Nicht nur eitel Sonnenschein: 07 (hier mit Mete Dikme, weißes Trikot) sieht sich mit Problemen konfrontiert. Foto: Peter Mann (Archiv)

Druck im Ludwigsburger Fußball-Kessel. Vorwürfe werden laut, der neue Verein 07 Ludwigsburg kaufe anderen die Spieler weg. Zudem geht es um private Geldforderungen an den MTV sowie um Trainingsplätze.

Käme es in naher Zukunft, vielleicht in zwei oder drei Jahren, zum direkten Aufeinandertreffen – viele Ludwigsburger und vielleicht auch Fußballfans von außerhalb würden sich ein Spiel des MTV gegen den neuen Verein 07 Ludwigsburg Fußball mit Freuden anschauen. Und vielleicht auch mit ein bisschen Spannung, den Blick auf das Geschehen außerhalb des Rasens gerichtet: auf Funktionäre, Trainer, Ehemalige. Wie reagieren sie aufeinander? „Ich glaube, der richtige Begriff dafür ist heutzutage ‚Hochrisikospiel’“, sagt der MTV-Vorsitzende Jochen Eisele und lacht.

 

Vielen stoße die „Hoppla, jetzt kommen wir!“-Mentalität auf

Natürlich ist das übertrieben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde es keine Randale irgendwelcher Art geben. Allerdings: Grün sind sich die Kontrahenten zumindest derzeit nicht. Ganz und gar nicht. Zur Vorgeschichte: Der ursprüngliche Verein SpVgg 07 Ludwigsburg war im März 2019 nach anhaltenden finanziellen Querelen mit dem MTV verschmolzen. Mit dem am selben Tag gegründeten Verein „07 Ludwigsburg Fußball“ wollen einige Macher von früher den alten, traditionsreichen Namen fortleben lassen.

„Vielen stößt diese ‚Hoppla, jetzt kommen wir!’-Mentalität von 07 etwas auf“, sagt Eisele. Im Gespräch mit dem Ober-MTVler äußert dieser auch Sätze wie „07 soll sich lieber hinten anstellen und ein bisschen demütig sein“. Es scheint allein nach dieser Unterhaltung, als sei ganz schön Druck im Ludwigsburger Fußball-Kessel seit Herbst 2021. Damals hatten die „neuen“ 07er publik gemacht, dass sie es ernst meinen mit einer Wiederaufnahme des Spielbetriebs zur kommenden Saison. Am Sonntag, 18. September, beginnt die B-Liga-Spielzeit mit der Heimpartie im Jahnstadion gegen den SV Kornwestheim II.

Einige Faktoren kommen zusammen, manches ist Hörensagen

Um was geht es nun aber im Detail? Es kommen einige Faktoren zusammen, manches davon ist Hörensagen. Anderes könnte tatsächlich Fragen aufwerfen. Was der 07-Vorsitzende Silvester Apro entschieden ins Reich der Fabeln verweist, ist der Vorwurf aus der Ludwigsburger Fußballlandschaft, sein Verein habe an Spieler Geld bezahlt, damit sie wechseln. „Natürlich haben wir die verpflichtende Ablöse bezahlt, mehr aber nicht. Bei uns bekommt keiner einen müden Cent“, betont Apro. Frank Engeln, bei 07 maßgeblich für die Spieler-Akquise zuständig, bekräftigt: „Die Spieler kamen alle von sich aus – größtenteils über mich – zu 07. Die übliche Ablöse wurde gezahlt, das war alles. Niemand erhält Geld.“

Allerdings: 07 verfügt über keine eigenen Jugendteams und muss daher für jeden Neuzugang die 1,5-fache Entschädigung an den abgebenden Verein bezahlen. Laut Tabelle des Württembergischen Fußballverbandes (WFV) sind das innerhalb der Kreisligen im Allgemeinen 375 Euro pro Spieler. „Eine Reihe von Sponsoren hat schon angerufen und gefragt, was das denn für ein Kindergarten sei“, so Apro verärgert, „solche Vorwürfe haben weder Hand noch Fuß.“

