Die Video-Plattform YouTube gilt schon lange als Trendbarometer - da scheint es nur folgerichtig, dass sie jetzt auch eigene Musikpreise vergibt. Vieles war neu bei den Youtube Music Awards, doch eines blieb gleich: Am Ende gewinnt immer Taylor Swift.

Die Video-Plattform YouTube gilt schon lange als Trendbarometer - da scheint es nur folgerichtig, dass sie jetzt auch eigene Musikpreise vergibt. Vieles war neu bei den Youtube Music Awards, doch eines blieb gleich: Am Ende gewinnt immer Taylor Swift.

New York - Hier also werden die ersten Youtube Music Awards verliehen: in einer alten Lagerhalle am East River in Downtown New York. Vor der Tür verläuft die Stadtautobahn, auf der anderen Straßenseite stehen die typischen Sozialbauten aus rotem Backstein. Glamour sieht anders aus.

Glamour ist es auch nicht, was die Macher der Show anstreben. Es soll keine Kopie der MTV Video Music Awards sein. Miley Cirus räkelt sich hier nicht halbnackt auf der Bühne. Im Publikum sitzt auch kein Bataillon an Stars. Es ist eine Show von und mit den Helden und Zuschauern der Videoplattform.

Ein paar der ganz Großen sind dann doch gekommen: Lady Gaga und Eminem, der auch einen Preis abräumt als Künstler des Jahres. Lady Gaga geht leer aus, zeigt sich dafür bei ihrem Auftritt aber ganz publikumsnah. Sie schüttelt haufenweise Hände, herzt zuerst den Kameramann und dann einen Fan vor der Bühne. Der Sicherheitsmann im dunklen Anzug hinter ihr wirkt leicht nervös.

Taylor Swift ist "Youtube-Phänomen des Jahres"

Eminem bekam den Preis als Künstler des Jahres. Taylor Swift wurde mit ihrem Hit „I Knew You Were Trouble“ zum YouTube-Phänomen des Jahres gekürt. Die Auszeichnung für das Video des Jahres ging an die südkoreanische Mädchenband Girls' Generation und ihren Song „I Got A Boy“. Auch der Rapper Macklemore und sein Kollege Ryan Lewis, die US-Violinistin Lindsey Stirling und der Musiker und Komiker DeStorm erhielten Preise.

Alles in dieser Show wirkt irgendwie improvisiert, fast schon amateurhaft. Es gibt mehrere Bühnen, zwischen denen die Moderatoren Jason Schwartzman und Reggie Watts hin- und herrennen - quer durchs stehende Publikum. Mal halten sie zwei schreiende Babys auf dem Arm, mal matschen sie mit ihren Händen in Torten herum, mal suchen sie minutenlang den Preisträger in der großen Halle. Vorgegebene Reden oder Witze haben sie nicht. Die Kamerabilder sind oft unscharf und verwackelt, der eine oder andere Übergang klappt nicht. Chaos als Konzept.

"Abgefahrenes Experiment"

Bei den Fans kommt das ganz unterschiedlich an. Ein „abgefahrenes Experiment“ sei es gewesen, schreibt einer beim Online-Netzwerk Twitter. „Ich habe mich gut amüsiert.“ Die Idee sei gut gewesen, kommentiert ein anderer, „aber die Umsetzung nicht“. Zahlreiche andere Fans sind dagegen völlig entsetzt. „Es tut weh, sich das anzuschauen“, schreibt einer und ein anderer bilanziert: „Das war die schlechteste Preisverleihungs-Gala aller Zeiten.“

Genauso wie MTV in den 80er und 90er Jahren mit seinen Clips die Musikbranche revolutionierte, tat es ab 2005 Youtube. Von jetzt an konnte jeder ein Star sein, ein Video auf der Plattform hochladen und auf Ruhm und Ehre hoffen. Zuerst noch reichlich unbeholfen, später immer professioneller präsentierten sich Musiker und Sänger mit ihrer Kunst neben reichlich Katzen- und Kindervideos.

Youtube setzt mittlerweile Trends. Gangnam Style oder Harlem Shake - undenkbar ohne das Videoportal, das sich mit seinen Music Awards auch selbst feiert. Nicht mehr der Redakteur im Fernsehsender bevormundet den Zuschauer, sondern die Nutzer suchen sich ihr Programm selbst aus. Auf MTV laufen längst Serien statt Videoclips.

„Diese Auszeichnung bedeutet mir mehr als alle anderen“, sagt Musiker und Komiker DeStorm, als er seinen Preis entgegennimmt. „Auf Youtube hat alles angefangen.“ Der Internetkonzern Google, dem Youtube seit 2006 gehört, verdient an den vorgeschalteten Werbespots. So wäscht eine Hand die andere.

Nach anderthalb Stunden ist die Show vorbei. „Ich denke, das war's“, sagt Schwartzman. 162.000 Zuschauer sind noch beim Livestream auf Youtube dabei, als das Licht ausgeht. Für einen Youtube-Hit reicht das dann doch noch nicht.