Unsichere Mietverträge: Uwe Skrzypek macht sich stark für das Gesundheitsangebot auf dem Gelände der ehemaligen Klinik. Foto: Stadt Vaihingen

Ein Millionendeal mit Zündstoff. Landrat Allgaier attackiert Vaihingens OB Skrzypek wegen angeblicher Falschaussagen. Der kontert: Er kämpfe für die Stadt.

Für den Vaihinger Oberbürgermeister Uwe Skrzypek steht in puncto Krankenhausgelände fest: „Die Stadt Vaihingen wurde übergangen.“ Der parteilose Rathauschef sieht sich indes selbst Angriffen ausgesetzt. Er verbreite Falschaussagen und gefährde damit einen Prozess, der die medizinische Versorgung sichere, heißt es in einem Instagram-Post des Landratsamtes Ludwigsburg. Das ist starker Tobak – aber was ist an den gegenseitigen Vorwürfen wirklich dran?

 

Die Ausgangslage ist brisant – es geht um viel Geld. Die Regionale Kliniken Holding (RKH) Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH schreibt kräftig Miese und belastet den Etat des öffentlichen Trägers Landkreis Ludwigsburg – allein in den beiden vergangenen Jahren mit 40 Millionen Euro. Dazu trägt auch der Standort des ehemaligen Krankenhauses in Vaihingen bei. Jährlich 1,5 Millionen Euro musste der Landkreis zeitweilig zuschießen – hauptsächlich wegen Leerständen. Ein Ende des Aderlasses wäre nur in Sicht, wenn Investoren das etwa zwei Hektar große Klinikgelände in Vaihingen der RKH abkaufen – genau das streben Klinik und Landratsamt an.

Das Gelände rund um das ehemalige Vaihinger Krankenhaus soll neu entwickelt werden. Dabei geht es um viel Geld. Foto: Mario Brunner

Über das Wie der neuen Nutzung gehen die Meinungen auseinander. Die RKH soll schon in Verhandlungen mit einem privaten Bauträger für eine Wohnbebauung gestanden haben. Der Oberbürgermeister Uwe Skrzypek erinnert sich an eine Begegnung im Mai 2024, als der damalige RKH-Chef Jörg Martin ihm bei einem Kennenlerntermin auf dem Krankenhausgelände beiläufig erklärt habe, Teilflächen des Geländes verkaufen zu wollen, und ihm einen Zettel mit Wohnbau-Komplexen zeigte. „Da habe ich gezuckt.“ Offenbar habe man schon damals Gespräche mit Dritten an der Stadt vorbei geführt.

Vaihingen rangiert bei der ärztlichen Versorgung an letzter Stelle

Die Sache kochte hoch, als Anfang des Jahres 2025 die Mediziner im Ärztehaus Vaisana auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses Alarm schlugen: Ihre Mietverträge wurden von der RKH nicht verlängert, sie sahen sich hingehalten. Der Oberbürgermeister befürchtet den Wegzug der Ärzte. „Vaihingen rangiert bei der medizinischen Versorgung aller 110 Mittelzentren in Baden-Württemberg mit Abstand an letzter Stelle – man darf die Ärzte in Vaihingen nicht verunsichern.“

Die Stadt Vaihingen sei als Standortkommune bisher bei den Verkaufsüberlegungen von RKH und Landratsamt vollkommen außen vor gelassen worden, beschwert sich Uwe Skrzypek. Schließlich habe die Stadt dem Landkreis etwa 15.000 der 20.000 Quadratmeter in den 1930er-Jahren geschenkt, damit es mit dem Bau des Krankenhauses medizinischen Zwecken diene. Dieser Zweck müsse beibehalten werden. Sollte das Gelände jedoch zu Wohnzwecken umgewidmet werden, ergäbe sich eine Wertsteigerung von 300 bis 400 Prozent. „Das macht den Reiz für Investoren aus.“

Die Interessen des Landkreises, das Gelände zu einem hohen Preis zu verkaufen, kollidieren offenbar mit den Plänen des Vaihinger Oberbürgermeisters, dort noch mehr für die medizinische und altersgerechte Versorgung der Bevölkerung zu tun. So hält Uwe Skrzypek das alte Krankenhaus für erhaltenswert: „Wir brauchen dringend eine Tagespflege. Auch eine Dialysestation sucht einen neuen Platz.“ Dem OB schwebt insgesamt ein Areal der kurzen Wege mit Wohnangeboten für Ältere vor. „Unsere Sozialstation könnte sich dort ansiedeln, es sind auch Personalwohnungen für Auszubildende in Pflegeberufen vorstellbar.“

Wird das Tafelsilber gegen Vaihinger Interessen verkauft?

