Fassade eines Hochhauses mit Sozialwohnungen. Foto: dpa

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut spricht sich gegen Mieterhöhung für wohlhabende Sozialmieter aus

Stuttgart - Ein breites Bündnis hat sich für die erneute Einführung der sogenannten Fehlbelegungsabgabe ausgesprochen. Dabei handelt es sich um eine Mieterhöhung für Menschen, die in einer Sozialwohnung wohnen und inzwischen deutlich über den zulässigen Einkommensgrenzen liegen. Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) lehnt die Abgabe in einer Reaktion auf die Recherchen unserer Zeitung nun überraschend ab.

„Die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe sorgt für einen enormen administrativen Aufwand, der keinen Beitrag für die Schaffung zusätzlicher Sozialwohnungen leistet“, sagt die Ministerin. Aufwand und Ertrag stünden in keinem vernünftigen Verhältnis, so Hoffmeister-Kraut weiter. Neben dem Eigentümerverband Haus und Grund hatten sich Vertreter der Liga freier Wohlfahrtsverbände und sogar der Mieterbund für eine mögliche Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe ausgesprochen.

„Wir sollten den Schwerpunkt nicht darauf setzen, gegen ursprünglich rechtmäßige Mieter von Sozialwohnungen vorzugehen, deren Einkommen mittlerweile die Einkommensgrenzen übersteigen“, erklärt die Ministerin. Es fehle vielmehr an bebaubaren Grundstücken und Investoren. Das Wirtschaftsministerium werde jedoch in Zukunft gemeinsam mit den Regierungspräsidien noch genauer hinschauen, dass ausschließlich Menschen Sozialwohnungen in den Kommunen beziehen, die auch einen Wohnberechtigungsschein haben, verspricht Hoffmeister-Kraut.

Einer Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft zufolge sind bundesweit rund 54 Prozent aller Sozialwohnungen von Menschen bewohnt, die über den gültigen Einkommensgrenzen liegen. Das Land Hessen hat die umstrittene Abgabe im Sommer 2016 wieder eingeführt. Dort müssen Mieter von Sozialwohnungen eine Mieterhöhung akzeptieren, wenn sie 20 Prozent über den jeweiligen Einkommensgrenzen liegen. In Baden-Württemberg liegt die Obergrenze für einen Vier-Personen-Haushalt bei 65 000 Euro pro Jahr.