Die Gruppe um Ministerin Hoffmeister-Kraut (l.) war unterwegs in Giebel. Foto:  

Bauministerin Nicole Hoffmeister-Kraut hat mit einer Delegation genossenschaftliche Bauten in Giebel besucht.

Stuttgart-Weilimdorf - Drei Menschen mit besonderen Bedarfen leben hier, darunter ein Rollstuhlfahrer, die tagsüber in den Werkstätten arbeiten. Wir sind total integriert im Viertel, haben schon Ehrenamtliche.“ Gisbert Stöppler, der bei der Diakonie Stetten die Wohnprojekte koordiniert, und sein Kollege Volker Kärcher beschreiben ihre Integrative Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderungen. Gemeinsam sind Wohnraum, Küche und Bad, breite Gänge führen in die Schlafzimmer, am Eingang prangt ein Wochenplan mit Bildern der Betreuer. „Diese WG war uns wichtig, das belebt den Stadtteil“, betont auch Rüdiger Maier, Vorstandsvorsitzender der Baugenossenschaft Neues Heim. Der führt die baden-württembergische Wirtschafts- und Bauministerin Nicole Hoffmeister-Kraut mit einer Delegation der Wohnraum-Allianz durch die Punkt- und Langhäuser an der Mittenfeldstraße in Giebel.

Der Truppe gefällt die lichte Wohnung des älteren Ehepaars, das Nicole Hoffmeister-Kraut anstrahlt, als sie feststellt: „Sie leben gerne hier!“ Und auch das Pflegeapartment neben der Hausarztpraxis, das von der Else-Heydlauf-Stiftung betrieben wird, beeindruckt: „Für jene, die nach einem Krankenhausaufenthalt nicht sofort in die Häuslichkeit zurück können“, erklärt Einrichtungsleiter Werner Feil. „Das erste seiner Art!“ Optimal, wenn noch die Familie in der Nähe wohne, meint einer.

Derlei wurde bei der Baugenossenschaft Neues Heim konzipiert. Seit dem Jahr 2010 erneuert sie in der Mittenfeldstraße ihren Bestand an 50er-Jahre-Altbauten durch schrittweisen Abriss und Neubau, auch im Zuge des Städtebauförderungsprogramms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt“, an dem Giebel zwischen 2006 bis 2019 beteiligt war und profitierte.

Das „Baufeld West“ schloss Neues Heim – für 24,1 Millionen Euro – im Jahr 2017 ab. Im April 2018 legte die Genossenschaft den Grundstein für das „Baufeld Ost“, wo ebenfalls Pflege-WGs geplant sind. „Dort entstehen sukzessive fünf Punkthäuser und drei Langhäuser mit insgesamt 178 Wohnungen, wir investieren rund 35 Millionen Euro“, so Maier. Insgesamt soll es bis zum Jahr 2023 dann 335 familienfreundliche, barrierefreie und bezahlbare Mietwohnungen geben. Energetisch versorgt werden sie – statt wie einst von stromschluckenden Nachtspeicheröfen – von bivalenter Heizungstechnik aus Pellet und Gas, Solarkollektoren erwärmen das Wasser.

Maier ist stolz, dass 52 Prozent der Bestandsmieter sich im Baufeld West „umsetzen“ ließen, also ins Neue zogen. Im Baufeld Ost liege die Quote bei über 70 Prozent. Indes, mit dem Umzug steigt die Miete. Umsetzer zahlten statt etwas unter 7 Euro pro Quadratmeter nun 9,25 Euro, Neumieter 10,75 Euro. „Damit liegen wir immer noch zwei, drei Euro unter dem hier üblichen Mietspiegel.“ – „Üblich wären hier wohl 14,50 oder 15 Euro“, so ein Teilnehmer.

Maier nannte weitere Vorteile des genossenschaftlichen Wohnens, dessen Ziel unter anderem bezahlbarer Wohnraum sei: Mieter seien Mitglieder, hätten eine Stimme in der Versammlung und lebenslanges Wohnrecht. „Wir wollten hier zeigen: Wir können mehr als Bauen und Vermieten, wir können auch Quartiersplanung und Lebensräume.“ Wichtig sei, dass verschiedene Schichten, Alt und Jung, zusammenkämen. „Dieser Mix ist auch uns ein Anliegen“, sagte Ministerin Hoffmeister-Kraut. Genossenschaften seien ein Erfolgsmodell, das zum guten sozialen Klima der Gesellschaft, zu Wohnstandards und intakten Städten und Gemeinden beitrage.

Die Genossenschaftsvertreter lobten die Förderpolitik des Wirtschaftsministeriums. Sie sei gut wie nie. Indes galoppierten die Baukosten, sie bräuchten „Grundstücke, Handwerker, schnellere Verfahren, flexiblere Baubehörden.“ Zudem müsste die Grenze der Sonderabschreibung bei gefördertem Wohnraum von 3000 auf 3500 Euro pro Quadratmeter erhöht werden. Maier: „Baugenossenschaften können nicht – wie andere – schnell mal Wohnungen veräußern.“