„Mittsommernachts-Sex-Komödie“: Szene mit Anetta Dick und Jörg Pauly Foto: Sabine Haymann

Woody Allen spürte 1982 in seinem Film „Mittsommernachts-Sex-Komödie“ verborgenen Begierden nach. Nun führt Susanne Heydenreich im Theater der Altstadt in einer Bühnenadaption von Jürgen Fischer vor, wie wundervoll, absurd und traurig das menschliche Mühen um die Liebe sein kann.

Stuttgart - „Kann es Liebe ohne Sex geben? Aber das sind zwei verschiedene Dinge. Wieso? Ganz einfach: Sex löst Spannungen, Liebe ruft sie hervor.“ Allen’scher Humor sorgt am Freitag für amüsierten Premierenapplaus. „Der Mensch besteht aus zwei Teilen – seinem Gehirn und seinem Körper. Aber der Körper hat mehr Spaß.“ Spaß haben wollen hier alle auf der Bühne, die Siegfried Albrecht mit baulichen Andeutungen in ein Ferienhaus mit stilisiertem Wald verzaubert hat.

 

Adrian und Andrew erwarten Gäste, sind in ihrer Vorfreude aber durch ein Problem abgelenkt. Tote Hose im Bett, null Sex. Cathrin Zellmer – von Katharina Müller schön bieder eingekleidet – reagiert mit Kopfschmerzen auf die eher miesen Verführungsversuche ihres Gatten. Stefan Müller-Doriat spielt ihn höchst vergnüglich als echten Woody-Allen-Typ. Seinen Kick sucht der trottelig-liebenswürdige Mann in Erfindungen und nicht in Eroberungen („. . . weil ich keinen Sex mehr hab’, kann ich jetzt fliegen“).

Aber, aber: Als Ariel (Elif Veyisoglu) als Verlobte von Leopold (Reinhold Weiser) in der Landidylle auftaucht, wird eine vor Jahren verpatzte erotische Erinnerung wach. Und bei all seinen Bemühungen, ein guter Gastgeber für die jetzt anreisenden übrigen Freunde zu sein, plagt ihn seine testosterongesteuerte Fantasie. Auch bei Maxwell (Jörg Pauly), Typ bindungsgebremster Macho, schnellt das erotische Barometer hoch – er kann Ariel so gut riechen.

Mit „Wir erkennen uns an unseren Düften, im Tierreich wären wir verheiratet“ umgarnt er Ariel. Die aber, offenbar im Zustand geistiger Selbstbeherrschtheit, wird schon morgen Leopold heiraten. Auch Leopold gibt sich als in die Jahre gekommener Professor abgeklärt, philosophisch, führt seine klassische Bildung vor: „Ich habe den Kosmos nicht erschaffen, ich erkläre ihn nur.“ Doch auch ihn plagen sehr bald Altherrenfantasien. Und wieder bedient Woody Allen ein Klischee: Ausgerechnet auf Dulcy (Anetta Dick), die jüngste der Frauen, richtet sich sein Begehren: „Ich glaube, dass Sie eine Affäre vertragen könnten.“

Die männlichen Konkurrenten belauern sich, die Frauen heben eifersüchtig die Nasen in den Waldwind. Jeder will behalten, was er hat, aber begehrt, was ihm die gesellschaftliche Moral verwehrt. Doch die Begierden sind unter der bürgerlichen Haut nur notdürftig verdeckt. Woody Allen führt sie vor. Er schrieb das Drehbuch zum Partner-wechsel-dich-Spielchen inspiriert von Ingmar Bergmans „Das Lächeln einer Sommernacht“ und William Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“.

Und so wirkt auch auf der Bühne im Theater der Altstadt im Westen der Reiz einer Sommernacht. Andrew führt seine neueste Erfindung vor, zaubert bunte Lichtflecken in den Zuschauersaal, Wein fließt in Gläser und Kehlen, heiße Blicke werden ausgetauscht, heimliche Treffen ausgemacht, der Kuckuck ruft, irgendwann auch ein Käuzchen, der Professor versucht sich in absurdem Liedvortrag, später knallt ein Schuss.

Noch vor dem ersten Akt stimmt Susanne Heydenreich das Publikum auf die bizarre Idylle ein. Im Prolog werden Vogelrufe, Oldtimergeräusche, das „Wow“ eines Herrn aus der ersten Reihe per Mikrofon eingefangen, Soundmaterial für die Inszenierung, die ein bisschen mehr Tempo vertragen hätte. Cole Porters „Lets do it“ wird in verschiedenen Variationen eingespielt – eine zauberhafte Aufforderung, sich in zu verlieben.

Nächste Aufführung am 1. April. Karten: 07 11 / 61 55 34 64 oder im Netz unter www.theater-der-altstadt.de