Das Leistungsniveau geht immer weiter auseinander. Foto: picture alliance / dpa

Die Zahl der Schulbegleiter, die Kindern im Unterricht hilft, steigt in der Region seit Jahren rasant an.

Stuttgart - Die Zahl der Schulbegleiter in der Region ist in den vergangenen zehn Jahren rasant angestiegen. Denn immer öfter werden an den Schulen pädagogische Hilfen benötigt, um einzelnen Schülern im Unterricht zu helfen. Aktuell hat das Jugendamt der Stadt Stuttgart 145 Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch bewilligt und finanziert deshalb Kindern mit seelischen Behinderungen Schulbegleiter. Vor zehn Jahren, sagt Barbara Kiefl von der Abteilung Familie und Jugend im Rathaus, „waren das nur einzelne Hilfen“. Jetzt soll eine Arbeitsgruppe prüfen, wo die Probleme genau liegen und wie der Anstieg zu erklären ist.

Auch die anderen Kreise in der Region dürften sich dafür interessieren. Seit das Land zum Schuljahr 2015/2016 die Inklusion im Schulgesetz verankert hat, werden an immer mehr Schulen in immer mehr Klassen Schulbegleiter eingesetzt. Sie assistieren Kindern mit körperlicher oder geistiger Behinderungen oder eben Schülern mit seelischen Beeinträchtigungen wie Konzentrationsstörungen oder schwierigem Sozialverhalten. Besonders im Bereich der seelischen Behinderungen haben sich die Zahlen drastisch erhöht.

Im Kreis Böblingen hat sich die Zahl verzehnfacht

Im Kreis Böblingen gab es in den vergangenen zehn Jahren eine Verzehnfachung dieser Fälle auf aktuell 151. Im Kreis Esslingen wuchs die Zahl allein seit 2014 von 48 auf 142. Im Rems-Murr-Kreis haben sich die Fallzahlen in zehn Jahren mehr als verdoppelt, von 66 auf 147. Moderater fällt der Anstieg im Kreis Ludwigsburg seit 2013 aus – von 87 auf 114. Die Fallzahlen von Schulbegleitungen für körperlich oder geistig behinderte Kinder sind überall ebenfalls deutlich gestiegen.

Landeszahlen gibt es nicht. Allerdings hat die Universität Ulm im Auftrag der Baden-Württemberg-Stiftung vor zwei Jahren eine Erhebung unter den 3553 Schulen im Land durchgeführt. Demzufolge war in jedem dritten Haus mindestens ein Schulbegleiter im Einsatz. Drei Viertel davon kümmerten sich um Kinder mit seelischen Beeinträchtigungen. Mehr als 40 Prozent waren in Grundschulen, ein Drittel an kombinierten Grund- und Werkreal- oder Hauptschulen.

Das Land zahlt mittlerweile 20,2 Millionen Euro

Das macht sich auch finanziell bemerkbar. Die Ausgleichszahlungen, die das Land an die für die Kosten zuständigen Kreise leistet, sind laut Kultusministerium seit 2015 von 12,1 Millionen auf 20,2 Millionen Euro gestiegen.

Kirsten Jakob von der Arbeitsgemeinschaft Gemeinsam leben – Gemeinsam lernen (LAG) nimmt beim Thema Inklusion trotzdem „Stagnation wahr“. Schulbegleiter würden als billige Hilfskräfte eingesetzt. Schulen bekämen zusätzliche Ressourcen. Für das System sei das ein bequemes Hilfsmittel. „Eigentlich war die Idee, mehr Kinder in Regelschulen zu integrieren“, sagt Jakob. Stattdessen würden mehr Regelschüler zu Kindern mit seelischer Behinderung etikettiert.