Stahlstreben tragen die Schwebebahn in Wuppertal, und an dieser Konstruktion hängt auch ein Starkstromkabel. Ein Stück davon krachte hinunter auf die Straße und in die Wupper - aber es ging glimpflich aus. Foto: dpa

Ein Zug der Wuppertaler Schwebebahn havariert und reißt die Stromschiene der Bahn auf einer Länge von 260 Metern herunter. 76 Menschen mussten in schwindelerregender Höhe ausharren.

Wuppertal - In einem Zug der berühmten Wuppertaler Schwebebahn sind 76 Passagiere in zwölf Metern Höhe gefangen gewesen, einige von ihnen bis zu vier Stunden lang. Zwei Menschen wurden verletzt und sechs Autos beschädigt, als der Zug aus zunächst ungeklärter Ursache die Stromschiene der Bahn auf 260 Metern Länge herunterriss. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen fahrlässiger Körperverletzung. Ein Sachverständiger wurde beauftragt, die Unfallstelle zu untersuchen. Die werktäglich 80.000 Fahrgäste müssen in den kommenden Tagen auf Busse umsteigen.

Am Tag danach staut sich der Verkehr auf der Bundesstraße 7 genau dort, wo immer noch der blau-orangefarbene Zug neben der Straße über der Wupper baumelt. Die eiserne Stromschiene hängt an mehreren Stellen herunter. Auf einem Mittelklassewagen, direkt unter der Fahrspur geparkt, hat die Schiene beim Aufschlag eine Spur der Zerstörung in Blech und Glas gezeichnet. Autoglas liegt in Haufen am Fahrbahnrand.

Stadtwerke stehen vor Rätsel

„Der Fahrer hat von einem Ruck berichtet, als wäre er über ein Hindernis gefahren“, berichtete der Vorstand der Wuppertaler Stadtwerke am Freitag. Als Betreiberin der Schwebebahn stehen die Stadtwerke vor einem Rätsel. Der Stromabnehmer des Zuges war erst vor zwei Wochen ausgetauscht worden, als der Zug in der Hauptuntersuchung war. Die letzte Prüfung der Strecke war zwei Tage her. Die Stromschiene war rund 15 und ihre Halterung 3 Jahre alt.

Eine Autofahrerin erlitt einen Schock. Dennoch habe man „großes Glück“ gehabt - die massive Eisenschiene hätte auch leicht jemanden erschlagen können. Die Befürchtung, auf ihr könnten noch mehrere hundert Volt Starkstrom tödliche Gefahr bringen, sei aber unbegründet gewesen. Mit dem Abreißen der Schiene sei auch der Stromfluss unterbrochen gewesen. Auch an der Stelle, wo die Schiene bis ins Wasser der Wupper durchhing, habe keine Gefahr durch Elektrizität bestanden. Es habe auch keine Gefahr bestanden, dass der 35 Jahre alte Zug in die Wupper abstürze.

Fahrer war erfahren

Dass der als erfahren geltende Fahrer zu schnell fuhr, gilt als unwahrscheinlich. Weil er eben erst eine Haltestelle verlassen hatte, könne er die an der Unfallstelle zulässigen 55 Stundenkilometer kaum erreicht haben. Der Fahrer habe die 76 Passagiere noch beruhigt, die Stadtwerke schickten ihn danach mit einem Lob in Sonderurlaub. Einen Fahrtenschreiber haben die Züge nicht.

Sechs Menschen seien auf Schockzustände untersucht worden, zwei kamen ins Krankenhaus, sagte ein Sprecher der Stadtwerke. Die Bahn, zentrales Verkehrsmittel der Großstadt, wird voraussichtlich bis Ende kommender Woche stillstehen.

Lange Zeit galt die 112 Jahre alte Schwebebahn als sicherstes Verkehrsmittel der Welt - für die Stadtwerke ist sie es noch heute. Doch vor 14 Jahren war es mit der fast makellosen Bilanz vorbei: Durch Schlamperei war 1999 bei Bauarbeiten eine Metallkralle am Gleis vergessen worden. Ein Zug kollidierte mit der 100 Kilogramm schweren Kralle und stürzte in die Wupper: Fünf Menschen starben, 47 wurden verletzt.

Dagegen nahm sich die Havarie vom Donnerstagabend glimpflich aus: Die 76 Fahrgäste wurden von der Feuerwehr mit einer Drehleiter geborgen. Knapp eine Stunde dauerte es, bis die Bergung begann. Weitere drei Stunden dauerte es, bis der Zug evakuiert war.

Die Polizei bezifferte den Schaden allein an den Autos auf mehr als 20.000 Euro. Der havarierte Zug darf erst geborgen und abgeschleppt werden, wenn ihn der unabhängige Gutachter untersucht und die Staatsanwaltschaft freigegeben hat.