Wolfgang Schorlau. Foto: StN

Im ausverkauften Mozartsaal der Liederhalle stellte der in Stuttgart lebende Autor Wolfgang Schorlau seinen neuen Krimi „Der 12. Tag. Denglers siebter Fall“ vor.

Im ausverkauften Mozartsaal der Liederhalle stellte der in Stuttgart lebende Autor Wolfgang Schorlau seinen neuen Krimi „Der 12. Tag. Denglers siebter Fall“ vor.

Stuttgart - „Heute noch blättere ich die Diätvorschläge in ‚Brigitte‘ oder ‚Freundin‘ durch, und ich freue mich an den vielen Diäten mit Putenfleisch. Die moderne Frau achtet auf ihre Linie. Sie bestellt einen Salat mit Putenbruststreifen oder kocht irgendeinen asiatischen Reis mit Pute. Wunderbar. Ja, die Frauen sind die Zielgruppe für die Puten. Wir schlachten die Puten für die weiblichen Verbraucher. 40 000 Stück. Jeden Tag.“ Der in Stuttgart lebende Autor Wolfgang Schorlau lässt gleich am Anfang seines neuen Krimis „Am 12. Tag. Denglers siebter Fall“ einen Carsten Osterhannes zu Wort kommen, der feststellt, dass er kein Hühnerbaron sei, auch nicht König, sondern Kaiser.

War es in Denglers sechstem Fall die Pharmaindustrie, die er in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen rückte, ist es jetzt die Massentierhaltung der Fleischindustrie. Und dabei formuliert er Dinge, die so manchen erschauern lassen im ausverkauften Mozartsaal der Liederhalle bei der Präsentation seines neuen Buchs. Im Gespräch mit SWR-Redakteur Wolfgang Niess stellt Schorlau in dieser Veranstaltung des Literaturhauses aber auch klar: „Ich will hier nicht missionieren. Aber ich kann nur davon abraten, Fleisch aus Massentierhaltung zu kaufen. Es ist auch gesundheitlich höchst bedenklich, dieses zu konsumieren.“ Erschütternd ist das Buch auch deshalb, weil Schorlau mehr denn je zu dokumentarischen Formen greift, indem er etwa unkommentiert Filmaussagen oder Aufsätze seiner fiktiven Tierschützer zitiert.

Aber auch jene, die sich vor allem auf eine neue Geschichte mit dem in Stuttgart lebenden Privatermittler Dengler freuen, kommen nicht zu kurz. Jetzt erfahren sie mehr darüber, was diesen bewogen hat, seine Arbeit beim Bundeskriminalamt zu kündigen, und wie es zu seiner Scheidung kam. Ebenso wird das Umfeld von Denglers Sohn Jakob ausführlicher beleuchtet: Angeblich soll er mit Freunden in Barcelona Urlaub machen, de facto sind sie in einer Tiermastanlage im Oldenburger Land in Gefangenschaft und befinden sich in einer lebensbedrohlichen Situation.

Wie dies alles doch noch zu einem guten Ende führt, wird hier nicht verraten, zumal auch Schorlau selbst mit dem Lesen aus seinem neuen Buch zurückhaltend war. Er war anfangs zuerst einmal überwältigt von der äußerst freundlichen und großen Publikumsresonanz und gab dann lieber Einblicke in seine Schreibwerkstatt. Ja, sein Dengler sei im Vergleich zu den früheren Büchern empfindlicher geworden. Und erstmals sei er über weite Strecken auch nicht mehr klüger als sein Lesepublikum. Immerhin 85 Seiten benötigt es, bis Dengler feststellt, dass hier akut Gefahr im Verzug ist. Und das auch erst auf das vehemente Drängen seiner Ex-Frau Hildegard und seiner Lebensgefährtin Olga hin. Der Leser ist da schon viel früher im Bilde.

Kurzweilig war der Abend insgesamt. Ganz in sich gekehrt spielte Werner Dannemann einige Bluesweisen auf seiner Gitarre. Und mit Reinhold Joppich kam ein früherer Weggefährte von Schorlau auf die Bühne aus Zeiten, als die beiden im Zuge der 1968er-Bewegung in Frankfurt auf die Barrikaden gingen. Heute ist Joppich Vertriebsleiter des Verlags Kiepenheuer & Witsch, der Schorlau an dieses Haus gebunden hat. So konnte er durchaus mit Berechtigung sagen: „Schorlau ist der politischste Krimiautor in Deutschland“. Zum Schluss sorgte Schorlau noch für eine Überraschung: Im Duo mit Dannemann griff er zur Mundharmonika.