Pünktlich zu Jahresbeginn präsentiert Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid eine für Grün-Rot heikle Umfrage. Danach soll er vor allem Schulden abbauen. Damit setzt der SPD-Mann sich selbst gewaltig unter Druck.
Pünktlich zu Jahresbeginn präsentiert Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid eine für Grün-Rot heikle Umfrage. Danach soll er vor allem Schulden abbauen. Damit setzt der SPD-Mann sich selbst gewaltig unter Druck.
Stuttgart - Die Menschen im Südwesten halten den Schuldenabbau für die wichtigste Aufgabe von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD). In einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage im Auftrag des Ministeriums bezeichneten 61 Prozent der Befragten die Verringerung der Staatsverschuldung als wichtigste Maßnahme. Schmid sagte bei der Präsentation der Ergebnisse eine Prüfung zu, „inwieweit wir unsere Aktivitäten noch weiter verstärken können“. Die CDU warf ihm daraufhin vor, die Haushaltssanierung nicht ernst zu nehmen.
Grün-Rot will 2020 erstmals ohne neue Kredite auskommen. Dann gilt auch die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Allein 2013 haben Grüne und SPD noch einmal neue Schulden in Höhe von 1,78 Milliarden Euro aufgenommen. Das Land sitzt damit nun auf einem Schuldenberg von rund 44,7 Milliarden Euro. Dafür zahlt es jährlich etwa 2 Milliarden Euro Zinsen. Hinzu kommen Pensionsverpflichtungen in Höhe von etwa 70 Milliarden Euro, die in den kommenden Jahrzehnten auf das Land zukommen und für die Rückstellungen zu bilden sind.
Schmid sagte: „Mir geht es als Finanzminister darum, dass wir jeden Haushalt ordentlich hinbekommen.“ Und: „Wir werden für jedes Thema, das aus Bürgersicht besondere Dringlichkeit hat, prüfen, inwieweit wir unsere Aktivitäten noch weiter verstärken können.“ Für die Studie hatte TNS Infratest von Oktober bis November vergangenen Jahres 1001 Baden-Württemberger befragt.
Landtagsfraktionen in Klausur
Seit Dienstag sind die vier Landtagsfraktionen in Klausur. Dabei geht es auch um die Haushaltspolitik. So will die SPD den anstehenden Doppelhaushalt 2015/2016 diskutieren. Die Ministerien haben Ende des Jahres erfahren, wie viel sie jeweils einsparen müssen. Die Ressorts sollen in den kommenden Monaten sagen, wie sie die Vorgaben umsetzen wollen.
CDU-Fraktionschef Peter Hauk bemängelte, es reiche bei weitem nicht aus, dass Schmid prüfen wolle, ob er seine Anstrengungen noch verstärken kann. „Trotz Rekordsteuereinnahmen macht die Landesregierung immer noch Schulden in Rekordhöhe.“ Die grün-rote Ankündigung, noch bis 2019 neue Schulden aufnehmen zu wollen, sei für ein wirtschaftsstarkes Land wie Baden-
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann erklärte dagegen, die Koalition habe die Weichen gestellt, um die strukturelle Deckungslücke von 2,5 Milliarden Euro im Haushalt zu schließen. „Danach kann es an den CDU-Schuldenberg gehen, der uns jedes Jahr zwei Milliarden Euro Zinsen kostet.“
Laut Umfrage nannten die Befragten als weitere zentrale Maßnahmen unter anderem eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie mehr Anstrengungen für Verkehrswege und Internet-Versorgung. Schmid erklärte, er sehe die Ergebnisse der Studie auch als Anstoß, den Begriff Wirtschaftspolitik zu öffnen. Beispiele dafür seien die Themen Ganztagsbetreuung und Verkehrswege. Allein in diesem Jahr sollen in die Infrastruktur der Straßen mehr als 100 Millionen Euro investiert werden.
Laut Umfrage finden 70 Prozent der Menschen im Südwesten die Wirtschaftspolitik sehr gut oder gut. Das Handwerk bezweifelte aber die Aussagekraft der Umfrage: „Wer die Unternehmen ausklammert, kann keine glaubhaften Rückschlüsse auf die Zustimmung zu seiner Politik ziehen.“ Da die Unternehmen nicht befragt wurden, seien für die Betriebe wichtige Themen nur auf mittleren Plätzen gelandet, beklagte Handwerkspräsident Joachim Möhrle.
Beispiel Existenzgründungen: „Ohne die stärkere Unterstützung von Unternehmensgründungen, beispielsweise durch zinsverbilligte Kredite oder Beratungsförderungen, werden in der Zukunft Arbeitsplätze fehlen“, warnte Möhrle und fügte hinzu: „Was sollen wir mit einer Studie anfangen, in der mehr als 20 Prozent der Bürger auf die Frage, was sie unter Wirtschaftspolitik verstehen, mit „weiß nicht“ antworten?“