Die Chansonnière Zaz am Samstag auf dem Schlossplatz Foto: Opus/Pfisterer

Wo am Abend zuvor Max Herre Stuttgart-Liebe heraufbeschworen hat, dreht sich heute alles um Paris. Der Ehrenhof wird zur Place de la Concorde, das Neue Schloss zu Versailles, als die französische Chasonnière Zaz mit ihrer grandiosen 14-köpfigen Band aufspielt.

Stuttgart - Ernest Hemingway hat einmal gesagt, Paris lasse niemanden los, der einmal dort gelebt habe. Die Sängerin Zaz, eigentlich Isabelle Geffroy und 2010 mit dem charmanten Ohrwurm „Je veux“ internationale berühmt geworden, kam mit kühnen Träumen aus Tours in die Stadt an der Seine, verfiel ihr und blieb. Längst ist die 35-Jährige ein Exportschlager der französischen Musik.

Dass sie am Samstag auf dem Schlossplatz nach umfangreichem Vorprogramm als ehemalige Straßenmusikerin vorgestellt wird, ist nur halb richtig; ja, hin und wieder zog sie mit befreundeten Musikern durch die Straßen des Künstlerviertels Montmartre und sang Chansons – da hatte sie aber längst ein erfolgreiches Engagement in einem Cabaret hinter sich. In diesen beiden Welten – Chanson und Cabaret – bewegt sie sich auch vor der stimmungsvollen Kulisse des Neuen Schlosses.

Wo am Abend zuvor Max Herre Stuttgart-Liebe heraufbeschworen hat, dreht sich heute alles um Paris. Der Ehrenhof wird zur Place de la Concorde, das Neue Schloss zu Versailles, als Zaz nach betont jazzigem Intro ihrer grandiosen 14-köpfigen Band auf die Bühne kommt. Sie ist eine Erscheinung, diese Französin, eine zierliche, grazile und charismatische Dame im schwarzen Sommerkleid und gesegnet mit einer großen Stimme.

Es ist diese belegte, ein wenig rauchige und dennoch angenehm melodische Stimme, die auch ihr jüngstes Album „Paris“ auszeichnet, ihre ganz persönliche Liebeserklärung an die Stadt. Sie beginnt mit dem melancholischen „Sous le ciel de Paris“, einem Stück wie eine Ouvertüre: Einst gesungen von Edith Piaf und 1951 geschrieben für einen Film, erzählt das Lied mit sehnsüchtigem Unterton von all dem, was an einem Tag in Paris so alles passiert. Sofort fühlt man sich in die fabelhafte Filmwelt der Amélie versetzt. Es folgen das gewitzte und flotte „La Parisienne“ von Marie-Paule Belle und der beschwingte Rhythmus von „Paris Sera Toujours Paris“, der nach Champagner in der Sonne schmeckt.

Zaz spricht Französisch - was viele nicht verstehen

Allein, selbst bei „Paris Canaille“, das schon der große Yves Montand sang, will keine rechte Stimmung aufkommen. Das ist hin und wieder bei den Jazz Open zu beobachten, an einem Abend wie diesem allerdings merkwürdig: Musik, Witterung und Örtlichkeit könnten kaum besser passen. Zaz nimmt es französisch-locker, holt ihre Band schon nach wenigen Stücken vor sich an den Bühnenrand, um für Stimmung zu sorgen. Vielleicht hätte sie sich dazu durchringen sollen, ihre Ansagen auf Englisch zu halten; ihrem Französisch wird zwar höflich gelauscht, es ist jedoch mehr als offensichtlich, dass es viele der 5500 Gäste nicht verstehen.

Bei „Last Time I Saw Paris“ überlässt sie ihren männlichen Backgroundsängern die Bühne, bevor sie zu „A Paris“ im gelben Kleidchen zurückkehrt. Viele Musiker dürfen mit kleinen Solo- oder Slapstickeinlagen glänzen. Das spricht für Zaz, die albernen Momente passen aber nicht immer zu Chansons voller Liebe, Melancholie und bittersüßer Lebensfreude. Nach einer Ansprache über die von ihr unterstützte humanistische Vereinigung „Colibri“ singt Zaz „Comme ci comme ça“, den ersten großen Hit. Da ist fast eine Stunde vorüber – wundersamerweise vergangen wie im Flug.

Weshalb nach dem souligen „J’ai deux amours“ mit Gospel-Anklängen zusätzlich noch die 14-köpfige SWR-Big-Band anrücken muss, um den zweiten Konzertteil zu bestreiten, will sich nicht recht erschließen. So stimmig, so gut diese Band agiert: Die Musiker von Zaz hätten es getan. Sicher, zu einem Duett wie „J’aime Paris au mois de mai“ mit seiner Hotelbar-Stimmung passt ein Big-Band-Arrangement ganz vorzüglich, ein Lied wie „Les passants“ hätte mit weniger Bläsern jedoch deutlich mehr glänzen können. Überhaupt ist die Big Band stellenweise zu laut abgemischt, übertönt gar die Stimme.

Zum Glück gibt es Nummern wie „Champs Elysées“, die im großen Arrangement erst so richtig über sich hinauswachsen. Auch das unverzichtbare „Je veux“ am Ende, Zaz’ größter Erfolg und zugleich ein sehr französisches Lied, wird zur fabelhaften letzten Station einer Reise, bei der wunderbare Musik alle Verständigungsprobleme übertönt hat.