Vermeintliche Wohnungsschnäppchen bergen oft ein Risiko Foto: Fotolia

Hinter verlockenden und günstigen Wohnungsangeboten stecken oft Betrüger. Die Polizei ist in vielen Fällen machtlos. Doch Wohnungssuchende können sich schützen.

Stuttgart/Berlin - Francesca Gavazzi dürfte recht ordentlich profitiert haben vom boomenden Wohnungsmarkt. Die Ärztin aus Mailand besitzt zwar nur eine Zweizimmer-wohnung mit 53 Quadratmetern in der Stuttgarter Innenstadt. Doch die dürfte einiges abgeworfen haben. Wie viel es bisher war, weiß nur Francesca Gavazzi. Und fragen kann man sie nicht, denn die angebliche italienische Ärztin ist ein Phantom, eine Online-Betrügerin. Eine von vielen, die sich derzeit auf Immobilienportalen wie Immobilienscout24, Immonet oder Immowelt herumtreiben, um dort unschlagbar günstige Wohnungen in begehrten Lagen deutscher Großstädte feilzubieten. Stuttgart zählt neben München und Hamburg zu den Schwerpunkten der Betrüger.

Wer auf Gavazzis Annonce antwortet, erhält einen Tag später eine E-Mail auf Englisch zurück: Sie spreche leider kein Deutsch, entschuldigt sich die vermeintliche Wohnungsbesitzerin und fährt fort, die Wohnung sei komplett möbliert und koste warm inklusive aller Nebenkosten sowie Strom und Wasser wirklich nur jene läppische 300 Euro Miete im Monat, von denen in der Anzeige die Rede war.

Letztlich läuft es immer auf Vorkasse hinaus

Doch was zu schön ist, um wahr zu sein, ist es in den allermeisten Fällen auch nicht. „Letztlich läuft es immer auf Vorkasse hinaus, und dann müssen alle Alarmglocken schrillen“, sagt Carola Elbrecht vom Verbraucherzentrale-Bundesverband. Denn weder die Wohnung noch der vermeintliche Vermieter existieren wirklich.

Wenn man Francesca Gavazzi um einen Besichtigungstermin bittet, läuft es wie von der Verbraucherschützerin vorhergesagt: Sie sei ja mittlerweile wieder in Italien, schreibt Gavazzi, als Chirurgin schwer beschäftigt und deshalb nicht in der Lage, für einen Besichtigungstermin nach Stuttgart zu kommen. Aber sie habe den Schlüssel bei einem Vertreter der internationalen Zimmervermittlungsagentur Airbnb hinterlegt. Gegen eine Vorabkaution von zwei Monatsmieten – zu zahlen über den Geldtransferdienst Western Union – würde einem dieser Vertreter den Schlüssel und einen Mietvertragsentwurf zuschicken. Man habe dann drei Tage Zeit, die Wohnung zu besichtigen. Wenn sie einem nicht gefalle, könne man den Schlüssel einfach zurückschicken und bekomme seine Kaution wieder.

Wer zahlt, ist sein Geld garantiert los und wird nie einen Wohnungsschlüssel zu Gesicht bekommen. Denn Airbnb hat gar keinen Schlüssel, der vermeintliche Vertreter hat mit dem Unternehmen nichts zu tun. Auf Anfrage erklärt der Zimmervermittlungsdienst, man würde niemals Nutzer auffordern, Geld per Western Union zu transferieren. Western Union nimmt laut eigenen Angaben „die Tatsache, dass aus kriminellen Handlungen stammende Gelder über unser Netzwerk transferiert werden, sehr ernst“. Allerdings lebt der Dienst ganz gut von den Gebühren, die bei solchen fragwürdigen Transfers anfallen.

Portale bei Flut an betrügerischen Anzeigen machtlos

Die Wohnungsportale stehen der Flut an betrügerischen Anzeigen ziemlich machtlos gegenüber. Um die tausend sind es jede Woche. Marktführer Immobilienscout24 beschäftigt laut eigenen Angaben Dutzende Mitarbeiter, die das Portal nach Betrugsversuchen durchforsten. So werden die meisten der gefälschten Anzeigen auch erkannt, gelöscht und die zugehörigen Accounts gesperrt – allerdings erst, nachdem die Annoncen schon veröffentlicht waren. Und bis dahin haben einige Interessenten bereits den vermeintlichen Vermieter kontaktiert.

Immerhin: Bei Immonet erhalten diese Interessenten eine Warn-Mail. Noch bevor Francesca Gavazzi antwortet, schreibt der Kundenservice des Portals: „Wir haben Hinweise darauf, dass es sich bei dieser Immobilie um ein unseriöses Angebot handeln könnte und das Angebot sicherheitshalber von unserer Webseite entfernt. Wir empfehlen Ihnen, sofort den Kontakt zum Anbieter abzubrechen und generell niemals in Vorkasse zu gehen.“ Auch Immobilienscout24 weist darauf hin, dass „seriöse Anbieter vor der Besichtigung einer Immobilie grundsätzlich nicht auf die Zahlung von Geld bestehen werden“.

Der Polizei ist die Betrugsmasche bekannt – etwas dagegen ausrichten können die Ermittler aber nicht. Denn die anonymen Täter bleiben im Ausland fast immer unerreichbar. Es sind auch längst nicht nur Immobilienportale von dem Schwindel betroffen. Die Methode komme in ähnlicher Form auch auf Online-Partnerbörsen und Gebrauchtwagenportalen zum Einsatz. „Grundsätzlich sollte man Personen, die man nicht auch aus dem realen Leben kennt, kein Geld überweisen oder auf sonstige finanzielle Forderungen eingehen“, rät Gerhard Klotter, Vorsitzender der in Stuttgart ansässigen Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. „Wir empfehlen, sofort den Kontakt abzubrechen und alle möglichen Beweise für einen Betrug wie E-Mails zu sichern. Wenn der Verdacht auf eine Straftat im Raum steht, ist der Gang zur Polizei unverzichtbar.“

Das Ende der Geschichte über das vermeintliche Stuttgarter Wohnungsschnäppchen ist schnell erzählt. Wenn man Francesca Gavazzi mitteilt, man wolle kein Geld per Western Union schicken, und stattdessen um eine Bankverbindung bittet, wird sie pampig: „Ich habe Ihnen doch gesagt, wie es funktioniert“, schreibt sie. Und als drei Tage später immer noch kein Geld transferiert ist, schimpft die angebliche Ärztin: „Du bist ein Lügner. Ich vertraue dir nicht.“ Letzteres beruht auf Gegenseitigkeit.