Selbst ein kurzzeitiger Zahlungsausfall der USA könnte hunderttausende Jobs kosten. Foto: imago stock&people/imago stock&people

Ein Zahlungsausfall der USA könnte verheerende wirtschaftliche und finanzielle Folgen haben. Im schlimmsten Fall stehen Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

In den USA streiten Demokraten und Republikaner schon seit Monaten über eine Anhebung der Schuldenobergrenze – ohne Einigung drohen katastrophale Folgen. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Drohender Zahlungsausfall: Worum geht es in dem Streit?

Die USA geben schon seit langer Zeit mehr Geld aus, als sie beispielsweise durch Steuern einnehmen. Deswegen wächst der Schuldenberg des Landes stetig an. Mitte Januar erreichten die USA die vom Kongress festgelegte Schuldenobergrenze von knapp 31,4 Billionen Dollar (28,5 Billionen Euro). Die Regierung muss seitdem zu „außergewöhnlichen Maßnahmen“ greifen, um ihre Schulden zu begleichen und eine Zahlungsunfähigkeit des Landes abzuwenden. Betroffen davon sind insbesondere Investitionen von öffentlichen Pensionsfonds.

Wie lange kann das noch gut gehen?

Mit solchen „außergewöhnlichen Maßnahmen“ kann nur begrenzt Zeit gewonnen werden. US-Finanzministerin Janet Yellen warnte kürzlich, dass den USA „Anfang Juni, möglicherweise schon am 1. Juni“ die Zahlungsunfähigkeit drohe. Solche Schätzungen hängen unter anderem vom laufenden Eingang von Steuerzahlungen ab und können sich deswegen ständig ändern. Der Tag der Zahlungsunfähigkeit wird in den USA als „X-date“ bezeichnet, also „Datum X“ oder „Tag X“.

Welche Folgen hätte ein Zahlungsausfall?

Die USA haben noch nie ihre Schulden nicht beglichen – und ein Zahlungsausfall könnte verheerende wirtschaftliche und finanzielle Folgen haben. Das Weiße Haus warnt, selbst ein kurzzeitiger Zahlungsausfall könnte hunderttausende Jobs kosten. Bei einem länger andauernden Zahlungsausfall könnten demnach mehr als acht Millionen Menschen ihre Arbeit verlieren und die Wirtschaftsleistung um sechs Prozent zurückgehen. Ratingagenturen könnten die Kreditwürdigkeit der USA deutlich zurückstufen, Zinsen könnten in die Höhe schnellen und Aktienkurse abstürzen.

Die Folgen eines Zahlungsausfalls wären angesichts der enormen Bedeutung des Landes für die Weltwirtschaft und die internationalen Finanzmärkte nicht nur auf die USA begrenzt. Die Ratingagentur Moody’s warnt, sollte es keine Einigung im Schuldenstreit geben, „wäre das folgende Chaos in den weltweiten Finanzmärkten überwältigend“.

Was fordert Präsident Biden?

US-Präsident Joe Biden will, dass der Kongress die Schuldenobergrenze anhebt oder aussetzt, um einen Zahlungsausfall zu verhindern. Dann könnten die USA sich mehr frisches Geld ausleihen und ihre Rechnungen bezahlen. Das Schuldenlimit war in den vergangenen Jahrzehnten unter Präsidenten beider Parteien, auch unter Bidens Vorgänger Donald Trump, dutzende Male ausgesetzt oder angehoben worden - und das mit parteiübergreifenden Mehrheiten. Bei den derzeitigen Verhandlungen lassen die oppositionellen Republikaner aber ihre Muskeln spielen.

Was wollen die Republikaner?

Die Oppositionspartei stellt seit Jahresbeginn die Mehrheit im Repräsentantenhaus und mit Kevin McCarthy den Vorsitzenden der Kongresskammer – und kann damit eine Anhebung der Schuldenobergrenze blockieren. Die von ihrem Rechtsaußen-Flügel angetriebenen Republikaner wollen Biden zu schmerzhaften Zugeständnissen zwingen und seine Reformpolitik in Teilen rückgängig machen.

Ende April stimmte das Repräsentantenhaus zwar für ein Gesetz, das die Schuldenobergrenze bis zum 31. März 2024 aussetzen oder um 1,5 Billionen Dollar erhöhen würde. Im Gegenzug verlangen die Republikaner aber milliardenschwere Einsparungen von der Regierung. Unter anderem sollen Subventionen für erneuerbare Energien, ein Erlass von Studienschulden und zusätzliche Mittel für die Steuerbehörde gestrichen werden. 

Biden lehnt das ab und wirft den Republikanern vor, die US-Wirtschaft als „Geisel“ zu nehmen. „Ich werde nicht darüber verhandeln, ob wir unsere Schulden bezahlen oder nicht.“ Im Klartext: Der Präsident verlangt eine Anhebung oder Aussetzung des Schuldenlimits ohne Bedingungen. Die Fronten sind verhärtet.

Wie kann ein Zahlungsausfall verhindert werden?

Es gibt mehrere mögliche Szenarien. Demokraten und Republikaner könnten einen Kompromiss finden und sich auf eine Anhebung oder Aussetzung der Schuldenobergrenze einigen - möglicherweise im Gegenzug für Sparmaßnahmen, die weniger weit gehen als von den Republikanern gefordert.

Es könnte auch eine Zwischenlösung geben, die beiden Seiten einige Wochen oder Monate Zeit für weitere Verhandlungen verschafft. Die Demokraten könnten zudem versuchen, einzelne Republikaner auf ihre Seite zu ziehen und dann das Schuldenlimit gegen den Willen der Republikaner-Führung anzuheben. 

Im Raum steht außerdem eine radikale Lösung: Biden könnte auch ohne Kongressvotum einfach weiter Geld leihen und das zur Begleichung von Schulden verwenden. Er könnte sich dabei auf den 14. Verfassungszusatz berufen, demzufolge die „Rechtmäßigkeit“ von Staatsschulden „nicht in Frage gestellt“ werden darf. Ein solcher Weg ist aber noch nie beschritten worden und steht auf verfassungsrechtlich höchst wackeligen Füßen.