07 weist die Vorwürfe vehement zurück

Das Gerücht, eine Mannschaft „zusammengekauft“ zu haben, weist man bei den Schwarz-Gelben also entschieden zurück – und damit auch einen anderen Vorwurf. „Es ist sehr komisch, dass jetzt ein privater Schuldschein auftaucht“, sagt Jochen Eisele. Zum Hintergrund: Sein MTV ist nach der Verschmelzung Rechtsnachfolger der SpVgg, muss also auch deren Schulden abbezahlen. Im aktuellen Fall geht es zwar nicht um das einigermaßen umfangreiche Darlehen von der Stadt Ludwigsburg. Aber aktuell immerhin um 8000 Euro. „Wir haben unseren Anwalt befragt, mit dem Ergebnis, dass es nichts bringt, sich gegen solche Forderungen zu wehren“, so Eisele. Der MTV bezahlte folglich.

Angesprochen auf den Sachverhalt, wiegelt Silvester Apro von vorneherein ab: „Ich weiß nichts von privaten Geldforderungen an den MTV.“ So habe auch das Gerücht, 07 habe dieses Geld in die Verpflichtung von Spielern investieren können, „mit Fakten rein gar nichts zu tun“. Allerdings ist der End-Siebziger schon zu lange im Geschäft, als dass ihn eine solche Debatte hätte überraschen können. Er war viele Jahre Marketingleiter und dreimal zweiter Vorsitzender der SpVgg. Mitglied war er mehr als 50 Jahre, bis zum bitteren Ende. Er sagt: „Der Neid ist wahnsinnig groß, das verstehe ich. Aber wir haben niemandem etwas getan.“

Trainingsplatz in Oßweil „in einem erbärmlichen Zustand“

Ein anderes Problem, das sich für die 07er derzeit – und ebenfalls als Teil der aktuell aufgeladenen Stimmung – auftut, ist die Frage eines geeigneten Trainingsplatzes. Sowieso ist in Ludwigsburg, wie in vielen anderen Kommunen, die Diskussion um Örtlichkeiten für die Übungseinheiten höchst heikel. Derzeit trainiert 07 mit seinen 34 Spielern montags und mittwochs auf dem Rasenplatz in Oßweil. „Der ist in einem erbärmlichen Zustand“, sagt Apro. Andere Vereine, bei denen der Verein nachgefragt hat, hätten sie abblitzen lassen. „Aber wir klagen nicht, es ist in Ordnung“, so der 07-Vorsitzende, der dennoch darauf hofft, dass sich die Situation irgendwann ändert.

Geändert hat sich bei 07 in den vergangenen Tagen in der Tat schon etwas: die Besetzung der Vereinsführung. Benjamin Pellizzer ist seit kurzem nicht mehr Sportvorstand. „Wir wünschen ihm alles Gute für die Zukunft“, kommentiert der Verein den Abgang in den Sozialen Medien etwas lapidar.

Das Ende der SpVgg und die Rückkehr ins Jahnstadion

SpVgg 07 Ludwigsburg
 Der Sportverein war am 15. Februar 1907 gegründet worden. Am 29. März 2019 beschloss die Mitgliederversammlung, dass der von mehr als 200 000 Euro Bankschulden geplagte Verein mit dem MTV Ludwigsburg verschmilzt. Der MTV ist mit 7500 Mitgliedern einer der größten Sportvereine in Baden-Württemberg.

So geht’s weiter für 07
 Der neue Verein 07 Ludwigsburg Fußball bestreitet an diesem Sonntag, 21. August, erstmals ein Spiel im altehrwürdigen Jahnstadion. Gegner in der Vorbereitungspartie auf die Kreisliga B, die um 17 Uhr angepfiffen wird, ist der TSV Häfnerhaslach, der in der kommenden Runde in der Kreisliga A antritt. Das erste Pflichtspiel für die 07er, ebenfalls im Jahnstadion, ist am Mittwoch, 31. August, um 18.30 Uhr die Erstrundenbegegnung im Pokal gegen den Bezirksligisten TSV Benningen.