Sami Slimani bei der Konzertveranstaltung The Dome 2012 in Ludwigsburg Foto: Max Kovalenko/PPF

700 000 Menschen haben seinen Youtubekanal abonniert. Dort preist Sami Slimani unter anderem auch Produkte von Handys bis zu Hautcremes an. Jetzt verdächtigt ihn die Landesanstalt für Rundfunk, in Wahrheit Schleichwerbung zu betreiben.

700 000 Menschen haben seinen Youtubekanal abonniert. Dort preist Sami Slimani unter anderem auch Produkte von Handys bis zu Hautcremes an. Jetzt verdächtigt ihn die Landesanstalt für Rundfunk, in Wahrheit Schleichwerbung zu betreiben.

Stuttgart - Sami Slimani scheint vor lauter Freude ganz aus dem Häuschen. „Ich liebe dieses Handy“, wiederholt der 23-jährige Stuttgarter immer wieder und grinst mit Boygroup-Charme in die Kamera. Über eine Million Mal wurde das Video auf dem Videokanal Youtube angeklickt, genauso wie Hunderte andere, in denen der Stuttgarter Schminktipps gibt, Schuhe, Handys, Kosmetik-Produkte und Technik anpreist. Nicht immer ganz aus Überzeugung, vermutet die Landesanstalt für Rundfunk Baden-Württemberg. Sondern weil ihn die Produktvertreiber gut für die Konsumtipps bezahlen sollen. Kein gutes Timing: Seit Mitte Mai moderiert Slimani die Chartshow „Viva Top 100“ auf dem Musiksender Viva.

Wegen des Verdachts auf Schleichwerbung wurde Slimani abgemahnt – wenn er nicht einlenke und Werbung in seinen Videos kenntlich mache, drohen saftige Geldbußen. Ingo Nave, Leiter der Aufsicht der Landesanstalt für Rundfunk Baden-Württemberg, hat signalisiert, dass Slimanis Management die Regeln künftig einhalten will. Als Signal dafür kann gewertet werden, dass Slimanis Kanal jetzt ein Impressum aufweist, das den Verantwortlichen für die Inhalte kennzeichnet – was bislang verbotenerweise fehlte. „Bei 700 000 Abonnenten ist Slimanis Youtube-Kanal ganz klar ein fernsehähnliches Telemedium“, sagt Nave. Und weil Slimani bezahlte Produktanpreisungen in seinen Videos nicht kenntlich macht, verstoße sein Verhalten gegen die Werbegrundsätze des Rundfunkstaatsvertrags.

„Durch das Fehlen des Impressums war es gar nicht einfach, Slimani ausfindig zu machen“, erzählt Nave. Fündig wurde er durch einen Fernsehbeitrag des NDR, der dem Youtube-Star auf die Schliche kam – und die Firma Def Media einblendete, die für das Management Slimanis verantwortlich ist.

„Bei Slimani muss man von einem wirtschaftlich relevanten Unternehmen sprechen“, begründet Nave das Vorgehen der Landesanstalt für Rundfunk. Zumal der Handyhersteller Samsung bereits öffentlich eingeräumt hat, Slimani dafür bezahlt zu haben, „Ich liebe dieses Handy“ vor Millionen Zuschauern zu rufen. Dort, wo Links zum Online-Kaufhaus Amazon führen, vermutet Nave ebenfalls, dass Gelder geflossen sind. Wobei sich die Firmen, die Slimani mutmaßlich bezahlen, keine Sorgen machen müssen. „Dass die Clips durch Produktplatzierungen unterstützt sind, liegt in der Verantwortung des Produzenten“, so Nave.

Er geht davon aus, dass Slimani vor Gericht gehen wird. „Wenn wir ein Bußgeld verhängen, schauen wir, dass es so hoch ist, dass es sich für die abgemahnte Person nicht mehr lohnt, die illegalen Geschäfte weiter zu betreiben.“ Doch befinde man sich in einem zu frühen Ermittlungsstadium, um eine Summe nennen zu können. Slimani ist der erste Fall im Land und der zweite Fall bundesweit, in dem ein Youtube-Kanalbetreiber sich wegen des Vorwurfs der Schleichwerbung verantworten muss.

Optimistischer klingen da schon die Worte von Slimanis Management. „Wir suchen den Dialog mit der Landesanstalt für Rundfunk“, sagt Christoph Post, Geschäftsführer von Def Media. Er werde seinen Klienten darin unterstützen, künftig keine Gesetzesbrüche mehr zu begehen – Slimanis Absicht sei das sowieso nie gewesen. Und auch nicht die von Def Media: Jetzt moderiert Sami Slimani die Chartshow auf dem Musiksender Viva. „Wir wollen uns darauf konzentrieren, Sami als Entertainer aufzubauen. Schleichwerbung ist nicht unser Geschäftsmodell“, erklärt Post. Slimani sei momentan weder für die Agentur lukrativ, noch verdiene er selbst besonders viel.

„Sami sagt viele Kooperationsangebote ab, wenn er von den Produkten nicht überzeugt ist“, verteidigt er den Youtube-Star. Wie viele Angebote Slimani annimmt oder ablehnt, will Post aber nicht verraten. Tatsache ist: Für die zwischengeschaltete Werbung in Youtube-Videos verdient man drei bis fünf Euro für 1000 Klicks – aber nur, wenn die Werbefilme nicht übersprungen werden, was meistens passiert. Die Werbeeinnahmen allein dürften Slimani also nicht reich machen. Bevor man Youtube-Produzenten zur Kasse bittet, solle sich die Landesmedienanstalten erst einmal besser mit der Materie vertraut machen, fordert Post.

„Das Thema ist Neuland für uns“, räumt Nave ein. Denn in Deutschland gibt es bislang nur eine Handvoll Youtube-Größen, die in Slimanis Liga spielen und damit für Schleichwerbung überhaupt in Frage kommen. Und erst bei einem Videoclip, der 250 000 mal aufgerufen wurde, bezahlt Youtube den Betreibern Geld und schaltet legal als solche gekennzeichnete Werbung. Für Nave scheint das hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung noch überschaubar. Trotzdem wird die Zielgruppe der Youtube-Dauernutzer – meist unter 20 Jahre alt – für Unternehmen immer interessanter, sagt ein Branchenexperte, der namentlich nicht genannt werden will. Und es sei nicht auszuschließen, dass sich in Sport-, Musik-, Koch- und anderen Youtube-Themenvideos noch mehr Schleichwerbung verbirgt.