„Wunderbare Jahre“ (Original „The Wonder Years“) schildert in sechs Staffeln die Kindheit und Jugend von Kevin Arnold (re.) und seinen Freunden Foto: Verleih

„Wunderbare Jahre“ war so ziemlich die einzige Ami-Produktion – neben der „Sesamstraße“ vielleicht –, die eine pädagogisch denkende Mutter ihrer pubertierenden Tochter Anfang der 90er Jahre durchgehen lassen konnte.

Serien gibt es fast so lange wie das Fernsehen selbst. Manche begleiten den Zuschauer sein halbes Leben, andere überdauern sogar Generationen. Wir stellen Produktionen vor, die in Erinnerung bleiben.

Stuttgart - „Wunderbare Jahre“ war so ziemlich die einzige Ami-Produktion – neben der „Sesamstraße“ vielleicht –, die eine pädagogisch denkende Mutter ihrer pubertierenden Tochter Anfang der 90er Jahre durchgehen lassen konnte. Das hatte vor allem zwei Gründe: Den knuffigen und kulleräugigen, damals gerade zwölfjährigen Hauptdarsteller Fred Savage, der eine Art frühe Version des Schmerzensmanns war und somit des Chauvinismus unverdächtig. Und die Tatsache, dass Themen wie Studenten-Demos und Vietnamkrieg für amerikanische TV-Verhältnisse relativ kritisch, also unrepublikanisch erzählt wurden.

„Wunderbare Jahre“ (Original „The Wonder Years“) schildert in sechs Staffeln die Kindheit und Jugend von Kevin Arnold und seinen Freunden, der elfenhaften Winnie Cooper (Danica McKellar) und dem nerdigen Paul Pfeiffer (Josh Saviano). In einer kalifornischen Vorstadtsiedlung der späten 60er Jahre geht es um Noten („Eine 2 ist, als würdest du deine Schwester küssen“), nervige Brüder („Nein, Blödsack!“), den ersten Kuss und die Erkenntnis, dass Eltern auch nur Menschen sind („Ich glaube, das Schwerste am Erwachsenwerden ist, dass einen die, auf die man sich immer verlassen konnte, plötzlich um Rat fragen“). Den Kontext bilden die Themen der Zeit: Die Morde an John F. Kennedy und Martin Luther King ebenso wie die Mondumrundung oder freie Liebe.

Die Serie, die man heute in Auszügen etwa auf der Internetplattform You Tube sehen kann, ist als Rückschau angelegt: Der erwachsene Kevin erzählt und kommentiert aus dem Hintergrund, die Farbigkeit ist die eines alten Polaroid-Fotos, dazu singen die Helden jener Jahre, von Joe Cocker über Steppenwolf bis zu den Beatles.

Es ist sicherlich auch dieser Nostalgiefaktor, der den Charme der Coming-of-Age-Serie (Entwicklungsserie) erklärt. Produziert wurde sie von 1988 bis 1993, für die Generation der Kevins und Winnies war sie nach einem langen grauen Arbeitstag im Büro wie ein Blick in das Super-8-Archiv der Eltern, in eine bunt gemusterte, nach Barbecue duftende Zeit. Für Aufregung sorgte ein paar Jahre nach Produktionsende dann die Frage, ob aus dem braven Darsteller des Paul Pfeiffer, Josh Saviano, Ekel-Rocker Marilyn Manson geworden war – aber das war nur ein Gerücht, Saviano ist heute erfolgreicher Anwalt.

Die Serie nur als eine Art Wohlfühlprogramm für ehemalige Kinder der 50er und 60er Jahre zu sehen wäre aber zu wenig. Beiläufig tiefgründig und mit der richtigen Dosis Pathos werden die Themen jeder Jugend in der westlichen Welt verhandelt. Zwischen Autowaschen, Footballspielen und Zungenküssen zeigt „Wunderbare Jahre“ den Abschied von kindlichen Idealen, das Hereinbrechen der Realität. Letztendlich geht es um die Frage, ob ein Leben außerhalb der Vorstadtsiedlung überhaupt möglich ist. Fragen eben, die pubertierende Töchter ebenso interessieren wie pädagogisch denkende Mütter.

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