Die Warnsirenen auf der Gleisbaustelle der Bahn sollen Anfang kommender Woche abgeschaltet werden.
Zazenhausen - Wer momentan am Haltepunkt Zazenhausen steht und auf die Bahn wartet, sollte Gehörschutzstopfen mitnehmen oder seinen MP3-Player lauter machen: Seit Anfang Juni wechselt die Bahn dort Gleise und Weichen aus. Dabei kommt es nicht nur zu Behinderungen im Zugverkehr, sondern auch zu erheblichen Lärmbelästigungen. Vor allem der Ton der so genannten Rottenwarnanlagen fährt in der Nähe stehenden Personen in den Gehörgang. Die müssen sich ihm freilich nur kurze Zeit aussetzen. Anders ist die Lage für die Anwohner der Baustelle, die regelmäßig davon betroffen sind.
„Ich bin ziemlich fertig“, sagt Lina Bergerhoff, die an der Züttlinger Straße in Sichtweite der Strecke wohnt. Gerade bei der momentanen Hitze, bei der man nachts die Fenster offen stehen lassen müsse, wäre die Sirene kaum zu ertragen. Da würden selbst Ohrenstöpsel nicht helfen. An den normalen Zuglärm, so Bergerhoff, habe sie sich längst gewöhnt, der Warnton aber würde Schlaf und Nerven rauben. Sie habe bei der Polizei angerufen, dort wäre ihr erklärt worden, dass die Bauarbeiten genehmigt worden seien. „Ich finde es unverschämt, dass die Anwohner vorher nicht informiert worden sind“, sagt die junge Frau.
Für die geplagten Anwohner hat Werner Graf von DB Mobility Networks Logistics eine gute Nachricht: „Dieses Wochenende wird es Ruhe geben.“ Da die Strecke komplett für die Bauarbeiten gesperrt werde, könne man die Sirene ausschalten, und zwar von Samstag 18 Uhr bis Montag 1 Uhr. Die letzte Einsatzphase der Rottenwarnanlage soll laut Graf in der Nacht von Montag auf Dienstag von 22 bis 5 Uhr erfolgen. Danach seien die Anwohner zwar noch dem Baulärm ausgesetzt, nicht aber der Sirene.
Züge können nicht umgeleitet werden
Grafs Kollege Klaus Hagmann von der DB Netz AG betont, dass Rottenwarnanlagen momentan die einzige technische Möglichkeit seien, Bauarbeiter auf herannahende Züge aufmerksam zu machen. Andere Verfahren befänden sich noch in der Entwicklung. Hagmann erläutert, dass die sicherste Möglichkeit für die Arbeiter
eine Vollsperrung der Strecke sei, was die Bauzeit auch deutlich verkürzen würde. Eine solche Sperrung sei in diesem Fall aber nicht machbar. Rund 200 Züge, die meisten davon im Güterverkehr, würden den Streckenabschnitt täglich befahren, da der Bahnhof Kornwestheim ein wichtiger Knotenpunkt ist. „Die Züge könnten wir nicht alle umleiten, das Streckennetz hat diese Kapazität einfach nicht“, sagt Hagmann. Deshalb müsse der Bau „unter rollendem Rad“, so der Fachjargon, erfolgen.
Klaus Hagmann erläutert einen immer wiederkehrenden Konflikt: Auf der einen Seite stünden lärmgeplagte Anwohner, die sich bei Medien, Politik, Polizei und der Bahn beklagen. Auf der anderen Seite fordere die Bundesnetzagentur, dass die Bahnstrecken so lange wie möglich offen sind. „Wir stehen zwischen Baum und Borke“, beschreibt Klaus Hagmann das Dilemma.
Lautstärke der Sirenen ist gesetzlich vorgeschrieben
Begonnen worden mit den Gleisarbeiten war am 3. Juni, enden sollen sie am 3. Juli. Gut drei Kilometer lang ist die Strecke zwischen Münster und Kornwestheim, auf der ein 200 Meter langer Bauzug und circa 60 Arbeiter im Einsatz sind.
Wie laut die Sirenen sein müssen, ist laut Hagmann gesetzlich vorgeschrieben: Ihr Ton muss mindestens 106 Dezibel oder aber mindestens drei Dezibel lauter als die lauteste Baumaschine sein. Einen Trost hat Werner Graf für Anwohner und Bahnnutzer noch parat: Da die nächsten derartigen Arbeiten auf diesem Streckenabschnitt turnusmäßig erst wieder in 25 bis 30Jahren anstünden, hätten die Zazenhäuser bis dahin Ruhe.