Der 48-jährige Angeklagte (rechts) kommt in Begleitung eines Justizbeamten zum Prozessbeginn in den Gerichtssaal des Landgerichts. Foto: dpa

Der behinderte Sohn von Unternehmer Reinhold Würth wurde im Sommer 2015 entführt. Eine wichtige Spur bei den Ermittlungen ist die Stimme des Lösegelderpressers. Aber die gehört nach Überzeugung des Gießener Landgerichts nicht zu dem Angeklagten.

Gießen - Im Prozess um die Entführung des Sohnes von Milliardär Reinhold Würth hat das Landgericht Gießen den 48-jährigen Angeklagten freigesprochen. Die Richter sahen es am Dienstag nicht als erwiesen an, dass der Mann die Tat begangen hatte.

Das Entführungsopfer ist der Sohn des baden-württembergischen Unternehmers und „Schraubenkönigs“ Würth. Der damals 50-Jährige wurde im Juni 2015 aus einer Wohngemeinschaft für behinderte und nicht-behinderte Menschen im osthessischen Schlitz entführt. Ein Erpresser forderte am Telefon drei Millionen Euro Lösegeld. Die Übergabe scheiterte jedoch. Nach etwa 20 Stunden war die Entführung vorbei: Der Erpresser verriet den Aufenthaltsort von Markus Würth, der nahezu unversehrt an einem Baum gekettet in einem Wald bei Würzburg gefunden wurde.

Die wichtigsten Beweismittel

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Täter Komplizen hatte. Das Vorgehen sei auch deshalb besonders verwerflich, weil das Opfer wegen seiner Behinderung „stark intellektuell eingeschränkt“ sei, befand die Staatsanwaltschaft. Sie hatte dreieinhalb Jahre Haft für den Angeklagten gefordert. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Zu den wichtigsten Beweismitteln in dem Indizienprozess gehörte ein Stimmgutachten. Dafür hatten Experten die aufgezeichnete Stimme des Erpressers untersucht. Die Analyse lieferte unter anderem Erkenntnisse zur Region, aus der der Anrufer vermutlich stammt und wo er Deutsch gelernt haben könnte. Denn dieser sprach mit einem deutlichen Akzent.

Das erstellte Profil passte aus Sicht der Ermittler zu dem 48-jährigen Serben. Die Gutachter kamen zudem nach einem Vergleich der Stimme des Angeklagten mit der Erpresserstimme zu dem Ergebnis, dass die Sprecher „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ identisch seien. Eine Zeugin aus dem Rhein-Main-Gebiet hatte die Ermittler schließlich auf die Spur des 48-Jährigen gebracht.