Gedränge am Übergang von Weil am Rhein nach Basel – unter den Grenzgängern sind auch jede Menge Pendler. Foto: dpa

Immer mehr Arbeitnehmer aus den Landkreisen Lörrach und Waldshut pendeln zu Arbeitsstellen in die Schweiz – die Zahl der so genannten Grenzgängerbewilligungen ist erneut gestiegen. Doch das verteuert auch die Mieten und Grundstückspreise in den grenznahen Städten aus.

Lörrach/Waldshut - In der Schweiz „schaffen“, ist für Südbadener seit jeher Normalität – und der kleine Grenzverkehr auf dem Arbeitsmarkt zwischen Deutschland und der Schweiz nimmt in Südbaden weiter zu. Das zeigen auch die neuesten Zahlen der von Schweizer Behörden ausgestellten Grenzgängerbewilligungen: Die Schweiz hat im vergangenen Jahr insgesamt 58 885 Grenzgängerbewilligungen ausgestellt, darunter 25 841 (2014: 25 146) an Einwohner des Landkreises Lörrach, an Einwohner aus dem Kreis Waldshut waren es 17 486 (2014: 16 896). 2008 lagen die Zahlen noch bei 19 700 und 13 200.

Das verwundert kaum, denn im Kanton Basel-Stadt am Rheinknie, wo sich internationale chemische und pharmazeutische Großkonzerne ballen, und auch im benachbarten Kanton Basel-Land bieten Hochschulen, Kliniken, Schulen und soziale Einrichtungen attraktive Arbeitsplätze für Pendler aus Lörrach und Waldshut.

Die Grenzgängerbewilligungen gelten fünf Jahre und müssen dann erneuert werden. Nicht jede Bewilligung wird auch tatsächlich genutzt, daher war die Erfassung der tatsächlichen Bewegungen bisher schwierig. Aufgrund von „Änderungen der Erfassungsmethode“ sei es nun für 2015 möglich, exakte Aussagen über die tatsächlich in den Schweizer Grenzregionen arbeitenden Grenzgänger zu treffen, sagt Alexander Maas, der Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Südwest GmbH in Lörrach. Das Schweizer Bundesamt für Statistik in Neuchâtel hat erstmals die genauen Zahlen erfasst, und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Landkreise Lörrach und Waldshut hat sie publiziert.

Die Deutschen kommen zum Arbeiten, die Schweizer zum Einkaufen

Demnach pendeln aus den beiden Landkreisen mit 400 000 Einwohnern derzeit 35 730 Menschen zur Arbeit in die Schweiz, vor allem in die Basler Kantone, aber auch in die Kantone Aargau und Solothurn. Spitzenreiter bei den Auspendlern sind die Städte Lörrach, Rheinfelden, Weil am Rhein, Waldshut und Bad Säckingen. Zahlen über Pendler aus der Schweiz nach Deutschland werden nicht aufgelistet – es gibt auch kaum welche, weil das Lohn- und Gehaltsniveau in der Schweiz höher ist als in Deutschland. Schweizer kommen zum Einkaufen über die Grenze. In einigen Städten am Hochrhein leben Einzelhändler bis zu 70 Prozent vom Umsatz mit Schweizer Kunden, die sich die deutsche Mehrwertsteuer erstatten lassen dürfen.

Zwar stellen die grenznahen Städte den Löwenanteil der Schweiz-Pendler, aber auch aus den Dörfern im Südschwarzwald wird gependelt: Selbst aus Todtnau im hinteren Wiesental, knapp unterhalb des Feldbergs, fahren 58 Menschen täglich mehr als 50 Kilometer in die Schweiz, aus Rickenbach sind es 337. Die Arbeitsagenturen der beiden grenznahen Landkreise taxieren die Entlastung der Arbeitslosenstatistik durch die Grenzgänger auf ein Prozent. Da sich viele Pendler jedoch direkt an der Grenze niederlassen möchten und nicht in der teuren Schweiz wohnen wollen, ist der Wohnungsmarkt in Lörrach, Rheinfelden und den anderen Kleinstädten stark unter Druck geraten. Hinzu kommen Schweizer, die mit dem starken Franken auf deutscher Seite Eigentum erwerben. Das Mietniveau und die Immobilienpreise sind rasant gestiegen, das Angebot hält mit der Nachfrage längst nicht mehr Schritt.

Das Votum „Gegen Masseneinwanderung“ verstößt gegen die Freizügigkeit

Dabei hatten die Initiatoren einer eidgenössischen Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“ auch die Begrenzung der Pendlerströme am Hochrhein zwischen Basel und Konstanz im Blick. Allein gegen alle anderen Schweizer Parteien, gegen Unternehmerverbände und Gewerkschaften hatte die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SVP) der Initiative am 9. Februar 2014 landesweit zu einem knappen Sieg mit 50,3 Prozent Befürwortern verholfen. Die Schweizer Bundesregierung bemüht sich seither vergebens, das bindende Votum umzusetzen, das gegen EU-Freizügigkeitsregeln verstößt, die wiederum von der Schweiz in den sogenannten Bilateralen Verträgen akzeptiert wurden. Im Kanton Basel-Stadt errang die Abschottungspolitik keine Mehrheit.