Immer begehrter und immer teuerer: Reihenhäuser in Stuttgart. Hier im Wohngebiet Lauchäcker in Vaihingen. Quelle: Unbekannt

Auf dem Stuttgarter Immobilienmarkt herrscht die höchste Nachfrage seit 20 Jahren.

Stuttgart - Steine statt Bank: Wegen der Wirtschaftskrise haben viele in vermeintlich sichere Immobilien investiert. Mit dem Aufschwung ist diese Tendenz nicht zu Ende, sie verstärkt sich sogar. Das Angebot an Häusern und Wohnungen wird in Stuttgart immer kleiner und teurer.

 Auch Experten sind zuweilen überrascht. "Man wundert sich, dass die Umschichtungswelle ungebremst weiterläuft", sagt Stephan Kippes, der Leiter des Marktforschungsinstituts des Immobilienverbands Deutschland (IVD). Die Vereinigung hat jetzt ihren Marktbericht für Stuttgart vorgestellt. Er zeigt: Die Tendenz vieler Anleger, ihr Geld wegen der Wirtschaftskrise lieber in Immobilien zu stecken statt es auf die Bank zu tragen, hält unvermindert an, obwohl der Aufschwung längst da ist. Der Trend nimmt sogar noch zu. "Die Nachfrage ist derzeit so hoch wie seit 20 Jahren nicht", sagt Kippes.

Dafür gibt es Gründe. Der Vertrauensverlust in die Weltwirtschaft ist nach wie vor groß und wird durch die Krisen in Griechenland und Irland wieder verstärkt. Kapitalanleger bevorzugen deshalb weiterhin Häuser und Wohnungen. Weil es in Deutschland aber wieder aufwärts geht und zudem die Darlehenszinsen sehr niedrig sind, entscheiden sich jetzt auch immer mehr Eigennutzer für den Kauf eines Eigenheims. "Wir haben beide Entwicklungen parallel", sagt Erich Hildenbrandt vom IVD.

Verschärft wird die Situation dadurch, dass nicht nur die Nachfrage hoch ist, sondern zudem das Angebot knapp. Es kämen viel zu wenig Objekte auf den Markt, so die Experten: Die Bautätigkeit ist seit Jahren auf einem niedrigen Stand, und wer Eigentum hat, neigt derzeit eher nicht dazu, es zu verkaufen, weil es eben für Bargeld kaum Zinsen auf der Bank gibt.

Für Leute, die Geld haben, lohnt es sich zu investieren

Die Folgen für den Stuttgarter Markt sind zweigeteilt. Für Leute, die Geld haben, lohnt es sich, in Immobilien zu investieren und sie zu vermieten. "Die Mietrendite ist doppelt so hoch wie das, was man maximal auf der Bank bekommt", sagt Hildenbrandt. Zwar steigen auch die Preise, das aber lasse sich beim Kauf durch die niedrigen Darlehenszinsen wieder wettmachen. Wer bereits Immobilieneigentümer ist, kann sich auf Wertbeständigkeit und sichere Einkünfte verlassen.

Die Kehrseite der Medaille: Das Angebot wird immer geringer. Wer etwas sucht, tut sich schwer - und wer Miete bezahlen muss, darf nicht auf günstigere Zeiten hoffen. Die Preise steigen seit Jahren sowohl bei Einfamilien-, Reihen- oder Mehrfamilienhäusern. Hat etwa ein Reihenmittelhaus vor drei Jahren im Schnitt noch 300.000 Euro gekostet, sind es heute 40.000 Euro mehr. Damit gehen auch die Mieten nach oben.

Ein Ende der Entwicklung ist laut Hildenbrandt nicht in Sicht: "Die Preise werden eher weitersteigen." Ladenhüter gebe es praktisch nicht mehr. Höchstens Ein-Zimmer-Wohnungen mit schlechter Ausstattung seien derzeit nicht besonders gefragt. Wo Lage und Ausstattung stimmen, können die Preise dagegen geradezu explodieren: Für erstklassige Doppelhaushälften werden inzwischen schon einmal stolze 1,1 Millionen Euro hingeblättert. Große Nachfrage herrscht auch bei barrierefreien und altersgerechten Wohnungen. Weil es solche im Altbestand kaum gibt, muss das Interesse allein über Neubauten befriedigt werden.

Alternativen für Immobiliensuchende mit kleinerem Geldbeutel gibt es kaum. "Bei mittlerer Qualität sind die Preise nicht so hoch, dafür müsste man aber Abstriche machen - und das wollen viele gar nicht", weiß Dirk Karge vom IVD. Deutlich günstiger wird es erst weit außerhalb Stuttgarts, dort, wo es weder Stadt- noch S-Bahn gibt. Wer jetzt zum Kauf ein Darlehen aufnimmt, dem empfehlen die Experten eine möglichst lange Laufzeit. Damit es wenigstens dabei später keine Überraschungen gibt.