasen würde beispielsweise sechsmal pro Jahr gemäht, ein Reinigungsschnitt auf sehr großen, abgelegenen Blumenwiesen sei nur einmal im Jahr nötig. Die Blumenwiesen wie im Renaturierungsgebiet würden im Normalfall hingegen drei Mal pro Jahr gepflegt: im Juni, im Juli und im Oktober. Weil der Juni in diesem Jahr allerdings zu regnerisch gewesen sei, habe man in diesem Monat auf die Pflegemaßnahme verzichtet. „Es war einfach zu nass. In dem besagten Bereich wurde im Juni überhaupt nicht gemäht, deshalb waren dort mehr Disteln und andere Unkräuter als sonst.“ Die zuständige Firma sei aber bereits angewiesen, den Juli-Schnitt in Angriff zu nehmen und in diesen Tagen an Ort und Stelle im Einsatz.

Insgesamt sei er mit der Entwicklung des Standortes am ehemaligen Sportplatz hoch zufrieden. „Das war der sechste Bauabschnitt, und es werden noch weitere Folgen.“ Dann gilt auch dort für die Anwohner: Erst kommen die Disteln, dann die restliche Blütenpracht.