Wir wollten nicht stören und haben uns deshalb beim Thema Kreißsaal für dieses Motiv entschieden Foto: dpa

Die Entwicklung schreitet nicht nur bei Smartphones und E-Bikes voran. Auch in den Kreißsälen der Krankenhäuser tut sich was. Nur was?

Stuttgart - Es ist ziemlich genau sechzehn Jahre her, dass ich das letzte Mal einen Kreißsaal von innen gesehen habe. Menschen, die das Vergnügen haben, diesen Artikel in der gedruckten Form in Händen zu halten, werden an meinem Porträt unschwer erkennen können, dass das nicht bei meiner eigenen Geburt war.

Bereits vor sechzehn Jahren gab es in Kreißsälen wohnliche Elemente. Das Licht war gedimmt und in der Mitte des Raums stand ein Möbel, das mehr an ein Doppelbett als an eine sterile Krankenhausliege erinnerte. Der Kreißsaal, in dem ich ein paar Jährchen früher das Licht der Welt erblickt hatte, war – habe ich mir sagen lassen – bis hoch zur Zimmerdecke gekachelt wie eine Wurstküche und hell erleuchtet wie ein Fußballstadion.

Man lässt es nicht bei Atemübungen bewenden

Offenbar schreitet die Entwicklung nicht nur bei Smartphones und E-Bikes voran, sondern auch bei Kreißsälen in Krankenhäusern. Ein Freund, seit einiger Zeit im Hauptberuf werdender Vater, hat neulich mit seiner Frau und anderen werdenden Eltern einen Kreißsaal besichtigt. Das Ganze fand wohl im Rahmen eines Geburtsvorbereitungskurses statt. Man lässt es inzwischen nicht bei Atemübungen für Frau und Mann bewenden. Vermutlich denkt man, die an der Geburt beteiligten Personen sind entspannter, wenn sie den Ort der Niederkunft schon einmal gesehen haben.

Besonders beeindruckte ihn eine Badewanne

Nach der Besichtigung sagte der Freund, die Einrichtung des Kreißsaals habe ihn weniger an ein Krankenzimmer oder einen Operationssaal erinnert, viel mehr an eine Wellness-Oase. Besonders beeindruckt hatte ihn eine ausladende Badewanne, bei deren Anblick ihm die Bemerkung entfuhrt, das sei aber fein, da könne er zur Geburt ja seine Badehose mitbringen. Eine launige, für meinen Geschmack lustige Bemerkung, die von der Besucherrunde mit eisigen Schweigen quittiert wurde. Das Schweigen war so eisig – wäre die Wanne mit Wasser gefüllt gewesen, es wäre sekündlich gefroren.

In dem Moment wurde dem jungen Mann klar, dass Geburtsvorbereitung eine ernste Angelegenheit ist, mindestens so ernst wie der Geburtsvorgang selbst. Im Grunde eine schöne Erkenntnis – wobei, wer weiß, vielleicht funktionieren Geburtsvorbereitungskurse und Geburten in ein paar Jahren ja nach ganz anderen Regeln. Dann geht es im Kreißsaal so lustig zu wie freitagabends auf Sat 1. In dem Fall könnte der Freund dann tatsächlich in seiner Badehose auftauchen.