Paul und Vater Stefan Munz lassen sich den Gummibandtrick erklären. Foto: factum/Granville

Junge und alte Illusionisten strömen auf die Zauberbörse in der Stadthalle in Sindelfingen, um sich Utensilien zu beschaffen – und Know-how.

Sindeflingen - Gerd Arold ist zur Zauberbörse in die Sindelfinger Stadthalle gekommen, um sich einen Magnetring zu besorgen. „Meiner ist mir heruntergefallen und hat einen Sprung“, sagt der 73-Jährige aus Burgbernheim im mittelfränkischen Landkreis Neustadt. Den Ring benötigt er für einen Trick mit einer ebenfalls magnetischen Nuss, die er durch einen Glaskasten manövriert. Mit dem Rentner sind noch hunderte andere Zauberer von weither angereist, um einen der Workshops zu besuchen, sich auszutauschen und um sich die nötigen Utensilien zu besorgen.

Sämtliche Vorstellungen sind ausverkauft

Am Stand von Gyula Czili, der im ungarischen Budapest den Joker Magic Shop führt, erkundigt sich Arold nach den Neuheiten. Czili ist selbst Zauberer, hat auch eine DVD mit 24 Ring-Tricks aufgelegt und hält zudem diverse Kartenspiele bereit. Die kleinen, einfachen Täuschungen sind es, mit denen Arold in jüngeren Jahren als Zugbegleiter der Deutschen Bundesbahn für Furore sorgte. „Wenn Mama und Papa in den Speisewagen gegangen sind, war es den Kindern langweilig“, erinnert er sich. Dann habe er ihnen einfach etwas vorgezaubert und ihnen die Zeit vertrieben.

Ein paar Stände weiter lassen sich der zehnjährige Paul und dessen Vater Stefan Munz zeigen, wie ein Gummiband wie durch Geisterhand auf einmal ein Handy umspannt. Sie haben extra den Weg aus Lichtenstein auf der Schwäbischen Alb zurückgelegt, damit sich der Junge neue Kniffs anschauen kann. „Ich bin nur der Fahrer“, sagt der Vater. Abends wollen sie in die Galashow des Festivals der Illusionen. Sie haben Karten, sämtliche Vorstellungen in der Stadthalle sind ausverkauft.

Literatur über Zaubertricks

Paul staunt über Cedric Hornecker aus Marckolsheim, einem Ortsteil des französischen Sélestat, der den Gummiband-Trick mehrmals vorführt. „Paul ist im Magischen Zirkel Stuttgart und Anwärter auf eine Mitgliedschaft. Er kann schon viel mehr Tricks als ich“, berichtet der Vater stolz. Vielleicht werde sein Sohn ein bekannter Zauberer.

So wie Thorsten Strotmann. Vor seinem Auftritt am Nachmittag in seiner Stuttgarter Magic Lounge deckt er sich auf dem Börsenflohmarkt mit Literatur ein. Strotmann arbeitet an einem neuen Programm, das er dieses Jahr auf die Bühne bringen möchte. „Man kann darüber nie genug lesen. Das ist vom Feinsten, was es gibt“, sagt der Magier und deutet auf die Folianten mit Liebhaberwert. Im Buchhandel sind sie längst nicht mehr zu haben. Eine Publikation von Don Alan ist darunter, der in den 1950er und 1960er Jahren in den USA eine eigene Fernsehshow hatte. Auch Ed Marlo, einst berühmt für seine Kartentricks. Und Tony Slydini, der sich besonders der psychologischen Seite der Zauberkunst zuwandte. Auch ein Strotmann kann noch etwas lernen.

Magier beim Kindertag der Deutschen Bahn

Er sei aber auch da, um Kollegen zu treffen und um die Festivalleiter Andy Häussler und Eberhard Riese wieder zu sehen, „die wieder eine fantastische Auswahl für die drei Zaubervorstellungen beim diesjährigen Festival hinbekommen haben“, erklärt der Stuttgarter Magier – selbst Veranstalter der Zunft – nicht ganz neidlos. Wegen der Kürze der einzelnen Shownummern wolle er nicht mitmachen, für eine Moderation sei er aber schon mal zu haben.

Mit derlei Gedanken trägt sich Gerd Arold nicht. Seine große Zeit ist vorbei. Als sein Vorgesetzter bei der Deutschen Bahn mitbekommen hatte, wie er die Kinder in den Zügen mit seinen Zaubertricks faszinierte, durfte er bei einem Kindertag in Nürnberg das Bahnpublikum unterhalten. „Im Bahnhof am Gleis eins. Es waren Zigtausende da“, erinnert sich der 73-Jährige. Fortan sei er nur noch in Sonderzügen gefahren und habe gezaubert.

Der alte Magnetring tut’s auch noch

Einen passenden Magnetring fand Gerd Arold übrigens nicht. Entweder waren sie ihm zu klein oder zu groß. „Ich werde weiterhin meinen alten Ring benutzen, der tut’s auch noch“, war noch von dem Mann aus dem Fränkischen zu hören, ehe die Stadthallentüre hinter ihm zufiel.