Immer mehr Menschen finden in Großstädten wie Stuttgart keine Wohnung. Foto: dpa

In Baden-Württemberg eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist zunehmend ein Problem. Der Mieterbund geht mit der Wohnungspolitik des Landes und des Bundes ins Gericht. Ein Knackpunkt: die Mietpreisbremse.

Esslingen - Die Baden-Württemberger müssen wohl weiter mit hohen Mietkosten und schwieriger Wohnungssuche klarkommen. Der Deutsche Mieterbund warnte am Freitag vor einem wachsenden Wohnungsmangel. „Der Wohnungsbau kommt nicht richtig in Gang“, sagte Landeschef Rolf Gaßmann in Esslingen. Laut einer Studie der Prognos AG im Auftrag des Landes vom Herbst entstanden von 2011 bis 2015 im Südwesten rund 88 000 Wohnungen weniger als gebraucht worden wären.

Nach Gaßmanns Einschätzung ist die Lücke mittlerweile auf rund 150 000 Wohnungen im Land gestiegen. Er forderte von der Politik weitere Maßnahmen. So müsse bei der Mietpreisbremse nachgearbeitet werden. Der Entwurf von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sei ein erster zaghafter Schritt in die richtige Richtung.

Mietpreisbremse gilt nicht überall

Dass die Mietpreisbremse nicht flächendeckend gelte, sei ein schwerer Geburtsfehler, sagte Gaßmann. Der Bund habe die Länder nur ermächtigt, Gebiete auszuweisen, in denen die Bremse gelten solle. Das seien in Baden-Württemberg 66 Städte. Nicht dabei seien zum Beispiel Böblingen, Leonberg, Esslingen, Ludwigsburg und Ostfildern, obwohl sie im Einzugsgebiet der besonders vom Wohnungsmangel betroffenen Stadt Stuttgart lägen.

Noch schlimmer sei es bei der sogenannten Kappungsgrenzenverordnung. Sie greife in Baden-Württemberg nur in 44 Städten, sagte Gaßmann. Die Verordnung besagt, dass Bestandsmieten innerhalb von drei Jahren maximal um 15 Prozent erhöht werden dürfen. Der Mieterbund fordert, dass Mietpreisbremse und Kappungsgrenze automatisch flächendeckend gelten müssen.

Apell an Städte und Gemeinden

Die grün-schwarze Landesregierung weitete die Wohnraumförderung aus, was auch vom Mieterbund begrüßt wird. Von 2017 bis 2019 liegt das Bewilligungsvolumen jährlich bei rund 250 Millionen Euro. Doch es gibt ein Problem: Die Wohnungsbauunternehmen hätten ihre Kapazitäten in den vergangenen Jahren abgeschmolzen, da die Fördersummen für die soziale Wohnraumförderung deutlich geringer gewesen seien, sagte Gaßmann. Die Kapazitäten nun wieder hochzufahren, gehe nicht so schnell. Im vergangenen Jahr hätten nach seinen Angaben mit dem Geld theoretisch 3400 Sozialmietwohnungen gefördert werden können. Tatsächlich sei nur Geld für 1700 Wohnungen abgerufen worden.

Unterdessen appellierte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) an die Städte und Gemeinden, alle Möglichkeiten zu nutzen, um neuen Wohnraum zu schaffen - in den Innenstädten wie auch außerhalb. So müssten die Kommunen mehr baureife Flächen ausweisen. Das sogenannte Zweckentfremdungsverbot hat sich ihrer Meinung nach bewährt. Es soll verhindern, dass Wohnungen für längere Zeit unbewohnt bleiben oder gewerblich genutzt werden. Unter anderem wird es in Stuttgart angewandt.