Die teuren Eigentumswohnungen (rechts im Bild) sind fertig und bezogen. Die Sozialwohnungen im Bestandsgebäude (links im Bild) wurden hingegen noch nicht gebaut. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das Projekt Villengarten galt als Meilenstein der Stuttgarter Wohnungspolitik – es war das erste Vorhaben bei dem private Bauträger zum Bau von günstiger Einheiten verpflichtet wurden. Doch auf Basis des 2011 beschlossenen Modells sind bislang nur 21 Sozialwohnungen entstanden.

Stuttgart - „1300 neue bezahlbare Wohnungen werden in den kommenden Jahren entstehen.“ Dieses vollmundige Versprechen stammt vom ehemaligen Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD). Getätigt hat Hahn diese Aussage bei der Grundsteinlegung für den Villengarten am Relenberg im Frühjahr 2015. Aus Sicht der Stadt war das Projekt ein Meilenstein, denn es war das erste Bauvorhaben, bei dem das im März 2011 beschlossene Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) zum Einsatz kam. Das Modell zwingt Bauherren dazu, neben teuren, frei finanzierten Eigentumswohnungen auch öffentlich subventionierte Sozialwohnungen zu bauen. Knapp vier Jahre nach Grundsteinlegung aber fällt der Befund so aus: nach Informationen unserer Zeitung sind bislang lediglich 21 Sozialwohnungen auf Basis von SIM in Stuttgart bezogen worden. Und auch am Relenberg sieht die Lage nicht besser aus. Denn die Villen des Villengartens sind bezogen. Doch mit dem Bau der Sozialwohnungen wurde bis heute noch nicht einmal begonnen.

Das Areal wurde lieber weiterverkauft

Die Entwicklung des Azenberg-Areals war bereits Thema im Rathaus. Aus Unterlagen, die unserer Zeitung vorliegen, heißt es: OB Fritz Kuhn (Grüne) sei verärgert über die Situation. Und: „Die Entwicklung sei aus städtischer Sicht nicht zufriedenstellend.“ Auf Anfrage unserer Zeitung erklärt die Stadtverwaltung: „Der ehemalige Vorhabenträger, die Epple Projekt GmbH, hat im Jahr 2014 einen städtebaulichen Vertrag mit der Stadt Stuttgart abgeschlossen und sich dazu verpflichtet, im Rahmen des Stuttgarter Innenentwicklungsmodells (SIM) im Bestandsgebäude Wiederholdstraße 15 eine dreigruppige Kindertagesstätte sowie 15 Sozialmietwohnungen und sechs Wohnungen für mittlere Einkommensbezieher zu errichten.“ Und weiter: Mit dem Umbau des Bestandsgebäudes sei leider noch nicht begonnen worden, da der ursprüngliche Bauherr im Jahr 2018 die Immobilie veräußert habe, so die Verwaltung. Kurz zusammengefasst bedeutet das: Die Firma hat die teuren Luxuswohnungen erstellt, den Bau der Sozialwohnungen hingegen hat man bislang ausgelassen und das Areal lieber weiterverkauft.

Auf die Frage, welche Handhabe die Stadt hat, wenn Verträge von Bauträgern nicht erfüllt werden, heißt es: In den städtebaulichen Verträgen seien Bauverpflichtungen verankert sowie Sanktionen bei Nichterfüllung aufgenommen. „Wer sich nicht daran hält, findet im Vertrag drohende Geldstrafen.“ Doch offenbar gilt das nicht für das Projekt Villengarten. Das Vorhaben sei „eines der ersten SIM-Verfahren“ gewesen, heißt es aus dem Rathaus. Und: „Der Projektverantwortliche versicherte uns eine schnelle Realisierung. Daher fehlte eine Bauverpflichtung im städtebaulichen Vertrag.“ Will heißen, die Stadt hat kaum eine Handhabe, um den Bau der vertraglich zugesicherten Sozialwohnungen einzufordern. Man habe jedoch aus diesem Fehler gelernt, versichert die Stadt.

Stadtverwaltung hatte andere Vorstellungen

Die Firma Epple, der ursprüngliche Bauträger am Relenberg, erklärt auf Anfrage: Der Umbau des Gebäudes an der Wiederholdstraße zu einem Wohnhaus mit Kindergarten und günstigen Wohnungen sei stets der letzte Mosaikstein des Projekts gewesen. Denn man habe dort während der Bauzeit der Eigentumswohnungen unter anderem das Baubüro untergebracht. Zudem gehöre der Bau von „Mietwohnungen nicht zum Kerngeschäft von Epple“, erklärt der Bauträger weiter. Daher habe man sich entschieden, die Immobilie zu verkaufen. Daher könne der Bau der günstigen Wohnungen erst nach diesem Verkauf beginnen. Und: „Rein formalrechtlich ist hinzuzufügen, dass ein Realisierungstermin nicht verpflichtend vereinbart ist“, erklärt das Unternehmen schriftlich. Nach Einschätzung des ehemaligen Eigentümers plane der neue Eigentümer den Bau der günstigen Wohnungen im Jahr 2019.

Die Stadtverwaltung hatte da nach eigenem Bekunden gänzlich andere Vorstellungen: Der Bau der Sozialmietwohnungen hätte im unmittelbaren Anschluss an den Bau der teuren Eigentumswohnungen folgen müssen, heißt es aus dem Rathaus. Im Gemeinderat löst die Entwicklung beim Projekt Villengarten im Stuttgarter Norden Verärgerung aus. Der Fraktionschef der SPD, Martin Körner, sagt: „Luxuswohnungen bauen und verkaufen und die zugesicherten preiswerten Sozialmietwohnungen auf die lange Bank schieben: das geht gar nicht. Das Vorgehen der Firma Epple ist ein absolutes Unding und darf sich nicht wiederholen.“