Hans Fischer ist froh, dass er sein ausgebautes Dachzimmer mit Nasszelle endlich vermietet hat. Das war gar nicht so leicht Foto: Caroline Holowiecki

Eine eigene Garage, nicht unter dem Dach und vor allem viel billiger: Ein Mann aus Stuttgart-Plieningen erlebt kuriose Erwartungshaltungen bei jungen Leuten, wenn er ihnen das Zimmer zeigt, das er in Uni-Nähe vermietet. Das verwundert, denn die Not ist groß.

Filder - Mit dem 1. Oktober ist wieder Leben in die Bude gezogen. Ein Landwirtschaftsstudent wohnt jetzt im ausgebauten Dachgeschoss. Hans Fischer gefällt das. Der ehemalige Landesbeamte hat einst auch Landwirtschaft in Hohenheim studiert. „Ich hoffe, dass er länger bleibt“, sagt der 82-Jährige. Denn sonst geht das Hickhack wieder los. Das Zimmer mit Nasszelle, Minibalkon und tollem Südblick über Plieningen hinweg bis zum Flughafen und zur Messe vermietet Hans Fischer seit Jahr und Tag an Studenten. Zum einen, weil es einen Steinwurf vom Hohenheimer Campus entfernt liegt. Zum anderen, „weil ich große Artikel gelesen habe, dass Studentenbleiben fehlen“. Zuletzt hat sich der Senior aber schwergetan, einen Interessenten für sein Zimmer zu finden.

Angeboten habe er es über die Wohnungsausschreibungen bei der Uni selbst – mit mäßigem Erfolg, wie er sagt. Die letzte Mieterin sei im April ausgezogen. 15 junge Leute hätten die Unterkunft danach besichtigt. Und seien wieder abgezogen. „Es war eine komische Situation. So war es noch nie“, sagt Hans Fischer.

Bundesweit auf Platz drei auf dem Anspannungsindex

Seine Schilderungen verwundern, steht doch Stuttgart im sogenannten Anspannungsindex für den studentischen Wohnmarkt, den das Moses-Mendelssohn-Institut regelmäßig ermittelt, auf Platz drei bundesweit. Bereits Anfang August sprach das Studierendenwerk Stuttgart von knapp 3200 Bewerbern, die auf der Warteliste für Zimmer stehen.

Ähnlich schwierig ist die Situation beim Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim. Dort werden für dieses Wintersemester online längst keine neuen Bewerbungen für die Wohnheime in Hohenheim angenommen. Vielmehr wandte sich die Studentenvertretung Asta Ende August mit einem dramatischen Appell an die Öffentlichkeit. „Nicht wenige stehen in den ersten Vorlesungswochen noch ohne Bleibe da und sind deshalb auf eine vorübergehende Notunterkunft angewiesen“, hieß es in einer Mitteilung, allein auf die 557 freien Wohnplätze in Hohenheim hätten sich deutlich mehr als 1000 Bewerber gemeldet. Man appelliere daher an alle Vermieter aus der Region, Zimmer an Studierende zu vermieten und auf der kostenlosen Online-Wohnungsbörse der Universität zu inserieren. Auch jenen, die nur vorübergehend ein Sofa anbieten könnten, sei man mehr als dankbar. Das Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim hat überdies um die 15 Feldbetten in Gemeinschaftsräumen von Wohnheimen bereitgestellt.

Interessenten haben viel zu kritisieren

Und Hans Fischer? Der schüttelt den Kopf. Er macht andere Erfahrungen. „Die Ansprüche werden immer höher.“ Einige Studenten hätten die Stufen hinauf zum Dachgeschoss kritisiert, auch dass es statt einer Küche nur zwei mobile Kochplatten und einen kleinen Kühlschrank gibt, habe nicht gefallen, ebenso wenig die Lage im Oberstübchen mit den Schrägen. „Es wurde behauptet, dass es 100 Grad heiß wird, manche sagten, sie seien in der Sauna“, erzählt Hans Fischer. „Zum Teil wurde eine Garage gefordert“, fügt er an. Was auch nicht gut angekommen sei: Vom Mitbewohner wird erwartet, dass er ein bisschen im großen Garten hilft, dafür dürfe er ihn aber nutzen.

Nach neuesten Erhebungen des Finanzberaters MLP und des Instituts der deutschen Wirtschaft zahlen Studenten für eine 30-Quadratmeter-Bude in Stuttgart im Schnitt 542 Euro. Nur München ist demnach teurer. Hans Fischer verlangt für sein Zimmer mit Bad 350 Euro warm, wie er sagt, „da sind Heizung, Internet, Wasser und Strom drin. Ha, und der Preis wird bemängelt“.