CDU-Schreck Rezo hat gut Lachen. Foto: dpa

Das Video des Youtubers Rezo beunruhigt die CDU. Denn die Reichweite des Clips ist enorm – und die darin geäußerten Vorwürfe gegen die Partei massiv. Dem Vernehmen nach arbeitet die Parteizentrale an einer Erwiderung.

Berlin - Mehr als 3,3 Millionen mal ist das Video über die CDU bis Mittwochnachmittag abgerufen worden, hinzu kamen über 440 000 Likes und 77 000 Kommentare. Und das nur wenige Tage vor der Europawahl. Für die CDU wäre das ein Traum – wenn der sich „Rezo ja lol ey“ nennende Youtuber seinem fast einstündigen Youtube-Video nicht den Titel „Die Zerstörung der CDU“ gegeben hätte und darin hart, redegewandt und polemisch mit der Partei ins Gericht geht, ihr unter anderem Lügen, Inkompetenz und soziale Ungerechtigkeit vorwirft.

Klar sei, dass die CDU „aktuell unser Leben und unsere Zukunft zerstört“, sagte der in einem quietschorangen Kapuzenpulli steckende Rezo zu Beginn. Dann nimmt er sich etwa die Klima-, die Sozial- und die Friedenspolitik der Union vor die Brust, geht aber auch mit anderen Parteien hart ins Gericht. Viel Zeit widmet er der Umweltpolitik und nicht eingehaltenen Klimazielen. „Ziele setzen und nicht einhalten ist was für Leute, die abnehmen wollen“, kritisiert der junge Mann.

Ziemiak: „Vermischung von Pseudofakten“

Der Youtuber unterfüttert seine Anklagen mit seriösen Statistiken, auch zahlreiche Videoausschnitte sollen seine Kritik zu belegen. Der Mittzwanziger hat für die Produktion des Videos nach eigenen Angaben „hunderte Stunden“ gebraucht. Darin setzt er einige Treffer, allerdings vereinfacht und verkürzt er an vielen Stellen und lässt größere Zusammenhänge außen vor.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wirft Rezo deswegen eine „Vermischung von Pseudofakten“ vor. Ihn beunruhige aber, wie viele junge Menschen sich das anschauten, räumte der 33-jährige Ziemiak ein. Denn die wenigsten guckten dann auch noch in die von dem Youtuber angegebenen Quellen.

Rezos Reichweite ist enorm

Für die CDU ist das Video ein Problem, denn Rezos Reichweite ist enorm. Auf Yoube hat er fast 675 000 Abonnenten, viele davon mutmaßlich junge Menschen, von denen vermutlich nicht wenige der CDU im Zuge der Debatte um Uploadfilter im Netz oder der Fridays-for-Future-Demonstrationen kritisch gegenüberstehen.

Zum Vergleich: Das letzte von der CDU auf Youtube gepostete Video wurde am Dienstag veröffentlicht und bis Mittwochmittag etwa 170 Mal aufgerufen. Darin spricht der Unionsspitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber (CSU), übrigens über Freiheit im Internet.

CDU arbeitet offenbar an Erwiderung

Der Vorsitzende des unionsnahen Studentenverbundes RCDS, Henrik Wärner, sieht die Parteien gefordert, sich mit solcher Kritik in sozialen Netzwerken stärker auseinanderzusetzen. „Für die CDU und andere Parteien ist es ein Problem, wenn auf Kanälen mit solcher Reichweite Politik derartig dargestellt wird“, sagte Wärner unserer Zeitung. „Denn es geht bei dem Video von Rezo nicht um Journalismus, sondern um eine überspitzte und einseitige Darstellung von Politik.“ Die Parteien müssten „mit Fakten dagegenhalten“, sagte der 27-Jährige. „Denn die Zielgruppe ist eine Generation, die das in den sozialen Medien Gesehene in Teilen erst noch einordnen und hinterfragen lernen muss.“

Dem Vernehmen nach arbeitete die CDU-Zentrale am Mittwoch an einer Erwiderung auf Rezo. Darin soll der junge Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor vorkommen, wie das Büro des 26-Jährigen auf Anfrage bestätigte. Das Konrad-Adenhauer-Haus wollte sich dazu zunächst nicht äußern. Der jüngste CDU-Abgeordnete machte etwa von sich reden, als er die AfD in einer Rede im Bundestag rhetorisch auseinandernahm. In Unionskreisen gab es allerdings auch Zweifel daran, ob der jungenhaft wirkende Amthor mit seinen streng gekämmten Haaren und seinen konservativen Positionen der Richtige ist, um dem blauhaarigen Baseballcap-Träger Rezo bei der jungen Zielgruppe wirksam Paroli zu bieten.

Rezo rät von Wahl der Union ab

In der erwarteten Antwort könnte die CDU versuchen, das Video des Youtube-Stars einem Faktencheck zu unterziehen. „Man kann uns natürlich kritisieren, man kann die CDU wählen oder nicht wählen – aber einfach alle Parteien und Politiker oder die Wählerinnen und Wähler der CDU in einen Sack zu stecken und für dumm oder inkompetent zu erklären, dagegen trete ich entschieden ein“, sagte Ziemiak. „Populismus, Beleidigungen und falsche Vereinfachungen haben wir in den sozialen Netzwerken und in der Politik leider schon mehr als genug.“

Am Ende seines Videos ruft Rezo dazu auf, weder CDU noch CSU, SPD oder AfD zu wählen. Es gebe nur „eine legitime Einstellung“, nämlich die für einen drastischen Kurswechsel in der Politik. „Rezo tut so, als gäbe es überhaupt nur eine einzige richtige Meinung, nämlich seine. Das ist gefährlich“, kritisierte Ziemiak. „Er will vorführen, wie dumm und unfähig angeblich die Politiker und Parteien sind, will sich auf politische Diskussionen und andere Meinungen überhaupt nicht einlassen.“