An Wohnungen fehlt es in Stuttgart hinten und vorne. Wunder könne aber auch der Wohnungsbaukoordinator nicht vollbringen, meint der Mann, der diesen Job macht. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der 54-jährige Architekt kümmert sich im Umfeld von OB Fritz Kuhn um das Beschleunigen von Bauvorhaben. Mittlerweile tut er das seit zwei Jahren. Besonders den Freien Wählern blieb er zu blass und machtlos. Hohbach sieht die Sache anders.

Stuttgart - Stefan Hohbach ist keiner, der sich nach vorne drängt. Prompt ist der Wohnungsbaukoordinator der Stadt Stuttgart vom Fraktionschef der Freien Wähler jüngst am Verwaltungstisch vermisst worden – als der wiederbelebte Unterausschuss für Wohnen über wichtige Aspekte des drastischen Wohnungsmangels debattierte. „Eigentlich hätte ich Herrn Hohbach hier vorne neben OB Kuhn erwartet“, sagte Jürgen Zeeb, Chef der Freien Wähler, Architekt und überdies vermutlich der Erste, der die Installation eines Wohnungsbaukoordinators gefordert hatte. Hohbach saß nun zwar in der ersten Reihe, aber nur auf der Zuhörertribüne.

Am Montag tagt der Unterausschuss wieder. Dann soll Hohbach (54), so ist es in der Verwaltungsspitze inzwischen besprochen, ganz vorn bei der Verwaltungsspitze sitzen. Das wird die Diskussion darüber, ob die mit dem Koordinator verbundenen Erwartungen sich erfüllt haben, vermutlich aber auch nicht aus der Welt schaffen. Dabei ist Hohbach, ein gelernter Architekt, nicht neu in diesem Job. Am 1. November hat sich sein Dienstbeginn zum zweiten Mal gejährt. Davor war er bei der Stadt Esslingen tätig gewesen, noch früher im Stuttgarter Stadtplanungsamt.

Architekten nehmen Hohbach kaum wahr

Jürgen Zeeb hat nichts gegen Hohbach, den Fritz Kuhn „aus dem Hut gezaubert“ habe. Er hätte sich aber, sagt Zeeb, jemanden mit mehr Charisma gewünscht. Jemanden, der auf den Tisch hauen kann. Was der Koordinator tun dürfe, sei aber unklar, obwohl er direkt bei Kuhn angesiedelt ist. Die Dotierung nach der Tarifgruppe A14 sei der Bedeutung nicht angemessen.

Thomas Herrmann, Sprecher der fünf Architektenkammer-Gruppen in Stuttgart, will Hohbach nicht Unrecht tun. In ihrer Runde, sagt er auf Nachfrage aber, werde der Wohnungsbaukoordinator kaum wahrgenommen. Die Stadt selbst veröffentliche im Internet praktisch nur Hohbachs Adresse. „Vielleicht ist er ja mehr als Ansprechpartner für Investoren gedacht“, sagt Herrmann. Dessen Kollege Wolfgang Müller, Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, hatte zuvor in einem Papier über Strategien der Wohnungsbaupolitik aber „entscheidungsbefugte Wohnungsbaukoordinatoren“ eingefordert.

Auf dem Koordinator lasten viele Erwartungen

Hohbach rückt auf Nachfrage manche Erwartungen zurecht. Auf seine Person werde das ganze große Thema Wohnen in Stuttgart mitsamt Wohnungsmangel und großem Baubedarf projiziert, sagt er. Aber ein Patentrezept habe niemand. Ein Wohnungsbaukoordinator könne auch keine Wunder bewirken. Nicht einmal dann, wenn er nicht Einzelkämpfer wäre, sondern wie in Hamburg Chef einer Abteilung. Der große Zampano, der das Baurechtsamt anweist, weitere Flächen als Baugrundstücke freizugeben oder Gebäudeaufstockungen zu erlauben, kann und will er nicht sein. Baugenehmigungen müssten rechtlich wasserdicht sein. „Ich stelle die Fachkompetenz der Ämter nicht in Frage“, sagt Hohbach. Die Prozesse fürs Bauen könne man nur beschleunigen, „wenn alle an einem Strang ziehen“. Gefordert sei eine Kärrnerarbeit an konkreten Projekten. Das Baurechtsamt, oft gescholten, lote bereitwillig und oft die Spielräume fürs Bauen aus. Wenn er noch weitere Möglichkeiten erkenne, greife er ein.

In erster Linie versteht Hohbach sich – damit dem vorgegebenen Anforderungsprofil entsprechend – als Ansprechpartner für Bau- und Immobilienunternehmen und Baugemeinschaften und Beschleuniger von Projekten. Planern könne er den Weg zum Baurechtsamt nicht erlassen, für sie oder für bauwillige Bürger bei Bedarf aber Termine einfädeln. In der Arbeitsgruppe Wohnen, in der Vertreter einschlägiger Ämter sich jeden Monat zu aktuellen Wohnbauprojekten abstimmen, übernimmt Hohbach die Koordination. Das ist der eigentliche Platz, um das Zusammenspiel der Ämter in Baufragen geschmeidiger zu machen oder etwa dafür zu sorgen, dass Stromleitungen und Carsharing-Parkplätze für neue Mobilitätskonzepte rechtzeitig eingeplant werden. Darüber hinaus wohnt Hohbach dem Lenkungskreis Wohnen bei, in dem der OB und die einschlägigen Bürgermeister über übergeordnete Strategien und möglicherweise konträr beurteilte Projekte reden. Wenn Architekten ihn nicht kennen, weil er nicht gebraucht werde, sei das nicht schlimm, meint er selbst.

Manche wollen eher einen Hans-Dampf-in-allen-Gassen

Hohbach ist keiner, der den Architekten oder den politischen Interessengruppen von vornherein mehr recht gibt als den Ämtern. Wenn die Architekten sich immer an die Checkliste hielten und vollständige Unterlagen einreichten, wäre manches leichter, sagt er. Und wenn man manche Grundstücke fünfmal als mögliche Bauflächen thematisiere, werde es auch nicht unbedingt besser. Er arbeite im Hintergrund, halte sich aber Erfolge zugute, sagt Hohbach, auch wenn das auf der politischen Ebene so nicht ankomme. Pro Jahr die Fertigstellung von 1800 bis 2000 neuen Wohnungen zu erreichen, wenn möglich noch ein bisschen mehr, ist wie für ihn wie für den OB die Messlatte.

Jürgen Zeeb indes wollte mehr einen Manager, einen Hans-Dampf-in-allen-Gassen. Und auch die Fraktionschefs von CDU und SPD möchten das fast Unmögliche wahr machen, jedenfalls mit mehr Wohnungsbau punkten. Deshalb dürfte die Debatte um den Koordinator auch in Hohbachs drittem Dienstjahr anhalten.