Rechts im Bild das Theaterhaus, links die ehemaligen Grundstücke der Firma Sabet. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Um das Bauland für die 270 Wohnungen des Theaterviertels am Pragsattel wird seit Jahren gerungen. Ein ehemaliger Grundstückseigner fühlt sich betrogen, der Investor beharrt aber auf seiner Position.

Stuttgart - Die Stadt plant einen speziellen Vertrag zu schließen. Bei dem geplanten Verkauf geht es um die städtischen Flächen, die Teil des Wohnbaugebiets Theaterviertel mit rund 270 Wohnungen werden sollen. „Der Kaufvertrag ist umfangreicher als üblich“, bestätigt der Erste Bürgermeister Michael Föll (CDU). Die Stadt hat darauf bestanden, Klauseln einzufügen, die einen Rücktritt vom Verkauf der Grundstücke am Pragsattel ermöglichen. Als Grund nennt Föll die „Vorgeschichte“ des Bauprojekts. Damit bezieht er sich auf einen erbittert geführten Streit.

Zwischen Maybach- und Rheinstahlstraße sollen Wohnungen entstehen. 2014 hatte der Leiter des Stadtplanungsamts, Detlef Kron, den Baustart für Anfang 2015 angekündigt. Doch bis heute wurde kein Bauantrag eingereicht. Das bedeutet aber nicht, dass hinter verschlossenen Türen nicht eine Menge geschehen ist. Das Areal teilt sich auf – ein kleiner, für das Projekt aber unverzichtbarer Teil gehört der Stadt. Der größere Teil war lange Eigentum des ehemals weltgrößten Orientteppich-Händlers, der Firma Sabet. Um diese Grundstücke wird hart gerungen.

Der Konfliktlässt sich so zusammenfassen: Der Teppichhändler Sabet behauptet, die Grundstücke seien unter Wert verkauft worden. Die Flächen wurden am 16. August 2013 für 6,7 Millionen Euro im Rahmen eines Insolvenzverfahrens verkauft. Sabet führt Gutachten an, die belegen sollen, dass die Flächen einen wesentlich höheren Wert haben. Hafez Sabet, der Sohn des Firmengründers, behauptet: „Die Deutsche Bank hat die Firmen der Familie in die Insolvenz getrieben, um sich die Vermögenswerte des Mittelständlers unter den Nagel zu reißen.“ Sein Vorwurf: Die Bank sei an der Firmenstruktur der Käufer beteiligt und wolle so vom späteren Projektgewinn profitieren.

Der Insolvenzverwalter verteidigt sein Handeln

Die Deutsche Bank teilt auf Anfrage mit, man werde sich nicht zu Kundenbeziehungen äußern. Thomas Schulz, der Sprecher des ebenfalls von Sabetangegriffenen InsolvenzverwaltersSteffen Beck, erklärt: „Es ist die gesetzliche Pflicht des Insolvenzverwalters, das bestmögliche Ergebnis für die Gläubiger zu erzielen.“ Die Grundstücke hätten mehrfach im Rahmen einer Zwangsversteigerung veräußert werden sollen. „Der Abschluss vom 16. August 2013 war somit das beste erzielbare Angebot“, so der Sprecher. Und: „Herr Beck ist all seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen.“

Im Zuge des Insolvenzverfahrens hat es zahlreiche Gerichtsverfahren gegeben. Im Rahmen derer seien viele von Sabets Behauptungen widerlegt worden, so Schulz. Zum Beispiel seien die Gutachten zum höheren Wert der Grundstücke, die Sabet anführt, „auf einer nicht nachvollziehbaren Grundlage“ erstellt worden.

Doch inzwischen stützt sich Sabet nicht mehr allein auf Gutachten. Im August 2013 waren die Käufer die Projektgesellschaften Maybach. Diese haben die Flächen inzwischen weiterverkauft – an den Investor Formart. Nach Informationen unserer Zeitung wird in dem Vertrag vom März 2015 der Verkaufspreis mit 17,1 Millionen Euro angegeben; also eine Verdreifachung des Preises.

Der verkauf der städtischen Flächen steht unmittelbar bevor

Sabet schätzt den Preis noch höher: Der Vertrag zum Weiterverkauf an Formartsei komplex, sagt er und fügt an: „Neben dem im Vertrag definierten Preis gibt es eine Vielzahl weiterer Gegenleistungen, die zu einem Gesamtpreis in Richtung von 22 Millionen Euro führen.“ Doch schon der geringere Wert reiche aus, um „die Treuwidrigkeit, Insolvenzzweckwidrigkeit, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung des ersten Kaufvertrags vom 16. August 2013 eindrucksvoll zu bestätigen“, erklärt Sabet.

Doch um auf dem umkämpften Gelände tatsächlich Wohnungen bauen zu können, muss Formart die Flächen der Stadt hinzukaufen. Die Unterschrift unter diesem Kaufvertrag steht kurz bevor. Denn offenbar hat der Gemeinderat Ende Juli in nichtöffentlicher Sitzung signalisiert, grünes Licht für die Pläne von Formart geben zu wollen.

Das dürfte ganz im Sinne des Investors sein. „Der Bauantrag liegt fertig ausgearbeitet bei uns“, erklärt Harald Meerße, einer der Geschäftsführer des bundesweit tätigen Bauträgerunternehmens. Und: „Es laufen die finalen Gespräche über den Kauf der städtischen Flächen.“ Diesen Kauf will Formart nach eigenem Bekunden tätigen, noch bevor der Bauantrag eingereicht wird.

Dazu erklärt Michael Föll: „Natürlich haben wir großes Interesse daran, dass zügig gebaut wird.“ Andererseits kenne man die schwierige Geschichte des Areals. „Wir haben uns gegen etwaige rechtliche Risiken umfangreich abgesichert“, versichert er. Der Vertrag sei daher umfangreicher als üblich.

Der Bauträger wähnt sich auf der sicheren Seite

Formart-Geschäftsführer Meerße erklärt dazu: „Wir haben den Ankauf geprüft und haben keine Zweifel daran, dass der Kauf der Grundstücke rechtsbeständig ist. Den Streit um die Flächen zwischen den Voreigentümern kommentieren wir nicht.“ Man kenne den Konflikt allein aus der Presse, behauptet Meerße weiter.

Hafez Sabet entgegnet: „Der Kaufvertrag von Formart ist insolvenzzweckwidrig und damit nichtig. Diese Nichtigkeit ist unheilbar. Da Formart die Hintergründe der Insolvenzzweckwidrigkeit durch den Insolvenzverwalter Steffen Beck beim Kauf der Sabet-Grundstücke kannte, kann Formart auch nicht gutgläubig Eigentum erwerben.“