In Stuttgart fehlen Flächen für Neubauten Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Gegen den Wohnungsmangel in der Stadt hat OB Fritz Kuhn (Grüne) das Bündnis für Wohnen ins Leben gerufen. Zum Jahresende könnte es das dritte Treffen geben. Den Akteuren am Wohnungsmarkt geht das zu langsam. Sie fordern Ergebnisse.

Stuttgart - Gegen den Wohnungsmangel in der Stadt hat OB Fritz Kuhn (Grüne) das Bündnis für Wohnen ins Leben gerufen. Zum Jahresende könnte es das dritte Treffen geben. Den Akteuren am Wohnungsmarkt geht das zu langsam. Sie fordern Ergebnisse.

Das Bündnis soll mithelfen, dass in Stuttgart jährlich 1800 neue Wohnungen entstehen, von denen 600 öffentlich gefördert sein sollen. Josef Vogel und Mathias Friko, die beiden Vorstände der Landes-Bau-Genossenschaft Württemberg (LBG), halten die Zahlen für nicht mehr erreichbar. Sie fordern von Kuhn grundsätzliche Änderungen, damit schneller gebaut werden kann.

"Vorschriften wie im Nordbahnhofviertel kontraproduktiv"

An erster Stelle steht dabei der Ruf nach einem Baukoordinator. „Er muss durch den OB weisungsbefugt sein und ähnlich arbeiten wie ein Projektleiter. Er muss den Ämterdurchlauf deutlich straffen“, sagt der Architekt Mathias Friko. Vorschriften wie im Nordbahnhofviertel mit seiner Erhaltungssatzung seien kontraproduktiv, wenn eine Vollwärmedämmung als Luxussanierung gelte. „Wir legen den Aufwand dabei nicht mit elf Prozent pro Jahr auf die Miete um“, grenzt Friko die LBG zu Wettbewerbern ab.

Wegen des „politischen Dogmas“ der Innen- vor Außenentwicklung, also der Schonung von Freiflächen, bleibe vor allem Nachverdichtung und Aufstockung. Günstigen Wohnraum könne die 1921 gegründete Genossenschaft mit heute 6000 Mitgliedern nur noch dort realisieren, „wo uns das Grundstück schon gehört“, sagt der Betriebswirt Vogel. Nur dann ließen sich noch Nettokaltmieten von unter zehn Euro pro Quadratmeter „für den normalen Wohnungssuchenden realisieren“.

Geförderte Wohnungen nützen Durchschnittsfamilie nicht

Geförderte Wohnungen nützen einer Durchschnittsfamilie nichts, sagen die Vorstände, weil die keinen Wohnberechtigungsschein erhalte. Die Stadt verschärfe die Lage, wenn sie wie über ihre Wohnungsbautochter SWSG im Hallschlag günstigen Wohnraum abreißen und teureren schaffen lasse. Damit werde der „Verdrängungswettbewerb am unteren Rand noch größer“. Für die 2200 Stuttgarter LBG-Wohnungen gelte eine Durchschnittsmiete von 6,34 Euro pro Quadratmeter, sagt Vogel.

Mit dem Wechsel im Amt des Baubürgermeisters zu Peter Pätzold (Grüne) im August erhofft sich die LBG systematische Befreiungen für Aufstockungen und Dachgeschossausbauten. Alte Bebauungspläne mit ihren Baustaffeln müssten zügig neu gefasst werden. Sinnvoll sei auch, so Friko, dass die Stadt bei Bauvorhaben einen Gestaltungsbeirat mit Kompetenz von außen einberufe und nicht Wettbewerbe mit ähnlich besetzten Preisgerichten ausrufe.

Kuhn müsse das Wohnungsbündnis auf die Region ausweiten. Er müsse auch klar sagen, was der Stadt „bezahlbares Wohnen“ wert sei, wie hoch sie also subventionieren wolle. Beim Tempo, befürchten die Vorstände, werde es auch künftig hapern. „In dieser Woche kam die Einladung zu Arbeitskreisen für das Bündnis“, so Friko. Eine Zusammenkunft vor September sei unmöglich. Mit ihrer Kritik am Tempo stehen die Wohnungsbauer nicht allein. Mietervereins-Chef Rolf Gaßmann hatte Kuhn bereits im März Tändelei vorgeworfen.