Die Kreisverwaltung um Landrat Dietmar Allgaier stört sich offenbar an dem Veto des Vaihinger Oberbürgermeisters. „Wer mit Falschbehauptungen und Schuldzuweisungen einen laufenden Prozess gefährdet, der für die Menschen in der Region die Gesundheitsversorgung sichern möchte, scheint nicht an einer konstruktiven Lösung interessiert zu sein“, postete das Landratsamt kürzlich auf seiner Instagram-Seite. Ein Beitrag, der unter anderem vom Kornwestheimer OB Nico Lauxmann, der Stadt Bietigheim-Bissingen und dem Enzkreis geliket wurde. Eine Nachfrage unserer Zeitung, womit Skrzypeks die Gesundheitsversorgung gefährde, beantwortet das Landratsamt nicht.

Darauf angesprochen, dass ihn ein solcher Post bloßstelle, bemüht sich Uwe Skrzypek darum, die Wogen zu glätten: „Ich hänge das nicht so hoch“, sagt er und spricht dem Landrat Dietmar Allgaier sogar noch seinen Dank dafür aus, „dass er die RKH direkt angewiesen habe, das Kaufinteresse der Stadt jetzt abzufragen“. In der Sache bleibt Skrzypek aber hart: „Ich stehe für Vaihinger Interessen – es geht nicht in erster Linie darum, das Tafelsilber in Vaihingen zu verkaufen, damit die Kreisumlage niedrig bleibt.“

Der Landrat Dietmar Allgaier hat in einem Instagram-Post dem Vaihinger Oberbürgermeister Falschaussagen vorgeworfen. Foto: Simon Granville

Wie aber soll die selbst hoch verschuldete Enzstadt das Gelände kaufen? Der OB gibt sich entschlossen: „Es ist ein Narrativ, dass die Stadt nicht handlungsfähig sein soll.“ Skrzypek verweist auf die Vaihinger Stadtbau GmbH. Mit ihr könne er im Sinne einer Gemeinwohl-Ökonomie das Gelände betreiben, ohne es selbst kostenintensiv bespielen zu müssen. Stattdessen würde man mit Privatunternehmen kooperieren, um auf Teilflächen Wohnungen zu bauen. Ärztehaus und Krankenhaus sollten Fixpunkte bleiben.

RKH und Landratsamt ist die Vertraulichkeit wichtig

Den Rückhalt des Vaihinger Gemeinderats hat Uwe Skrzypek – es habe eine parteiübergreifende Presseerklärung in den sozialen Medien gegeben. Das Thema werde in einer Sondersitzung im November ausführlich beraten. „Es ist eine ganz große Chance für die Stadt, einen Mehrwert zu erhalten.“ Die Kommune sollte eine Wertermittlung für das Grundstück betreiben und auf dieser Basis ein Konzept entwickeln.

Und was sagen RKH und Landratsamt zu den von Skrzypek angesprochenen Fragen? Ein öffentlicher Verkaufsprozess sei noch nicht gestartet worden, aber solle bis Mitte 2026 realisiert werden, heißt es vonseiten der RKH. Mit potenziellen Kaufinteressenten seien Vertraulichkeitsvereinbarungen geschlossen worden, sagt der RKH-Sprecher Alexander Tsongas. „Dieses Vorgehen entspricht dem üblichen Standard bei solchen Verfahren und dient dem Schutz sensibler Informationen aller Beteiligten.“

Das Unternehmen berichtet überdies von vertraulichen Gesprächen mit Vertretern der Vaisana Ärztehaus GmbH, die am 10. Oktober konstruktiv geführt worden seien. „Grundsätzlich sind bestehende Mietverhältnisse durch einen Verkauf nicht gefährdet. Sie bleiben bestehen und gehen im Rahmen des Eigentumsübergangs auf den Käufer über.“ Der Vaisana-Geschäftsführer Christoph Klinger wollte sich aus Gründen der Vertraulichkeit nicht dazu äußern, ob er die Gefahr nun für gebannt hält.

Landratsamt äußert sich nicht zu Inhalten der „Falschaussagen“

Das Landratsamt Ludwigsburg wollte sich zu den Inhalten der Skrzypek angekreideten„Falschaussagen“ nicht äußern. Es verweist auf die Beschlusslage des Kliniken-Aufsichtsrats, das Grundstück zu veräußern. „Der Landkreis nimmt seine Verantwortung für die gesundheitliche Daseinsvorsorge im Rahmen seines Versorgungsauftrags sehr ernst“, teilt LRA-Sprecherin Franziska Schuster mit. Man sehe darin eine Chance, das Grundstück mit seinem hohen Entwicklungspotenzial einer sinnvollen und zukunftsorientierten Nachnutzung für kommunale Zwecke zuzuführen.