Der Druck auf den Mietmarkt treibt die Preise nach oben. Foto: dpa

Der Wohnungsmangel in Stuttgart treibt die Preise hoch. Seit April 2012 verteuerten sich die frei finanzierten Mietwohnungen im Schnitt um 7,7 Prozent. Bei den Baujahren vor 1975 war der Anstieg noch stärker – und da geht es um rund 70 Prozent des Bestands.

Stuttgart - Je nach Alter der Wohnungen sind die Kaltmieten in Stuttgart zwischen April 2012 und April 2014 um 2,6 bis 9,2 Prozent gestiegen. Der Schnitt von 7,7 Prozent liege deutlich über der Steigerung beim Mietpreisindex im Land von 2,6 Prozent, sagte Bürgermeister Martin Schairer (CDU) am Freitag. Da stellte er den Stuttgarter Mietspiegel 2015/2016 vor. Von dem geht die Botschaft aus, dass die Mietpreiszuwächse dem allgemeinen Preisanstieg weit vorauseilen. So eine deutliche „Entkoppelung“ gab es vor allem Mitte der 1990er Jahre. Damals ging es sogar um bis zu 13,4 Prozent.

Die Stadtverwaltung, aber auch die Vertreter des Haus- und Grundbesitzervereins sowie des Mietervereins sehen in dem Phänomen eine Folge des steigenden Wohnungsbedarfs. Der werde angeheizt durch die Zuwanderung in den boomenden Ballungsraum Stuttgart. Der Druck auf den Mietmarkt, meinte Thomas Schwarz vom Statistischen Amt der Stadt, geht vor allem von jüngeren Singles aus. Viele kommen zur Ausbildung nach Stuttgart, bei anderen handelt es sich um Berufsanfänger.

Betroffen sind bei den Altbauten vor allem die Bezirke West, Süd und Mitte, weniger das Nordbahnhofviertel. Dort gibt es seltener Mieterwechsel und weniger Modernisierungen, dafür städtische Vorschriften zur Erhaltung des Bevölkerungsmixes. Dass ansonsten die Altbaumieten hochschnellten, dürfte mehrere Gründe haben: Die jungen Zuwanderer zog es besonders in die etwas älteren und preisgünstigeren Objekte. Zum anderen, meinte der städtische Wohnungsexperte Erhard Brändle, wirkten sich hier Modernisierungen auf die Mietpreise aus.

Der Mieterverein ist sehr besorgt. Wer im Altbau zuvor eine Kaltmiete von 600 Euro im Monat bezahlt habe, müsse nun gut 55 Euro mehr aufbringen, sagte die Geschäftsführerin Angelika Brautmeier. Kleinverdiener und Rentner könnten das nicht verkraften, Durchschnittsverdiener kämen in immer größere Schwierigkeiten. Dem Hausbesitzerverein warf Brautmeier vor, er habe Eigentümer in Erwartung des Mietspiegels zu überzogenen Erhöhungen ermuntert. Bund und Land müssten unverzüglich die Mietpreisbremse herbeiführen, forderte sie. Die städtische Wohnbautochter SWSG solle vom Vollzug des Mietspiegels absehen.

Klaus Lang, Chef des Hausbesitzervereins, konterte: Man habe die Mitglieder streng nach Recht und Gesetz beraten. Lang plädierte für die Verstärkung des sozialen Wohnungsbaus und regte eine Prämie für die Umwandlung von Büros in Wohnräume an. Stuttgarts Wohnungsproblem müsse auch mit Hilfe der Region gelöst werden. Die Stadt solle die Grundsteuer senken und die Müllgebühren kräftiger reduzieren als geplant, anstatt Millionengelder zu bunkern.

Der Mietspiegel ist anwendbar auf rund 170 000 frei finanzierte Bestandswohnungen und Richtschnur bei rund 13 000 öffentlich geförderten Wohnungen. Für Luxuswohnungen und Erstvermietungen gilt er nicht. Erfasst werden für ihn Objekte des freien Wohnungsmarkts, die in den vier Jahren vor der Erhebung neu vermietet wurden oder deren Mieten angepasst wurden. Diesmal flossen nach einer Marktbefragung 1720 Fälle in die Berechnungen ein.

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