Daniela Drotziger berichtet anlässlich der Aktion „Let’s Talk About . . . Berufe“ in der Schloss-Realschule aus ihrem Berufsalltag als Mechatronikerin. Foto: Tilman Baur

Experten aus 14 Branchen haben Mädchen der Schloss-Realschule erklärt, was sie im Berufsleben erwartet.

S-West - Berufsanwärtern Sand in die Augen zu streuen, das ist Iris Zeiperts Sache nicht. Die Leiterin der LBBW-Großkantine im Europaviertel ist am Samstagvormittag in die Schloss-Realschule für Mädchen gekommen, um Acht- und Neuntklässlerinnen zu erklären, was es heißt, Köchin zu sein. „Man braucht Fleiß, Interesse, aktive Mitarbeit, ein gewisses handwerkliches Geschick, Disziplin mit sich selbst, Freundlichkeit, Umgangsformen und Teamfähigkeit“, zählt die im weißen Arbeitskittel referierende Zeipert auf. Körperlich sei der Beruf belastend, man sitze fast nie, und das Gehalt sei nicht gerade üppig: 680 Euro gibt’s im ersten Lehrjahr, ein Geselle hat immerhin 2400 Euro brutto.

Berufstätige erzählen den Schülern von ihrem Arbeitsalltag

Zeipert ist eine von ungefähr 20 Expertinnen und Experten aus 14 Berufsgruppen, die den Schülerinnen der Mädchenschule am Samstag in vier je 20-minütigen Blöcken hautnah von ihrer Arbeit berichtet haben: Malerinnen, Krankenschwestern, Polizistinnen, Bankkauffrauen, Mechatronikerinnen, Schreinerinnen oder Frisörinnen sind nur einige davon. Schulleiterin Nadja Rathsam hat die Referenten aufgefordert, ruhig auch die Nachteile ihrer Tätigkeit zu schildern. „Es ist auch gut, wenn die Schülerinnen merken, dass ein Beruf vielleicht doch nichts für sie ist“, so Rathsam.

Doch freilich hat der Beruf der Köchin auch viele Vorzüge und Annehmlichkeiten, wie Zeipert ausführt: interessant und abwechslungsreich sei er zum Beispiel. „Kochen kann man überall auf der Welt, Köche werden überall gesucht“, sagt sie. Man sehe das Ergebnis der eigenen Arbeit, das sei toll. Die Arbeit in einer Kantine sei außerdem familienfreundlich, denn später am Tag anzufangen oder in Teilzeit zu arbeiten, sei kein Problem.

Auch ehemalige Schülerinnen berichten aus ihrem Beruf

In einem anderen Klassenraum berichten Daniela Drotziger und Sinthuya Jeyalinjam über ihren Alltag als Mechatronikerinnen. In dem technischen Berufsfeld sind Mädchen zwar in der Minderheit. Doch die beiden hat das nicht davor abgeschreckt, eine Lehre bei Daimler zu absolvieren, die durch eine Kooperation des Unternehmens mit der Schule zustande gekommen war. Die 23-jährige Drotziger und die 21-jährige Jeyalinjam sind zufrieden mit ihrer Berufswahl.

Vor ein paar Jahren sind sie noch selbst auf der Schloss-Realschule für Mädchen gegangen. Was spricht also für Mechatronik? „Man arbeitet kreativ mit den Händen, hat einen starken Praxisbezug, und das Gehalt ist auch gut“, sagt Daniela Drotziger.

Ein rosarotes Bild zeichnen auch sie nicht. Schichtarbeit sei nicht jedermanns Sache. In technischen Berufen müsse man früh aus den Federn. Und leider gebe es auch Kollegen, denen weibliche Mitarbeiterinnen ein Dorn im Auge sind. Für Evelyn, Anna-Lena, Lea und Marion, die dem Vortrag aufmerksam zugehört haben, überwiegt das Positive. Sie können sich gut vorstellen, Mechatronikerinnen zu werden – obwohl man gute Noten in Physik und Mathe brauche.

Die Mädchen erhalten Einblicke aus erster Hand

Schulleiterin Rathsam glaubt, dass vor allem der authentische, praxisnahe Bericht von mitten im Beruf stehenden Menschen hilfreich für die Schülerinnen sei. „Natürlich könnte auch das Berufsinformationszentrum diese Kurse machen. Aber es ist überzeugender, wenn es Leute machen, die den Beruf auch ausüben“, sagt sie. Diese Einblicke und die damit verbundene Orientierung seien unverzichtbar für Schülerinnen in diesem Alter. „Die Zeit nach der Realschule ist für viele mit einem großen Fragezeichen verbunden“, so Rathsam.